Dschungel der Leidenschaft
zum Heimkommen."
Nicky konnte Brian nicht in die Augen sehen. „Nein, das habe ich nicht getan."
„Und warum nicht?"
Sie schloss kurz die Augen. „Ich war so erleichtert, dass du mich holen gekommen warst."
Ich war so erleichtert, dass dir genug an mir lag, um mich zu holen, fügte sie in Gedanken hinzu.
„Warst du in Gefahr? Wovor habe ich dich gerettet, Nicky?"
Sie schüttelte den Kopf. „Es gab keine Gefahr und auch keine Bedrohung. Ich war allein."
„Hm. Und was geschah dann? Wurde zwischen uns alles wieder gut?"
Das Sprechen fiel Nicky schwer. „Nein. Wir sind nur eine kurze Strecke geritten, dann hast du auf einmal angehalten und mich abgesetzt."
„Und wo waren wir da?"
Nicky zuckte die Schultern. „Nirgendwo. Um uns her war Einöde. Und dann hast du gesagt, du könntest mich doch nicht retten. Das müsste ich selbst tun." Sie befeuchtete sich die Lippen und fuhr mit versagender Stimme fort: „Danach bist du davongeritten und hast mich meinem Schicksal überlassen. Ich habe nach dir gerufen, und jedesmal, wenn ich den Traum hatte, bin ich an dieser Stelle
aufgewacht. Es war immer wieder dasselbe."
Erschaudernd blickte Nicky auf und sah, dass Brian sie betrachtete. Im
Mondlicht wirkte sein Gesicht unnatürlich bleich, doch am meisten erschreckte sie der Ausdruck in seinen Augen ... er war stumpf und trostlos.
Dann war er wieder verschwunden, und Brians Züge wurden hart. „Tja, da war
ich also ein echter Held", bemerkte er trocken.,
„Es war doch nur ein Traum."
In der Dunkelheit versuchte er, in ihren Zügen zu lesen. „Richtig." Unvermittelt drehte er sich um und nahm sein Glas vom Tisch auf. „Trink deinen Tee lieber aus, ehe er kalt wird", meinte er.
Zögernd klopfte Nicky an die Bürotür, weil sie Brian nur ungern störte. Sie saugte an dem Finger, in dem ein winziger Dorn steckte. Nach dem Mittagessen hätte sie im Garten einen Strauß Blumen gepflückt, um sich aufzumuntern, dabei hatte sie sich verletzt.
„Herein", rief Brian, ohne zu tippen aufzuhören.
Zögernd öffnete Nicky die Tür. „Entschuldige, dass ich dich störe, aber ich
brauche eine Pinzette und finde keine. Hast du irgendwo eine, Brian?"
Geistesabwesend blickte er auf. „Eine Pinzette? Ja. In der obersten
Kommodenschublade in meinem Zimmer. In einem weißen Erste-Hilfe-Kasten."
„Danke."
In Brians Zimmer zog Nicky die Kommodenschublade auf und ging den Inhalt
durch: Flugscheine, Brians Brieftasche, ein Schlüsselbund und ein Bündel
Quittungen. Ein Pass. Noch ein Pass.
Klopfenden Herzens nahm Nicky beide Pässe heraus und schlug sie auf.
Einer gehörte Brian. Der andere ihr.
11. KAPITEL
Wie erstarrt blickte Nicky auf ihr Foto, dann packte die Wut sie. Brian hatte ihren Pass an sich genommen und behauptet, er sei gestohlen worden. Oder zumindest hatte Brian sie das glauben lassen. Jemand muss ihn genommen haben, hatte er
gesagt. Dieser Jemand war er selbst gewesen!
Solange er ihren Pass besaß, konnte sie das Land nicht verlassen. Brian hielt sie hier fest, weil ihr Vater sein kleines Mädchen in Sicherheit wissen wollte. Und Brian war sein treuer Verbündeter.
Ein Geräusch hinter sich ließ Nicky herumfahren. Brian betrat das Zimmer und
verzog das Gesicht.
„Wie ich sehe, hast du ihn entdeckt", bemerkte er trocken. „Ich habe nicht aufgepasst. Geheimnistuerei bin ich nun mal nicht gewöhnt."
„Das ist unerhört!" Nickys Stimme bebte vor Zorn. „Du wusstest genau, dass ich von hier weg wollte!"
Gelassen schob Brian die Hände in die Taschen und betrachtete Nicky. „Genau das wollte ich verhindern."
„Warum?" fuhr sie ihn an. „Damit du eine bequeme Bettgefährtin hast?" Sie lachte spöttisch. „Die hättest du hier anderweitig müheloser finden können."
„Eine so derbe Redeweise ist nicht dein Stil."
Brians überlegene Art brachte Nicky nur noch mehr in Rage. „Woher willst du
wissen, was mein Stil ist? Du hast mich jahrelang nicht gesehen! Warum hast du mich gezwungen, bei dir zu bleiben? Wegen meines Vaters? Sind seine Wünsche wichtiger als meine?"
„Es ging mir hier weniger um die Wünsche deines Vaters."
„Sondern?
„Um meine eigenen. Ich fand, es war Zeit, dass wir beide einige Zeit zusammen verbringen."
„Du hast mich gegen meinen Willen hier festgehalten!" Nicky war fassungslos.
Noch nie hatte Brian sie zu etwas gezwungen. Das wäre gegen seine Prinzipien
gewesen.
„Tut mir leid, dass es gegen deinen Willen geschehen ist", erklärte er ruhig. „Ich
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