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DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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des Hofs, und kein Licht zeigte sich in dem einzigen Fenster. Doch Wilhelmina eilte zur Tür, klopfte an.
    »Es tut mir sehr leid, Albert, dass ich Euch wecken muss«, sagte sie auf Deutsch. »Doch wir brauchen den Wagen – und Sie.«
    »Jetzt? Es ist mitten in der Nacht.«
    Kit blickte zu Cass, die flüsterte: »Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, sie hat sich gerade dafür entschuldigt, dass sie ihn aufgeweckt hat, und ihm gesagt, wir bräuchten das Fuhrwerk. Und sie möchte, dass er es fährt.« Sie lauschte dem folgenden Wortwechsel und fügte hinzu: »Mina hat ihm versprochen, dass sie ihm dreimal so viel bezahlen wird … etwas … Den Rest habe ich nicht verstanden.«
    Der Wortwechsel endete damit, dass Albert ins Innere seines Hauses verschwand, um seine Arbeitskleidung anzuziehen und dann das Pferdegespann und den Wagen vorzubereiten.
    »Er wird es tun«, berichtete Mina, als sie zu Kit und Cass zurückkehrte. »Und er hat keine Fragen gestellt.«
    Engelberts Fuhrwerk war bald bereit – ein großes, kastenförmiges Hochbordgefährt, das heute Nacht von zwei schwerfälligen Stuten gezogen würde. Es war sicherlich viel zu groß für ihre Erfordernisse, doch Wilhelmina erklärte: »Die Torwächter kennen Albert, und sie kennen den Wagen. Und wenn wir uns nahe der Vorderseite des Kastens zusammenkauern und im hinteren Bereich das Stroh spärlich verstreuen, wird das Gefährt leerer erscheinen – falls sich irgendjemand für das Fuhrwerk interessiert.«
    Und genau das taten sie. Sie warfen einige wenige Bündel frisches Stroh in den Kasten, bevor sie selbst hineinkletterten. Kit bedeckte Wilhelmina und Cass mit Stroh in einer Ecke an der vorderen Wand, dann versteckte er sich in der anderen. Er pochte heftig gegen den Kasten, um anzuzeigen, dass sie fertig waren, und der Wagen rumpelte vom Hof und auf die leere Straße. Als sie vor dem Rathaus vorbeikamen, wartete dort Gianni. Zusammengekauert unter dem Stroh, spürten die Passagiere, wie das Gefährt anhielt, und hörten das Gespräch zwischen dem Priester und dem Fahrer. Eine Pause, ein Knallen der Zügel, und der Wagen rollte wieder weiter.
    Kit fühlte, wie sich die Ladefläche leicht neigte, als das Fuhrwerk die lange, abfallende Straße hinunterzufahren begann, die an Prags Haupttor endete. Er hielt die Luft an, als der Wagen an der Wachstube zum Stehen kam. »Still, alle«, hörte er Mina wispern. Es gab ein kurzes Gespräch mit der Nachtwache, und dann drehten sich die Räder erneut und sie waren aus der Stadt heraus. Nachdem eine Zeitspanne verstrichen war, die Kit als angemessen einschätzte, riskierte er einen Blick hinten aus dem Wagen. Doch alles, was er erblickte, waren die dunklen, massigen Umrisse der Außenmauer, die sich wie eine konturenlose Felswand hinter ihm erhob. Es gab niemand anderen auf der Straße, den er von seinem eingeschränkten Blickwinkel aus sehen konnte.
    »Gianni«, rief er mit leiser Stimme. »Dreh dich nicht um. Sag mir einfach, ob du irgendjemanden auf der Straße erblickst.«
    »Ich sehe nirgendwo jemanden, mein Freund«, bekam er ein paar Augenblicke später als Antwort. »Ich glaube, es ist sicher, sodass ihr herauskommen könnt.«
    Die drei tauchten aus ihrem Versteck auf und streiften sich das Stroh aus ihren Haaren und von ihren Kleidungsstücken. Wilhelmina stand auf und führte eine rasche Prüfung der Straße und der Landschaft durch, um sich zu vergewissern, dass sie nicht verfolgt wurden. Sie lehnte sich über den Wagenkasten zwischen dem Fahrer und seinem Sitzbankgefährten, dankte Albert dafür, dass er sie sicher aus der Stadt gebracht hatte, und redete anschließend Gianni auf Englisch an: »Ich hoffe, wir haben dich nicht mit jener Notiz in Angst versetzt. Es tut mir leid, dass wir dir keine ausführlichere Erklärung geben konnten. Ich werde es dir später darlegen.«
    »Du brauchst dir wegen mir keine Sorgen zu machen«, versicherte ihr der Priester. »Wir kennen einander gut genug, glaube ich – und wenn du sagst, dass Gefahr und ein dringender Handlungsbedarf vorliegen, dann glaube ich das und befolge die Anweisungen.«
    »Du bist ein Schatz«, sagte sie zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    Die Passagiere lehnten sich zurück und ertrugen eine Fahrt, bei der man so stark hin und her geschaukelt und gestoßen wurde, dass sich niemand von ihnen entspannen, geschweige denn schlafen konnte. Mit der Zeit tauchte der Mond auf und beleuchtete die Welt mit einem dünnen, wässrigen

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