Drucke zu Lebzeiten
die
Pferde an ihren Plätzen. Kleider, Pelz und Tasche waren
schnell zusammengera; mit dem Ankleiden wollte ich
mich nicht aualten; beeilten sich die Pferde wie auf der
Herfahrt, sprang ich ja gewissermaßen aus diesem Bett
in meines. Gehorsam zog sich ein Pferd vom Fenster
zurück; ich warf den Ballen in den Wagen; der Pelz flog
zu weit, nur mit einem Ärmel hielt er sich an einem
Haken fest. Gut genug. Ich schwang mich aufs Pferd.
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Die Riemen lose schleifend, ein Pferd kaum mit dem
andern verbunden, der Wagen irrend hinterher, der Pelz
als letzter im Schnee. „Munter!“ sagte ich, aber munter
ging’s nicht; langsam wie alte Männer zogen wir durch
die Schneewüste; lange klang hinter uns der neue, aber
irrtümliche Gesang der Kinder:
„Freuet Euch, Ihr Patienten,
Der Arzt ist Euch ins Bett gelegt!“
Niemals komme ich so nach Hause; meine blühende
Praxis ist verloren; ein Nachfolger bestiehlt mich, aber
ohne Nutzen, denn er kann mich nicht ersetzen; in mei-
nem Hause wütet der ekle Pferdeknecht; Rosa ist sein
Opfer; ich will es nicht ausdenken. Nackt, dem Froste
dieses unglückseligsten Zeitalters ausgesetzt, mit irdi-
schem Wagen, unirdischen Pferden, treibe ich mich alter
Mann umher. Mein Pelz hängt hinten am Wagen, ich
kann ihn aber nicht erreichen, und keiner aus dem be-
weglichen Gesindel der Patienten rührt den Finger. Be-
trogen! Betrogen! Einmal dem Fehlläuten der Nacht-
glocke gefolgt – es ist niemals gutzumachen.
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Auf der Galerie
Wenn irgendeine hinfällige, lungensüchtige Kunstreite-
rin in der Manege auf schwankendem Pferd vor einem
unermüdlichen Publikum vom peitschenschwingenden
erbarmungslosen Chef monatelang ohne Unterbrechung
im Kreise rundum getrieben würde, auf dem Pferde
schwirrend, Küsse werfend, in der Taille sich wiegend,
und wenn dieses Spiel unter dem nichtaussetzenden
Brausen des Orchesters und der Ventilatoren in die im-
merfort weiter sich öffnende graue Zukun sich fort-
setzte, begleitet vom vergehenden und neu anschwellen-
den Beifallsklatschen der Hände, die eigentlich Dampf-
hämmer sind – vielleicht eilte dann ein junger Galeriebe-
sucher die lange Treppe durch alle Ränge hinab, stürzte
in die Manege, riefe das: Halt! durch die Fanfaren des
immer sich anpassenden Orchesters.
Da es aber nicht so ist; eine schöne Dame, weiß und
rot, hereinfliegt, zwischen den Vorhängen, welche die
stolzen Livrierten vor ihr öffnen; der Direktor, hinge-
bungsvoll ihre Augen suchend, in Tierhaltung ihr entge-
genatmet; vorsorglich sie auf den Apfelschimmel hebt,
als wäre sie seine über alles geliebte Enkelin, die sich auf
gefährliche Fahrt begibt; sich nicht entschließen kann,
das Peitschenzeichen zu geben; schließlich in Selbst-
überwindung es knallend gibt; neben dem Pferde mit
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offenem Munde einherläu; die Sprünge der Reiterin
scharfen Blickes verfolgt; ihre Kunstfertigkeit kaum be-
greifen kann; mit englischen Ausrufen zu warnen ver-
sucht; die reifenhaltenden Reitknechte wütend zu pein-
lichster Achtsamkeit ermahnt; vor dem großen Salto-
mortale das Orchester mit aufgehobenen Händen be-
schwört, es möge schweigen; schließlich die Kleine vom
zitternden Pferde hebt, auf beide Backen küßt und keine
Huldigung des Publikums für genügend erachtet; wäh-
rend sie selbst, von ihm gestützt, hoch auf den Fußspit-
zen, vom Staub umweht, mit ausgebreiteten Armen, zu-
rückgelehntem Köpfchen ihr Glück mit dem ganzen
Zirkus teilen will – da dies so ist, legt der Galeriebesu-
cher das Gesicht auf die Brüstung und, im Schlußmarsch
wie in einem schweren Traum versinkend, weint er,
ohne es zu wissen.
Ein altes Blatt
Es ist, als wäre viel vernachlässigt worden in der Vertei-
digung unseres Vaterlandes. Wir haben uns bisher nicht
darum gekümmert und sind unserer Arbeit nachgegan-
gen; die Ereignisse der letzten Zeit machen uns aber
Sorgen.
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Ich habe eine Schusterwerkstatt auf dem Platz vor
dem kaiserlichen Palast. Kaum öffne ich in der Mor-
gendämmerung meinen Laden, sehe ich schon die Ein-
gänge aller hier einlaufenden Gassen von Bewaffneten
besetzt. Es sind aber nicht unsere Soldaten, sondern
offenbar Nomaden aus dem Norden. Auf eine mir un-
begreifliche Weise sind sie bis in die Hauptstadt gedrun-
gen, die doch
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