DS060 - Die Stadt unter dem Meer
Ärmel. Die Männer waren von dem hereinschießenden Wasser mehr oder weniger durchweicht worden. »Verflixt!« rief er. »Das ist nicht nur Wasser! Das Zeug brennt!«
Inzwischen hatten Doc und Monk das ebenfalls bemerkt, aber es war gleichzeitig auch das letzte, was sie bemerkten.
Ihnen wurde plötzlich schwarz vor Augen.
7.
Daß Monk und Ham so oft miteinander stritten, hatte nichts weiter zu besagen. In Wirklichkeit waren sie die besten Freunde, und jeder von ihnen hatte dem anderen schon mehrere Male das Leben gerettet. Sie waren geradezu ängstlich umeinander besorgt, und so war es nicht weiter verwunderlich, daß Hams erste Sorge, als er das Bewußtsein wiedererlangte, Monk galt.
»Monk?« krächzte er.
»Alles in Ordnung«, ertönte Monks Stimme. »Und wie geht’s dir?«
»Auch okay«, erwiderte Ham.
Damit sagte er aber nicht die Wahrheit, zumindest nicht die ganze. Er schien am Leben zu sein, was immerhin etwas war. Aber ansonsten schien rein gar nichts zu stimmen. Außerdem vermißte Ham seinen Degenstock, ohne den er sich hilflos fühlte.
Monks Stimme hatte einen merkwürdigen Klang. Als ob sie wie aus der Ferne kam, gleichzeitig hatte sie etwas glockenhaftes. Aber es war eindeutig Monks Stimme.
Weiterhin sah Ham nichts als einen bläulich lumineszierenden Dunst. Erst glaubte er, es müßten die Nachwirkungen davon sein, daß er einen Schlag über den Kopf bekommen hatte, aber dann sah man gewöhnlich Sterne, nicht blauen Dunst.
Er wartete darauf, daß die vermeintliche optische Täuschung verging, aber der blaue Dunst blieb und roch außerdem penetrant nach – Ham mußte sich erst besinnen – ja, nach Ozon.
»He, Winkeladvokat«, tönte Monks Stimme, »warum hörst du nicht auf, ein Loch in die Gegend zu starren, und siehst dich lieber einmal an dem komischen Ort um, an dem wir hier sind?«
Ham wurde sich plötzlich bewußt, daß er nicht unter einer optischen Täuschung litt, sondern bisher senkrecht nach oben gesehen hatte. Er drehte den Kopf erst nach rechts, dann nach links und wünschte, er hätte die Augen lieber geschlossen gelassen.
Er glaubte zuerst, daß er von Nebel umgeben war, der von irgendwoher blau angestrahlt wurde. Dieses Blau war etwa von der Farbe des Himmels an klaren Tagen, lag aber nicht in der Ferne, sondern dicht vor ihm, überall um ihn herum. Es war in der Luft.
Oder vielmehr – das wurde ihm zu seinem Schrecken bewußt – er lag ja gar nicht in Luft, sondern in einem blauen Gas! Er wußte nicht, wieso er so schnell zu dieser Erkenntnis kam, aber sie sollte sich später als richtig erweisen.
Monk lag links von ihm und war, wenn Ham sich nicht täuschte, an Händen und Füßen mit geflochtenen Riemen aus Haifischhaut gefesselt. Ham sah an sich herunter und gewahrte, daß er in derselben Weise gebunden war.
Hinter Monk ragte eine hohe, merkwürdig gerundete Wand auf, die, soweit es Ham in dem blauen Dunst ausmachen konnte, unten orangerot und weiter oben schwarz war. Ham mußte ein paarmal blinzeln, bevor er in dieser Wand die Hülle eines Schiffes erkannte. Sie mußten, überlegte Ham, in der Nähe des Bugs dieses Schiffes liegen.
Neugierig geworden, ließ er den Blick nach oben gleiten, suchte nach dem Namen, fand ihn – und erlitt einen Schock, den er nicht so schnell vergessen würde: MUDDYMARY.
»Monk!« schrie er auf. »Erinnerst du dich an den Dampfer, der vor fast einem Jahr verschwand! Man nahm an, er sei gesun...«
Ham unterbrach sich. Er hatte den Kopf gedreht, um an der Bordwand entlang zum Heck des Schiffes zu sehen. Aber da lag nur ein halber Dampfer. Er war in der Mitte durchgebrochen, und hier lag nur die vordere Hälfte. Das Schiff mußte gesunken sein!
Betroffen sah Ham sich um, ob sie hier etwa auf dem Meeresgrund waren. Der Boden war dicht mit etwas Weichem, Grünem bedeckt, das nicht nach oben, sondern in alle Richtungen durcheinander zu wachsen schien. Ham war kein Experte für Meeresflora, aber solche Pflanzen hatte auch er schon gesehen.
Sie lagen auf einer Wiese aus Seegras!
»Monk!« stöhnte er auf. »Wo – was – oh Mann!«
»Ja«, sagte Monk. »Genau das sind auch meine Gefühle.«
Ham spürte, wie sein Herz klopfte, und zuerst dachte er, es käme von der Aufregung. Aber dem Herzklopfen folgte ein Schwindelanfall, japsend sank er zurück und spürte gleichzeitig einen schrecklichen Druck.
»Ich sterbe!« krächzte er.
»Beruhige dich!« riet ihm Monk. »Doc sagte schon, so würde es dir wahrscheinlich
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