Druidenherz
mehreren Stellen gebrochen, und es würde dauern, bis sie wieder laufen konnte, aber er zweifelte nicht daran, dass sie überleben würde. Sie befand sich in einem anderen Haus und wurde von ihren Schwestern versorgt. Es genügte, wenn Dian in einigen Tagen nach ihr sah. Rahanna jedoch wollte er noch im Auge behalten.
Eine Berührung an der Schulter ließ ihn aufsehen. »Danke«, murmelte er und nahm dem Mädchen das Tablett aus der Hand.
Unsicher blickte es ihn an, die blauen Augen geweitet. Die Flammen der Talglichte warfen tanzende Schatten auf ihr blasses Gesicht und reflektierten auf ihren blonden Haaren.
Trotz seiner Erschöpfung zwang sich Dian zu einem Lächeln. »Das ist viel zu viel Honigkuchen für mich allein. Setz dich zu mir und hilf mir, ihn aufzuessen.«
Sofort zog sie sich einen Hocker heran, nahm schräg gegenüber von Dian Platz und griff sich eines der süß duftenden Stücke. Dann glitt ihr Blick zu der schlafenden Kriegerin. »Wie geht es ihr?«
Dian hielt nichts davon, zu lügen oder die Wahrheit zu verschleiern, zumal er eine zukünftige Kriegerin vor sich hatte, auch wenn sie momentan gerade mal an der Schwelle zur Frau stand. Andererseits spürte er ihre Furcht und wählte seine Worte daher mit Bedacht. »Rahanna bekommt von dir und den anderen die beste Pflege, die man sich nur vorstellen kann. Außerdem weiß sie, dass sie geliebt wird. Das spürt sie auch jetzt, und das ist sehr wichtig. Noch wichtiger als meine Medizin.«
»Wirklich?« Ungläubig blickte sie ihn an.
»O ja. Ich kann ihren Körper heilen, aber durch dich und die anderen spürt sie, wie viel sie euch bedeutet. Das ist eine sehr starke Magie.«
»Aber ich beherrsche keine Magie.« Sie blickte auf ihre Hände. Einige dunkelgoldene Krümel klebten an ihren schlanken Fingern.
»Das ist auch nicht nötig. Für diese Art von Magie braucht es keine Zauberkräfte. Sie kommt aus dem Herzen und besitzt große Macht.«
»Ich hoffe, dass sie bei mir dann wirklich stark ist.«
»Das ist sie ganz sicher«, sagte Dian voller Zuversicht.
Zaghaft lächelte das Mädchen. »Stärker als deine?«
»In dem Fall ja. Wenn man jemanden liebt, kann man ihn das spüren lassen. Und das hilft enorm.«
»Aber du behandelst doch laufend Verletzte oder Kranke, ohne sie zu lieben.«
»Nun, ich bin darin ja auch ausgebildet und beherrsche die Kunst der heilenden Magie. Dennoch ist die ganz anders als deine. Du wirst schon bald merken, wie viel besser es Rahanna geht, wenn sie weiß, dass du und die anderen sie versorgt und ihr zu verstehen gebt, wie sehr ihr euch darauf freut, die Waffenübungen mit ihr fortzusetzen.«
»Neben Dayana ist Rahanna unsere beste Kämpferin«, erklärte das Mädchen und biss von einem Stück Honigkuchen ab. »Sie kann zwei Messer gleichzeitig in zwei verschiedene Richtungen werfen. Und trifft mit beiden.«
Es würde dauern, bis sie das wieder konnte – wenn überhaupt. Aber das sagte Dian nicht. Er nahm sich ein zweites Stück Honigkuchen und lächelte dem Mädchen zu. »Dieser Honigkuchen schmeckt phantastisch. Hast du ihn gebacken?«
»Ja.« Die blassen Wangen röteten sich, und verlegen senkte sie den Blick, sah ihn aber gleich darauf wieder an, mit vor Stolz leuchtenden Augen.
Dian blieb noch eine Weile, kontrollierte Rahannas Herzschlag und Atmung und war zufrieden mit beidem. Er wusste, dass sie die Kriegerinnen nicht allein lassen würden.
Als er ihr Reich verließ, spürte er die Blicke. Sie erwarteten von ihm, dass er endlich handelte. Er war der Herrscher, er musste entscheiden und gegen die Feinde angehen.
8
Imogen schreckte immer noch zusammen, wenn sich eine der Türen öffnete, aber allmählich gewöhnte sie sich doch daran. Zudem brachte es etwas Abwechslung in ihren tristen Alltag. Sie konnte ja nicht viel anderes machen, als zu liegen oder sich aufzusetzen.
Dians Besuche waren meist ziemlich kurz. Er wechselte die Verbände, sprach ein bisschen mit ihr und ging wieder, wenn er nicht schon vorher von jemandem gerufen wurde. Aber das war wohl sein Los. Alle Entscheidungen hingen an ihm oder mussten zumindest von ihm abgesegnet werden.
Was sie mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass er immer öfter zu Verletzten gerufen wurde. Natürlich, er war der einzige Mediziner in diesem Bereich, und entsprechend wandte man sich wohl mit allem an ihn, egal, ob jemand ein Aspirin brauchte, sich auf den Daumen gehauen hatte oder schwerwiegendere Verletzungen vorlagen. Von Letzteren aber schien es
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