DS041 - Der schreckliche Mullah
wir zum erstenmal von dem Mullah gehört«, sagte das Mädchen. »Auf einer Straße wurde ein toter Mann gefunden. Nach landläufigen Maßstäben war er reich; er bekleidete eine führende Position in meiner Firma. Wochen später stellte sich heraus, daß er bedroht worden war – nachts war ihm ein gespenstisches grünes Gesicht erschienen. Er sollte sein Vermögen dem Mullah übergeben. Offenbar hat er sich geweigert und ist deswegen ermordet worden.«
»Sie lenken das Gespräch in die verkehrte Richtung!« schaltete sich der Khan ein. »Doc Savage könnte an eine Erpressung der Reichen denken, aber es sind nicht nur Millionäre umgebracht worden. Meine vielen Untertanen, die dem Mullah zum Opfer gefallen sind, hatten kein Vermögen, das man ihnen hätte abnehmen können!«
Joan Lyndell nickte.
»Der Khan hat recht«, räumte sie ein. »Jedenfalls haben wir im Laufe der Zeit immer wieder und in immer kürzeren Abständen von dem Mullah gehört. Die Geschichten, die erzählt wurden, waren grauenhaft. Angeblich sind die Menschen gestorben, weil grünliche, schlangenartige Wesen sie überfielen. Diese Wesen galten als Sklavenseelen des Mullah, und die Menschen, die durch sie starben, wurden ebenfalls seine Sklaven. Wir wissen nicht, wie viele ermordet worden sind, vielleicht tausend, vielleicht noch mehr. Es hat genügt, Tanan in ein Chaos zu stürzen und niemand wagt mehr, den Namen des Mullah in der Öffentlichkeit auszusprechen.«
»Sinnlose Morde?« fragte Doc.
Joan Lyndell schüttelte den Kopf.
»So würde ich es nicht ausdrücken«, sagte sie. »Andererseits beziehe ich natürlich meine Kenntnisse aus zweiter und dritter Hand, das heißt, wir sind auf Gerüchte angewiesen. Wie es heißt, werden nur diejenigen getötet, die nicht glauben wollen, daß der Mullah eine übernatürliche Erscheinung und eine Macht nicht von dieser Welt ist. Mit anderen Worten – der Mullah baut sich durch Angst und Terror ein unsichtbares Imperium auf. Inzwischen sind die Tananesen nicht mehr zu zählen, die auf den geringsten Wink parieren. Sie vergewissern sich nicht einmal, ob ein Befehl auch tatsächlich vom Mullah kommt. Jeden Tag werden weitere Menschen umgebracht. Man hört sie in der Nacht schreien, und wenn jemand den Mut aufbringt, zu ihnen zu eilen, sieht er manchmal die ›grünen Sklavenseelen‹, die alsbald verschwinden, und immer sieht er die Opfer, denen das Genick gebrochen wurde.«
»Ein Gerücht besagt, daß meine Regierung gestürzt werden soll«, sagte der Khan ernst. »Der Mullah möchte König werden, aber wie kann er König sein, wenn er kein Mensch ist und schon lange nicht mehr lebt ...«
»Ich habe eine Frage.« Gibson wandte sich wieder an Doc. »Was glauben Sie von dieser Geschichte?«
»Das soll wohl heißen, daß Sie nichts glauben!« Das Mädchen funkelte ihn an. »Wollen Sie mich eine Lügnerin schimpfen?«
Gibson erwiderte den Blick.
»Ich habe nicht die geringsten Bedenken«, erklärte er kalt. »Die paar Milliarden Dollar, die Sie wert sind, können mich nicht beeindrucken.«
»Mischen Sie sich nicht ein«, sagte Doc ernst. »Wenn ich Ihre Meinung hören möchte, lasse ich es Sie wissen.« Gibson zuckte die Achseln.
»Wie Sie wollen«, sagte er. »Aber passen Sie auf, daß Sie nicht auf’s Kreuz gelegt werden.«
Der Khan beendete das Gezänk.
»Sie können sich unsere Lage nicht vorstellen«, behauptete er. »Niemand in Tanan ist mehr seines Lebens sicher. Der Mullah ist ein Dämon, der alles in seinen Bann schlägt. Er verlangt Geld, er verlangt Waffen, er zwingt die Menschen dazu, seine Parteigänger zu werden. Wie jedes Volk sind auch die Tananeser nicht frei von Aberglauben, und diese Neigung erleichtert dem Mullah das Spiel – wer immer sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt. Ich persönlich bin davon überzeugt, daß ein geschickter Verbrecher sich diesen Trick ausgedacht hat, aber bisher ist es uns nicht gelungen, ihm auf die Spur zu kommen.«
»Das Lebenswerk meines Vaters, meine Firma, meine Handelsniederlassungen sind in Gefahr«, sagte das Mädchen leise. »Viele Männer, die mir ergeben waren, sind untergetaucht, entweder sind sie tot, oder sie haben sich dem Mullah angeschlossen, und ich selbst habe keine andere Wahl, als früher oder später das Land zu verlassen oder zu riskieren, ebenfalls ermordet zu werden. Deswegen sind wir zu Ihnen gekommen.«
»Wir hatten von Ihnen gehört«, bekannte der Khan. »Wir haben gehofft, daß Sie uns helfen.«
Unvermittelt
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