DS066 - Die Todesspinne

es dunkel. Über den Bergen donnerte es immer noch. Dann witterte Alden den penetranten Gestank, den er zwei Nächte vorher schon einmal gerochen hatte. Er rannte aus dem Haus.
    Zehn Yards von ihm entfernt war ein schwarzer Schemen, der Ähnlichkeit mit einer gigantischen Spinne hatte und so hoch war wie ein einstöckiges Haus. Die Vorderbeine waren grotesk gebogen, als wäre das Monster ein wenig in die Knie gegangen, um sein Opfer bequemer erreichen zu können. Das Opfer war Buck Dixon. An dem Schädel des Monsters waren zwei zangenartige Gebilde, mit denen es Dixon gepackt hatte und durch die Luft schwenkte wie ein Kind eine Spielzeugpuppe. Dixon strampelte verzweifelt und schlug um sich, aber er schrie nicht. Er war so stumm, als wäre ihm vor Schreck die Stimme weggeblieben.
    Alden riß das Gewehr hoch und schoß. Auf diese Distanz mußte er auch im Dunkeln treffen. Er zweifelte nicht daran, daß seine Kugel ins Ziel gegangen war. Doch das Monster reagierte nicht. Ohne Hast beförderte es Dixon dorthin, wo Alden den Rachen des Monsters vermutete, und nun schrie Dixon doch. Er kreischte markerschütternd, daß Alden das Blut in den Adern gefror, und verstummte abermals. Alden ballerte das Magazin der Winchester leer, er war außer sich vor Haß und Entsetzen. Ihm war klar, daß er Dixon nicht retten konnte, aber er mochte ihn auch nicht einfach seinem gräßlichen Schicksal überlassen.
    Endlich bequemte sich das Monster, sich auch Aldens anzunehmen. Scheinbar träge wandte es sich Alden zu und streckte die zangenähnlichen Gebilde aus. Alden ließ das Gewehr fallen und floh. Er kam nicht weit, denn er rutschte im Morast aus. Er hatte den Eindruck, daß der gespenstische Schemen nah hinter ihm war und sich genüßlich darauf vorbereitete, ihn ebenfalls zu verzehren. Dann verlor er die Besinnung.
     
    Alden kam zu sich, als der Himmel im Osten grau wurde. Der Regen war versiegt. Alden fühlte sich wie nach einem Alptraum, doch die Abdrücke des Monsters im weichen Boden bewiesen unwiderlegbar, daß ein Kampf stattgefunden hatte. Alden fand sein Gewehr. Dann fand er Dixons Gewehr, aus dem nicht geschossen worden war, und endlich entdeckte er einen Fetzen von Dixons Regenmantel. Dixon war verschwunden.
    Alden bedauerte, Dixons Bericht nicht ausreichend ernst genommen zu haben. Er und Dixon hätten zwar keine Chance gegen das Monster gehabt, doch sie hätten die Hütte räumen und Clark Savage verständigen können. Er bedauerte auch, die Legende der Indianer über das Monster als Aberglauben abgetan zu haben. Ein Indianer, der an einer Universität irgendwo im Osten studiert hatte und danach zu seinem Stamm in der Nähe des Tals zurückgekehrt war, hatte ihm bald nach seiner, Aldens, Ankunft davon erzählt.
    »Meine Leute haben jahrelang dieses Tal gemieden«, hatte der Indianer gesagt. »Vielleicht sollten sie es immer noch meiden, und Sie sollten es auch meiden.«
    Alden hatte sich gewundert, daß ein intelligenter Mensch so einfältig sein konnte, und den Indianer ausgelacht. Jetzt war er nicht zum Lachen aufgelegt, aber jetzt war es zu spät. In den Bergen, so hatte der Indianer mitgeteilt, lebte eine riesige Spinne, die sich von Menschen ernährte. Wenn sie gesättigt war, zog sie sich zurück, um lange Zeit, manchmal Jahre, nicht mehr aufzutauchen. Der Indianer hatte fest an die Existenz der Spinne geglaubt und vermutet, daß sie ein Relikt aus einer prähistorischen Epoche war, als es auch noch Mammuts und anderes riesiges Getier gegeben hatte. Die Spinne, so lautete die Legende, suchte nach einem Menschen mit bronzefarbenen Haaren, um sein Herz zu verzehren. Hatte sie ihn gefunden, würde sie das Tal für immer verlassen.
     
    Alden kannte sich mit prähistorischen Lebewesen nur oberflächlich aus, aber er hielt nun die Theorie des Indianers immerhin für möglich. Buck Dixon hatte keine bronzefarbenen Haare, sondern gar keine gehabt. Ob er in seiner Jugend bronzefarben behaart war, wußte Alden nicht. Aber offenbar war die Spinne nicht wählerisch. Da Menschen mit bronzefarbenen Haaren nicht eben häufig waren, hatte sie sich an anderes Essen gewöhnen müssen. Alden beschloß, ihr den Appetit endgültig zu verderben.
    Er nahm die beiden Gewehre und ging in die Hütte, um trockene Sachen anzuziehen. Er stellte Dixons Winchester ins Regal, lud seine eigene und stopfte sich die Taschen voll Patronen. Dann folgte er den Spuren des Monsters.
    Anscheinend hatte das Untier wie vor zwei Tagen sich wieder in die