Druidenherz
ihnen gelang, das morastige Gebiet vollständig zu erobern, befanden sie sich nah an diesem Teil von Annwn. Sehr nah. Es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis sie weiter vorzudringen versuchten.
Natürlich waren die Krieger auf Angriffe vorbereitet. Allerdings nicht auf größere. Wenn es wirklich zu einem Krieg kam, mussten sich Truppen aus ganz Annwn verbünden und gemeinsam angreifen. Und nicht nur die Krieger – jeder, der in der Lage war, Magie einzusetzen oder sich zu verteidigen, würde mitgehen müssen.
Dian wusste, dass er bald losziehen musste, um sich ein umfassenderes Bild der Lage zu machen. Aber noch wollte er Imogen nicht längere Zeit allein lassen. Sie fürchtete sich, wenn er fortging, das spürte er. Und jedes Mal musste er sich zwingen, nicht sofort umzukehren und an ihrer Seite zu bleiben.
Natürlich besaß er genügend Disziplin. Aber immer öfter ertappte er sich dabei, mehr an Imogen als an seine anderen Pflichten zu denken. Und dabei wurde er durch die zunehmenden Konfrontationen mit den Fomoren immer öfter als Heiler gebraucht.
Beim nächsten Aufwachen war Imogen nicht allein. Dian saß neben ihrem Lager, die braunen Augen auf sie gerichtet. Unwillkürlich lächelte sie. Es war schön, aufzuwachen und als Erstes ihn zu sehen. »Ich habe dich gar nicht gehört. Bist du schon lange hier?«
Leicht zuckte er mit den Schultern. »Hab ich nicht drauf geachtet.«
Das tat er wohl nie, denn er trug keine Uhr. Auch gab es nirgendwo eine Wanduhr. Langsam setzte sie sich auf, froh, dass er nicht eingriff, denn sie wollte es ohne seine Hilfe schaffen.
Dian reichte ihr ein Tablett.
Durstig nahm Imogen den Becher, trank und wandte sich dann dem Brot zu. Daneben stand eine kleine Schale mit Honig. Also ein fast normales Frühstück.
Gerade als sie fertig war und einen zweiten Becher Wasser getrunken hatte, öffnete sich die vordere Tür, und ein schlanker Mann trat ein.
Imogen erschrak so heftig, dass der Becher zu Boden fiel. »Das ist der andere«, flüsterte sie. »Der mit den Hunden.«
»Er heißt Carney«, gab Dian ebenso leise zurück, stand auf und trat ihm entgegen. »Treibt dich die Neugier her?«
»Warum siehst du mich so misstrauisch an, Herr?« Carney grinste fast ebenso schmierig wie Beathan. Er trug wieder Ledersachen, vielleicht sogar die gleichen wie bei ihrer ersten Begegnung. Gut sichtbar steckte ein Messer an seinem Gürtel. »Alle sorgen sich um dich.«
»Alle, soso.«
»Nun, die meisten«, schränkte Carney ein. »Aber du solltest es ernst nehmen.«
»Danke für deinen Rat, aber ich weiß schon, was ich tue.« Dians Stimme klang großzügig und machte deutlich, dass er den unwillkommenen Besucher nicht ernst nahm.
Die Tür hinter Carney war wohl nicht richtig geschlossen worden, denn nun wurde sie von einer Schnauze aufgestoßen. Eine zweite schob sich daneben. Die Hunde! Eiskalter Schreck durchfuhr Imogen. Ihre Finger krallten sich in die Decke. Hilfesuchend blickte sie zu Dian, doch der wandte ihr den Rücken zu.
Die Hunde stellten sich an Carneys Seiten, der eine links, der andere ans rechte Knie. Ihr Blick war auf ihn gerichtet, von Imogen nahmen sie keine Notiz. Wahrscheinlich waren sie so gut abgerichtet, dass sie nur auf Kommando angriffen.
Trotzdem schaffte Imogen es kaum, ihre Angst im Zaum zu halten. Sie hatte sich nie vor Hunden gefürchtet, aber diese beiden hatten sie fast tot gebissen, und die Erinnerung daran ließ die Wunden an Arm und Bein pochen.
»Wolltest du sonst noch etwas, Carney?«, fragte Dian. Es klang wie Verschwinde, aber sofort!
»Nur meine Hilfe anbieten, Herr.«
»Dann hat dir dein Freund Beathan wohl nicht gesagt, dass ich weder auf seine noch auf deine Hilfe Wert lege.«
Carney blieb aufrecht stehen. Er reichte Dian zwar nur bis zur Schulter, wirkte jedoch nicht so unterwürfig und kriecherisch wie Beathan. Die Hunde blieben reglos wie Statuen, lediglich an ihren hin und wieder zuckenden Ohren ließ sich erkennen, dass sie lebten.
»Geh. Deine Neugier dürfte nun ja hinreichend befriedigt sein.«
»Nun, man redet natürlich über sie«, bemerkte Carney und warf einen schnellen Blick in Imogens Richtung, ehe er wieder Dian ansah.
»Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Imogen ist hier, das hast du ebenso zu akzeptieren wie alle anderen.«
Es sah aus, als wollte Carney widersprechen, doch dann wandte er sich um und machte eine winzige Geste, auf die die Hunde unverzüglich reagierten. Als wären sie an seinen Knien
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