Druidenherz
daneben zu liegen.«
Er gab ihr einen Kuss. »Mir gefällt deine Aussprache.«
»Darfst du mir denn sagen, wo ich hier gelandet bin? Oder ist das eine Art Geheimprojekt der Regierung oder einer im Untergrund agierenden Gruppe? Und hoffentlich keine von diesen Wenn-ich-dir-das-sage-muss-ich-dich-leider-töten -Geschichten?«
»Ich würde dir niemals wehtun!« Dian wirkte entsetzt.
Sie glaubte ihm. So verrückt es auch war, aber nach allem, was bisher geschehen war, war ihr Vertrauen zu ihm unerschütterlich. Er hatte ihr Leben gerettet, und nun war er ihr erster Liebhaber, hatte sie behutsam in die für sie fremde Welt der Leidenschaft eingeführt. Nie hätte sie für möglich gehalten, etwas so Außergewöhnliches zu erleben. Er hatte ihr ein traumhaftes, absolut perfektes erstes Mal geschenkt, und doch fühlte sie zwischen ihnen immer wieder eine plötzlich auftauchende Distanz. Wie jetzt gerade. »Also, darf ich es wissen?«
»Dies ist Annwn.«
Sie runzelte die Stirn. »Du meinst, ihr habt das Projekt nach der keltischen Anderswelt benannt?«
»Nein.« Er ergriff ihre Hand und verflocht ihre Finger miteinander. »Dies ist Annwn.«
»Ich verstehe nicht.«
»Annwn wird von den Menschen als Anderswelt bezeichnet. Das Reich der Feen, der Geister, der Magier, in das viele nach ihrem Tod kommen.«
»Ich weiß, was Annwn ist.« Natürlich wusste sie über die Anderswelt und die mit ihr verknüpften Legenden Bescheid.
»Dann muss ich ja nichts weiter erklären.«
»Doch, weil ich wissen möchte, was es damit in Wirklichkeit auf sich hat.«
»Das habe ich doch schon gesagt. Du bist in Annwn. Ich habe zwar keine Ahnung, wie es dir als lebendige menschliche Frau gelingen konnte, eines der Tore zu passieren, aber so ist es geschehen.«
»Das kann nicht sein.«
»Wieso nicht?«
»Weil Annwn nicht existiert. Oder jedenfalls nicht für mich. Ich bin Atheistin. Es tut mir leid, ich möchte deinen Glauben wirklich nicht infrage stellen, aber ich selbst gehöre nun mal keiner Religionsgemeinschaft an. Und glaube auch nicht an Himmel, Hölle, Fegefeuer oder eben Annwn.«
»Was es mit den christlichen Orten auf sich hat, weiß ich auch nicht. Das betrifft mich nicht. Aber ich weiß, dass Annwn existiert, denn genau da befinden wir uns.«
Imogen ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen. War sie tot – und dies das Leben nach dem Tod? Nein, das wollte sie keine Sekunde lang in Betracht ziehen.
»Niemand, der hier ist, kann Annwn je verlassen. Nur ich bin ein Wanderer zwischen den Welten«, fuhr Dian fort. »Aber manchmal …«
»Ja?«, hakte sie nach.
Er seufzte. »Ach, man weiß nicht viel darüber. Es gibt Druiden, die dazu in der Lage sind, aber sie leben nicht in diesem Teil Annwns. Ebenso wenig wie die Dämonen, von denen es heißt, dass einige es ebenfalls beherrschen.«
Nun also auch noch Dämonen, die zwischen den Welten wanderten! Sie glaubte kein Wort. Andererseits … alles, was ihr geschehen war, seit sie in den seltsamen flirrenden Wirbel geraten war, ließ sich wirklich nicht logisch erklären.
»Doch du musst dich nicht vor ihnen fürchten«, fuhr Dian fort. »Bis hierher kommen sie nicht.«
Sie fürchtete keine Dämonen. Und auch keinen Schwarzen Mann oder Monster unter dem Bett. Mit fünf hätte man ihr so etwas vielleicht noch erzählen und sie damit erschrecken können, aber sicher nicht mit fünfundzwanzig.
»Nur ist dieses Wandeln zwischen den Welten eben so eine Sache – außer bei mir kann ich nicht sagen, wie es funktioniert. Zumal du ja selbst keine Ahnung hast, wie es geschehen konnte.«
»Du meinst, ich kann hier niemals fort?« Sie wollte das nicht glauben. Ebenso wenig, wie sie glauben wollte, dass Annwn überhaupt existierte. Dian mochte ja nicht wirken, als sei er ein Psychopath, der in seiner eigenen Traumwelt lebte, aber bei dem, was er ihr erzählte, bekam sie doch arge Zweifel. Vielleicht hatte man ihn einer Gehirnwäsche unterzogen und versuchte nun das Gleiche bei ihr?
»Ich weiß es nicht. Du bist hierhergekommen, obwohl du lebendig, menschlich und vermutlich nicht magisch begabt bist.«
»Vermutlich nicht magisch begabt?«, wiederholte sie und sah ihn fragend an. Die ganze Situation war dermaßen verrückt! Sie lag mit einem nackten Mann am Ufer eines unterirdischen Sees und erörterte religiöse Vorstellungen.
»Ich kann nur zwischen den Welten wandern, weil ich sehr weit ausgebildete magische Fähigkeiten besitze.« Er zögerte und blickte sie ernst an. »Deshalb
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