Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
und Hüterin ist, wird 38 Jahre lang von der alten Hüterin ausgebildet.“
Ein Raunen ging durch die Reihen der Neuen, das jedoch mit dem abermaligen Einsetzen der Stimmen der Ratsmitglieder sofort wieder verstummte.
„Hier in Tallyn altert man langsamer. Zwölf Jahre hier machen euch in eurer Welt nur um ein Jahr älter. Ein Jahr Erdenzeit entspricht also zwölf Jahren Tallyn-Zeit. Die Hüterin macht ihren Dienst insgesamt ein Vierteljahrtausend in Tallyn, so dass sie am Ende der Amtszeit erst sechsunddreißig in eurer Zeitrechnung ist und noch etliche Jahre vor sich hat. Wer nicht antreten will, wird gleich wieder in seine Welt gebracht. Die Erinnerungen der Ausscheidenden und ihrer Eltern werden gelöscht. Ihr habt jetzt acht Minuten Zeit, um eure Entscheidung zu fällen, so will es das Gesetz.“
Die Mitglieder des Rates bewegten sich schwebend in Richtung Burgtreppe. Julie erwachte aus einer Art Trance. Jedes Wort des Auftrages hatte sich in ihr Bewusstsein gemeißelt. Sie schaute umher und bemerkte, dass es den anderen genauso ging. Alle sahen verwirrt und verängstigt aus. Wie sollte man als Zwölfjährige so eine Entscheidung treffen? Und das auch noch so schnell? Die Ersten fingen an zu weinen. Sie wollten gerne zaubern, aber ein Vierteljahrtausend lang hier bleiben? Und wenn man nun in hundert Jahren keine Lust mehr hatte?
Julie verstand die Absicht des Rates. Wenn der Auftrag gefährlich war, brauchte es mutige Mädchen mit dem Mumm, eine schwierige Entscheidung zu treffen. Sie fragte sich, ob sie ihren Vater jemals wiedersehen würde, wenn sie blieb. „Ja, das wirst du …“, blitzte die Stimme des gesammelten Rates durch ihren Kopf.
„Oh, hallo, seid ihr in meinem Kopf?“ fragte Julie stumm, die inzwischen nichts mehr für unmöglich hielt.
„Ja, das sind wir; hast du weitere Fragen?“
„Ja. Wie soll ich das alleine schaffen?“, gab Julie zurück. „Du wirst nicht alleine sein. Dir sind von Geburt an zwei Gefährten aus Tallyn bestimmt. Sie werden dich unterstützen.“
Das klang schon besser. Julie wollte nicht weg, hier war alles so unglaublich spannend, und keiner ärgerte sie. Und ihr Pferd! Wie sollte sie Go alleine lassen?
„Der Rat akzeptiert deine Entscheidung!“
„Hey, ich habe doch gar nichts gesagt“, protestierte Julie innerlich.
„Doch, du hast gewählt; horche in dich hinein, damit dein Kopf versteht, was dein Herz entschieden hat. Wir danken dir.“
Julie wusste, dass der Rat ihren Kopf nun wieder verlassen hatte. Und instinktiv wusste sie auch, dass der Rat Recht hatte. Naja, Kunststück, eigentlich hatte der Rat immer Recht, dass würde Julie noch herausfinden.
Das leise Sirren begann wieder. Alle verstummten, auch die Mädchen, die gerade noch so bitterlich geweint hatten. Der Rat nahm Aufstellung. Jetzt erklang eine einzelne Stimme, die einer Frau. „Ich danke denen, die den Mut gefunden haben zu bleiben. Und ihr, die ihr nicht bleiben könnt, seid unbesorgt. Es wird alles so sein wie vor eurem Besuch bei uns. – Es gibt jetzt eine halbe Stunde Pause. Ruht kurz aus und trinkt etwas, danach beginnt die Initiation!“
Gefährten
Julie setzte sich auf eine der von der Sonne gewärmten hölzernen Bänke auf dem Essplatz. Die erwachsenen Begleiter brachten etliche der Mädchen zu den Zelten, um ihre Sachen zu holen. Einige von ihnen waren unter falschem Vorwand hergelockt worden, andere waren zwar vorbereitet, hatten aber keine Lust, Kopf und Kragen zu riskieren, und manche wollten einfach nur nach Hause. Nach und nach machten sich kleine Karawanen auf den Weg zu den Portalen. Julie spürte plötzlich eine Bewegung direkt neben sich. Der blonde Junge, Mathys, hatte sich genau neben sie gesetzt! Sein schlanker, hellhäutiger Begleiter mit den spitzen Ohren und den silbernen Haaren setzte sich dazu. Aus der Nähe sah man erst, wie fein seine Gesichtszüge waren, er hatte etwas Edles an sich, das ihn auf seine geheimnisvolle Art ebenso gut aussehen ließ wie Mathys.
Julie gab vor, das Treiben auf dem Platz zu beobachten, lauschte aber in Wahrheit gebannt dem Gespräch. „Wen wir wohl kriegen?“, fragte Mathys.
„Keine Ahnung, hoffentlich nicht die nervige Blonde, die hat Stu den ganzen Weg über zur Weißglut getrieben; er hat bis zu seiner Abreise nach Minor deswegen herumgejammert. Ich hätte schwören können, dass sie geht – aber sie ist noch da. Nicht zu fassen!“
„Na, ist ja auch egal“, gab Mathys zurück, „die Empats werden schon
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