DS061 - Die Gedankenmaschine
meinte. Die betreffende Überschrift war so riesig, daß sie nicht zu übersehen war:
SCHNELLZUG VON GANGSTERN ÜBERFALLEN SEKRETÄR EINES SENATORS ENTFÜHRT
Lancaster bemühte sich, den Text zu entziffern, während Doc langsam weiterfuhr. Johnny las den Artikel, der zu der Schlagzeile gehörte, dann gab er freundlich Lancaster das Blatt und nahm sich ein anderes vor, auf dessen Titelseite ein weiterer Bericht über das scheinbar rätselhafte Ereignis stand.
Als das Dorf hinter ihnen lag, beschleunigte Doc wieder, und Johnny und Lancaster legten die Zeitungen weg, weil es auf dem Highway zu dunkel war. Im Dorf hatte die Straßenbeleuchtung ausgereicht, daß Johnny und Lancaster die Buchstaben auf dem Papier einigermaßen hatten erkennen können.
»Möchte mir nicht jemand erläutern, was es mit diesen Zeitungen auf sich hat?« sagte das Mädchen spitz.
Johnny teilte ihr mit, was in den Zeitungen stand.
»Lancaster«, sagte Doc anzüglich, »können Sie mit diesem Attentat auf den Sekretär eines Senators was anfangen?«
Lancaster schwieg.
»Aber das ist doch ganz klar!« Das Mädchen schaltete sich abermals ein. »Der Senator ist für die Zölle zuständig, er ist Vorsitzender eines Komitees und ...«
»Sei still!« kreischte Lancaster.
»Warum?« Das Mädchen drehte sich zu ihm um. »Diese Gangster sind imstande, Millionen an sich zu bringen! Diese Millionen müssen wir alle bezahlen, und das ist eine Gemeinheit! Sie können sich Informationen verschaffen ...«
»Du solltest endlich den Schnabel halten«, sagte Lancaster verdrossen. Zum erstenmal, seit Doc ihn kannte, kreischte oder fistelte er nicht, sondern sprach wie ein normaler Mensch. »Diese Leute bestehlen niemand. Von dem Überfall auf die Eisenbahn abgesehen, ist alles, was sie tun, völlig legal.«
»Doch, sie bestehlen jemand«, beharrte das Mädchen. »Der Sekretär des Senators weiß bestimmt, was aus dem Zuckerzoll werden soll. Diese Männer erfahren es von ihm und haben so eine Gelegenheit, Zucker aufzukaufen oder abzustoßen und auf diese Art einen Verdienst einzustecken, der den Leuten zusteht, die den Zucker produziert haben, nämlich den armen Bauern in Ecuador.«
Lancaster lachte gehässig, Doc lächelte milde.
»Sie sind naiv«, sagte er zu dem Mädchen. »In Anbetracht der Börsengeschäfte, die Sie getätigt haben, frage ich mich, ob diese Naivität echt oder vorgetäuscht ist. Erstens wird der Zucker in Ecuador und anderswo nur in Ausnahmefällen von kleinen Bauern produziert. Im allgemeinen von mächtigen Gesellschaften. Nicht wenige Vermögen in den Vereinigten. Staaten und außerhalb sind dadurch entstanden, daß jemand Informationen hatte, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren.«
»Sie sind zynisch!« sagte das Mädchen erbost. »Keineswegs«, sagte Doc. »Ich hüte mich nur, mir selbst etwas vorzumachen. Diese Gangster unterscheiden sich von gewöhnlichen Geschäftsleuten nur dadurch, daß sie sich die Informationen mit Gewalt verschaffen mußten, während dergleichen sonst durch Korruption oder gute Beziehungen geschieht.«
Doc steuerte den Wagen zu dem Hochhaus in Manhattan, in dessen sechsundachtzigster Etage er lebte, aber er fuhr nicht in die Tiefgarage, sondern parkte die Limousine in einer schmalen Gasse neben dem Gebäude. Er und Johnny nahmen die beiden Gefangenen mit in die weitläufige Halle und fuhren mit ihnen in Docs Expreßlift nach oben. Sylvan und Lancaster leisteten keinen Widerstand, sie riefen auch nicht um Hilfe, obwohl ein Polizist an der Straßenecke stand.
Vor der Tür blieb Doc stehen.
»Johnny«, sagte er, »warte einen Augenblick, bis ich euch hole. Ich will mich vergewissern, daß wir nicht wieder Besuch oder eine Bombe in einem Sessel haben.«
Johnny und die beiden Gefangenen warteten. Doc trat ins Empfangszimmer und schaltete die Lampe auf dem eingelegten Tisch an. Obwohl ein leichter Wind durch die zertrümmerten Fenster fächelte, stank es immer noch nach Pulverrauch. Doc ging schnell weiter in die Bibliothek, nahm aus einem Schrank einen Revolver und stopfte ihn zwischen die Polster eines Sessels, so daß der Revolver nicht mehr zu sehen war, aber jemand, der auf dem Sessel saß, ihn spüren mußte. Der Revolver war ungeladen.
Doc kehrte zur Tür zurück.
»In Ordnung«, sagte er. »Anscheinend sind wir allein.«
Johnny führte die Gefangenen in die Bibliothek, Doc bat Lancaster den Sessel mit dem Revolver an. Sylvan setzte sich neben Lancaster, Doc nahm ihnen
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