DSR Bd 4 - Das Schattenlicht
Licht. Die Landschaft wirkte ruhig, und sie hatten die Straße für sich allein. Sie redeten ein wenig, planten Strategien und hielten die ganze Zeit über achtsam Wache. Doch keine Burley-Männer stürzten sich von den Hügeln auf sie herab oder rasten auf Pferden aus der Stadt, um ihrer Flucht Einhalt zu gebieten. Als Albert die Pferde mit den Zügeln zum Halten brachte, waren sie meilenweit außerhalb der Stadt auf dem stillen Lande.
Wilhelmina bezahlte Albert und dankte ihm. Sie ermahnte ihn, niemandem etwas von der Reise zu erzählen, und wartete dann, während das Fuhrwerk wendete und anschließend zurück in Richtung Stadt wegrumpelte. »Der Ley befindet sich jenseits dieses Hügels«, sagte sie. »Es ist derjenige, den ich zuletzt entdeckt habe, und er ist einer der besten; er hat mir allerlei Zeit auf der Strecke nach England erspart. Ihr solltet nicht mehr als einen Tag benötigen, um nach London zu kommen – vorausgesetzt, dass ihr richtig kalibriert.«
Im Licht des Mondes kletterten die vier Reisenden den Hügel hoch; mühelos bewegten sie sich durch die tiefer gelegenen Wiesen zu den höheren Weiden. Die Nacht war still und hell, die Luft kühl, aber nicht unangenehm, und das Spazieren fiel leicht. Wie Mina angedeutet hatte, befand sich der Ley in einer tiefen Falte zwischen zwei Hügeln und verlief von Osten nach Westen. Ein alter Quellstein markierte das eine Ende, und das andere lag einen Kilometer oder mehr von der Stelle entfernt, wo sie standen.
»Das ist er?«, fragte Kit.
»Das ist die Stelle«, bestätigte Wilhelmina.
»Wie merkwürdig«, bemerkte Gianni. »Als ob die Erde sich selbst geformt hat, um diese Linie unterzubringen.« Er ging ein paar Schritte weg, kniete sich nieder und legte seine Hände flach auf den Erdboden. »Oder es ist vielleicht das Werk menschlicher Akteure.« Er schlenderte fort und untersuchte die materielle Manifestation des Leys.
»Okay, wohin also gehen wir von hier aus?« Kit blickte die Linie ihrer Länge nach hinunter. »Gib uns eine Wegbeschreibung.«
»Wenn ihr von der Brunneneinfassung aufbrecht, müsst ihr fünfzig Schritte abzählen und springen«, wies Mina ihn an. »Ihr werdet in einem Wald auf einem Hügelpfad landen, irgendwo an der südlichen polnischen Grenze – was natürlich davon abhängt, in welchem Jahr ihr ankommt. Aber wenn ihr es richtig zeitlich abgestimmt habt, sollte es Polen sein. Dann geht aus den Hügeln heraus in südlicher Richtung, bis ihr zu einer Ebene mit vielen Farmen und kleinen Bauernhöfen kommt. Es gibt eine Straße, die zum Dorf Probdy führt. Die Ley-Linie liegt hinter dem Dorf nach Westen hin; die Straße folgt eine Weile dieser Richtung. Ihr könnt sie nicht verfehlen. Die beste Zeit, um den Sprung durchzuführen, ist der frühe Morgen, obwohl der Ley auch am Abend korrekt funktioniert. Macht den Sprung irgendwo zwischen dem dreiunddreißigsten und dem dreiundvierzigsten Schritt, und ihr werdet auf dem Stane Way landen.« Sie betrachtete Kit und Cass. »Irgendwelche Fragen?«
»Wie hast du nur diesen polnischen Ley gefunden?«, fragte Kit.
»Weil, mein teures Herz, genau das« – sie tätschelte seine Wange – »der Ort ist, wo ich das erste Mal gelandet bin, als du mir zu zeigen versucht hast, wie man einen Ley-Sprung durchführt.« Sie lächelte mit gespielter Ernsthaftigkeit. »Erinnerst du dich an diesen kleinen Vorfall?«
»Sollte es mir möglicherweise jemals erlaubt sein, es zu vergessen?«
»Was ist mit euch beiden?«, erkundigte sich Cass.
»Wir werden entlang der Linie zum anderen Ende des Leys gehen und von dort unseren Sprung machen. Das wird uns in die Nähe eines anderen Leys bringen, der zu den Südalpen führt. Von dort können wir eine Postkutsche nach Italien nehmen und uns runter nach Rom vorarbeiten.«
Wilhelmina öffnete die Blechdose und teilte das Geld auf; in jede ausgestreckte Hand ließ sie Münzen fallen. »Da«, sagte sie und schloss den Deckel mit einem lauten Geräusch. »Gebt das nicht alles an einem Ort aus.«
Kit schaute auf seine Hand voll Geld: Es gab Silbermünzen verschiedener Größen, und auch ziemlich viele Goldmünzen waren daruntergemischt. »Warum fühle ich mich wie ein Schuljunge, dem gerade sein Essensgeld überreicht worden ist?«
»Für das Essen und noch einiges mehr«, erwiderte Mina. »Das sollte ausreichend sein, um euch rund um die Welt zu bringen und wieder zurück – mit übrig gebliebenen Wechselgeld. Ihr werdet überrascht sein, wie weit ihr damit
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