DS051 - Der gefleckte Hai
Sicherheit. Doc telefonierte mit der Zeitung. In der Telefonzelle entledigte er sich der Maske.
»Ich habe das Inserat gelesen«, erläuterte er. »Anscheinend ist es ziemlich dringend.«
»Anscheinend«, bestätigte eine Stimme am anderen Ende der Leitung. »Sie sind Doc Savage?«
»Am Apparat.«
»John Doe erwartet Sie im Caribbean Hotel.«
Doc bedankte sich für die Auskunft und ging zu dem Hotel. Das Gebäude war imposant und sah gepflegt und teuer aus. Doc verbrachte zwanzig Minuten damit, das Hotel und die nähere Umgebung zu beobachten, dann war er davon überzeugt, daß entweder keine Falle auf gebaut war oder sie sich im Innern des Hotels befand. Er trat ins Foyer und an die Rezeption.
Der Mann an der Rezeption betrachtete ihn mißbilligend; Docs Anzug hatte unter dem Bad in der Bucht nicht wenig gelitten. Zwar war er inzwischen getrocknet, aber zerknüllt, als hätte Doc etliche Wochen darin geschlafen, außerdem war er eingelaufen. Die Ärmel reichten nicht viel weiter als bis zu den Ellenbogen, und die Hose ließ die Hälfte der Waden frei. Im Dunkeln war diese Aufmachung nicht aufgefallen, und auch Monk und Rhoda hatten nicht bemerkt, daß Henry Peace und Doc Savage offenbar denselben miserablen Schneider beehrten, aber im Foyer war es taghell.
»Ich möchte zu Mister John Doe«, sagte Doc knapp.
»Er hat das Penthouse gemietet«, sagte der Mann an der Rezeption. »Aber finden Sie nicht, daß die Zeit ein wenig ungewöhnlich ist?«
Scheinbar überrascht blickte Doc auf die Uhr über den Postfächern hinter dem Tresen. Der große Zeiger deutete auf die sechs, der kleine auf die drei.
»Sie haben recht«, sagte Doc. »Es ist wirklich ein bißchen spät.«
Er verließ das Hotel, ging zur Rückseite, fischte eine Seidenschnur mit einem zusammenklappbaren Haken aus der Tasche und schleuderte den Haken zu der Feuerleiter. Der Haken rastete ein. Doc zog das untere Stück der Feuerleiter herunter und kletterte auf’s Dach.
Das Dach war in Wahrheit ein Dachgarten. In der Mitte stand ein Bungalow, der im spanischen Stil errichtet war und in dieser luftigen Höhe deplaziert wirkte. Der Bungalow sah noch teurer und vornehmer aus als das Hotel. Die Türen waren geschlossen, hinter den Fenstern war kein Licht.
Mit einem Dietrich öffnete Doc geräuschlos eine der Türen, zog den Revolver, mit dem er vorhin Monk in Schach gehalten hatte, und ging ins Haus. Beim Licht des tiefstehenden Mondes, der durch die Fenster schien, sah Doc den einsamen Mann, der im Salon auf einem Sessel saß und schlief, zu seinem Füßen lag ein automatischer Colt.
Doc nahm den Colt an sich, dann musterte er den Mann, der mutmaßlich John Doe war. Der Mann war nicht viel älter als dreißig, hatte eine tabakfarbene Haut, war vorzüglich angezogen und gebaut wie ein Football-Spieler. Doc schlich durch den Bungalow. Außer dem Mann im Sessel war niemand anwesend. Der Mann hatte kein Gepäck. Doc schaltete die Deckenbeleuchtung an. Der Mann im Sessel schreckte auf und kniff die Augen zusammen, weil das Licht ihn blendete.
»Mein Name ist Steel«, sagte er.
Doc Savage hatte sich den Präsidenten von Bianca Grande anders vorgestellt. Er hatte in den Zeitungen Bilder von ihm gesehen, aber alle waren aus beträchtlicher Distanz aufgenommen und nicht sehr deutlich, denn Steel hatte eine Abneigung dagegen, fotografiert zu werden. Angeblich war sein Palast von Röntgenstrahlen abgeschirmt, die jeden Film ruinierten, den ein Fotograf möglicherweise heimlich belichtet hatte. An Doc Savages Tür war eine ähnliche Vorrichtung, auch er mochte sich nicht fotografieren lassen, wenn er es vermeiden konnte, und aus den gleichen Gründen wie Steel: Sie beide hatten Feinde, die sich nicht scheuten, notfalls gekaufte Killer zu mobilisieren.
Aber damit war die Ähnlichkeit zwischen Doc und Steel, wenigstens soweit Doc informiert war, auch schon zu Ende. Seit zwei Jahren berichteten amerikanische Zeitungen in unregelmäßigen Abständen über die Untaten, die Steel sich angeblich zuschulden kommen ließ, obendrein hatte er ein gestörtes Verhältnis zur amerikanischen Regierung: Er hatte gewagt, amerikanische Ölgesellschaften zu enteignen. Doc glaubte die Gründe dafür zu kennen: Bianca Grande war nicht groß. Steel hatte sein Vermögen mehren wollen, nicht anders als die amerikanischen Gesellschaften, und unvermeidlich waren sie mit ihm zusammengeprallt. Als es kaum noch Vermögen gab, das weder Steel noch den Konzernen gehörte, hatte es
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