Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
Spiel, weil alle wissen wollten: Flippt Rudi wieder aus? Was hat Waldi diesmal gebechert? Antwort: Nichts, wie immer, wenn ich arbeiten muss.
Um dem Schicksal als Memmingens Weißbierbotschafter zu entkommen, nahm ich mein Glück selber in die Hand. Ich habe Holger Lösch angerufen, einen alten BR -Spezi, den da maligen Kommunikationschef der Schörghuber-Gruppe, zu der Paulaner gehört. Holger zu mir: »Ich knie vor dir, Waldi. Herrliches Interview.« Ich zu Holger: »Du sollst nicht knien, du sollst mir nur eine Frage beantworten: Habt ihr kein Geld mehr bei Paulaner, oder schlaft’s ihr?« Wie gesagt: Ich wollte Champions League, also Paulaner. Ersatzweise hätte ich höchs tens noch Erdinger getrunken. Werner Brombach, den Mr. Erdinger Weißbier, kenne ich auch gut – aber der war gerade auf Hawaii. Und dort gibt’s nicht nur kein Bier, sondern auch kein deutsches Fernsehen. Außerdem: Erdinger hat mir eh noch nie besonders geschmeckt.
Am Mittwoch kam dann endlich der Anruf von Paulaner-Vorstand Wolfgang Salewski: »Wir machen was zusammen.« Und am Freitagvormittag, innerhalb von zwanzig Minuten, hatte ich meinen Paulaner-Deal, der bis heute gilt. Ich war also doch kein Schwammerl. Für mich ist dieser Vertrag wie eine Privatrente, die mich finanziell sorgenfreier ins Alter gehen und erheblich ruhiger schlafen lässt. Noch mal: Danke, Herr Völler, für die Rudi-Rente!
Die lustigste Reaktion auf meinen Paulaner-Vertrag kam vom Weltmeisterlibero, von Klaus Augenthaler. Der Auge, da mals Trainer in Leverkusen, hat mich angerufen und wunderbar einen auf empört gemacht: »Waldi, du hast doch in deinem Leben noch keine zehn Weißbier getrunken. Das ist das Allerletzte, du hast keine Ahnung und kriegst so einen Werbevertrag. Ich müsste den kriegen. Wenn du einen Wodkaw erbevertrag kriegen würdest, das wäre glaubwürdig. Und ich hock hier in der BayArena und muss irgendeine Weiß bierbrause saufen!« Auge, das muss man wissen, ist der über zeugteste Paulaner-Trinker westlich des Urals. Von anderen Weißbieren kriegt er Ausschlag. Deshalb möchte er auch nur noch ungern weg von daheim aus Vaterstetten in irgendwelche obskuren und schlecht mit Weißbier versorgten Gegenden dieser Welt. Jedenfalls führte der Anruf dazu, dass ich mit Paulaner vereinbart habe, dass Auge regelmäßig ein Paulaner-Weißbier-Abo in sein rheinländisches Exil geschickt bekam. Und so hat Rudi auf Umwegen einen weiteren Menschen glücklich gemacht.
Weniger witzig waren einige Reaktionen innerhalb der ARD – allen voran von Hagen Boßdorf. Der Herr Sportkoordinator teilte mir sinngemäß mit: »Du hattest die Krone des Journalismus auf, und du hast sie zu Markte getragen.« Bis serl pathetisch, fand ich. Meine Antwort fiel dann auch etwas nüchterner aus: »Hagen, der Vertrag ist in einer Größenordnung, über die du wahrscheinlich nie nachdenken musst. Da ist mir die Krone so was von egal …«
So etwas ausgerechnet vom Jan-Ullrich-Buchautor und Nebenerwerbs-Telekom-Plauderer Hagen Boßdorf! Das war auch der Beginn meines Zerwürfnisses mit ihm. Wenn einer katholischer als der Papst sein will, kann er so einen Werbevertrag kritisieren – aber bitte nur, wenn er es auch selber so vorlebt. Und wenn niemand mit dir Reklame machen will, tust du dich leicht zu sagen: Ich würde nie Reklame machen.
Das Ende der Völler-Geschichte: Das Ganze hat zu einem wirklich freundschaftlichen Verhältnis zwischen mir und Rudi geführt. Wir haben etwas gemeinsam erlebt, das uns verbindet. Fast so, als ob wir zusammen einen Lawinenabgang überlebt hätten. Zu seinem fünfzigsten Geburtstag war ich als Überraschungsgast eingeladen, als einziger Journalist, und seine Frau Sabrina meinte: »Du gehörst zur Familie.« Jedes Jahr am 6 . September telefonieren Rudi und ich – und wenn wir uns an einer der Hotelbars dieser Welt treffen sollten, geht die Rechnung auf meinen Deckel.
Provision kriegt er trotzdem keine.
Vor dem Island-Spiel hatte ich übrigens zwei Länderspiele verletzungsbedingt absagen müssen – das einzige Mal. Und beinahe wäre ich gestorben. Dann hätte es den Weißbier- Waldi nie gegeben, was schade gewesen wäre, wenigstens aus meiner Sicht. Aber der Reihe nach: Bei einer Podiumsdiskussion der Praktiker-Baumärkte in Saarbrücken sollte ich mit Franz Beckenbauer über Fußball reden, was schmerzhaft endete. Denn als ich mir vor der Veranstaltung die Bühne in der Saarlandhalle anschaue, lehne ich mich lässig an eine schwarze
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