DS027 - Der Mörder aus dem Jenseits
Baisse hingegen würde er verlieren, unter Umständen seine gesamten Optionsgelder.«
Renny hatte die Belege durchgesehen. »Hiernach hat es eher den Anschein, als ob er mit den Aktien nicht spekulieren, sondern unter anderem zwei kleinere Fabriken erwerben will. Sonst hätte er bestimmt anders disponiert und viel breiter gestreut.«
»Ja«, sagte Doc, »und das heißt wiederum, daß er innerhalb der nächsten Monate beträchtliche Geldmittel aufbringen muß, um die Aktien tatsächlich erwerben zu können.«
»Daß Chelton Raymond in den nächsten Monaten sehr viel Geld braucht – was kann das mit dem Lederstrumpfphantom mit dem schrillen Vorderlader zu tun haben?« grübelte Long Tom laut.
»Nach dem wenigen, das wir bisher wissen, ist das unmöglich zu sagen«, entgegnete Doc. Er legte die Bankbelege in den Schreibtisch zurück.
»Ich gehe lieber an Deck Posten stehen«, sagte Long Tom, »damit ihr ungestört weitersuchen könnt.« Er verließ die Kabine, und sie hörten ihn die Treppe zum Oberdeck hinaufgehen.
»Ich vermute, daß er irgendwo hier einen versteckten Safe hat«, sagte Doc. »An Bord der meisten Luxus-j achten befindet sich so etwas.«
In den beiden Räumen der Kabinenflucht fand Doc nichts, obwohl er überall systematisch die Wandvertäfelung abklopfte. Blieb nur noch das Bad; es war so groß und verschwenderisch eingerichtet wie in einem New Yorker Luxusappartement. Aus mancherlei Gründen war es der naheliegende Ort für einen Safe. Der Raum war fensterlos, und der Eigentümer konnte sich unauffällig einschließen, wenn er an seine Wertsachen wollte.
Wenige Minuten später hatte Doc einen Block von sechs Wandkacheln entdeckt, die auf Druck einer Kante aufsprangen. Ein Wandtresor mit kompliziertem doppeltem Kombinationsschloß kam zum Vorschein. Doc legte zwar einen Augenblick das Ohr an die Safetür, schloß die Augen, um durch nichts abgelenkt zu werden, und drehte an den Einsteilscheiben, hörte aber sofort wieder auf. »Der Safe ist modernster Bauart«, erklärte er. »Es würde Stunden dauern, ihn zu öffnen. Warte hier, Renny.«
Doc Savage verschwand im Kabinengang. Es dauerte volle zehn Minuten, bis er zurückkehrte und einen Metallkoffer mitbrachte, den er offenbar von Bord des Flugboots geholt hatte. An der Beschriftung erkannte Renny, was der Koffer enthielt, und stellte keine Fragen, während Doc ihn auspackte.
Der Bronzemann setzte das komplizierte Gerät aber nicht an der Frontplatte des Safefachs an, sondern ging mit dem Hauptteil des Geräts in die benachbarte Kabine, hielt den Apparat mit seiner Frontplatte schräg unter die Stelle, an der sich die Rückseite des Safes befinden mußte, und löste das Gerät aus. Einen Sekundenbruchteil lang war ein Summen zu hören.
Dann zog er an der Rückwand des Geräts ein postkartengroßes weißes Etwas heraus, wartete genau zehn Sekunden, zog eine Art Deckfolie ab und hielt Renny ein fertiges Schwarzweißfoto hin.
»Heiliger Strohsack!« staunte Renny. »Hast du unser tragbares Röntgengerät inzwischen auf Polaroid umgestellt?«
»Ja«, sagte Doc. »Sieh das Röntgenphoto einmal genau an.«
Beim Schein von Docs Stablampe – sie hatten auf der Jacht vorsichtshalber nirgendwo das Kabinenlicht angedreht – sah sich Renny das Photo an. »In dem Safe scheint eine Art Buch zu liegen. Sogar der Titel ist zu erkennen. Aber wie ist das möglich – ich meine, durch die Stahlwand des Safes hindurch?«
»Die Seiten- und Rückwände solcher Wandsafes bestehen meist aus nicht sehr starkem Stahlblech, das für Röntgenstrahlen mehr oder weniger durchlässig ist«, sagte Doc. »Und die Titelbuchstaben des Buches, vermute ich, sind aus echter Goldfolie. Gold aber ist für Röntgenstrahlen noch undurchlässiger als Eisen.« Renny studierte den sich schwach abzeichnenden Buchtitel.
LEBEN UND SCHRECKLICHE TATEN
DES ADOPTIERTEN MOHREN
BLACK RAYMOND
»Tatsächlich, es ist ein Buch«, brummte der Ingenieur. »Aber Black Raymond – wer ist das? Was hat das zu bedeuten?«
»Das müssen wir herausfinden«, sagte Doc.
Oben an Deck schrie Long Tom plötzlich auf, und der Knall eines Gewehrs hallte laut durch die Bucht.
»Jemand schießt auf Long Tom!« rief Renny und stürzte aus der Kabine. Doc folgte ihm.
An Deck hatte sich Long Tom hinter die Brückenreling geduckt; in den Händen hielt er eine seiner Waffen, die einer übergroßen Automatikpistolen ähnelten. Er rührte sich nicht, als Doc und Renny geduckt im Schatten der
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