DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Tony nüchtern. »Kurz zusammengefasst.«
    »Alles im Universum, bekannt und unbekannt, wird vollkommen und restlos zerstört«, sagte Brendan, der zustimmend nickte. »Ja, so würde ich das verstehen.«
    Tony lächelte unfroh. »Mein Freund, Sie denken einfach nicht groß genug.«
    »Klären Sie mich auf.« Sie setzten langsam ihren Spaziergang fort und gingen nun zur Zentrale der Zetetischen Gesellschaft zurück; ihr Weg wurde jetzt beleuchtet von dem unregelmäßigen Licht, das sich aus nahe gelegenen Fenstern ergoss.
    »Wenn ein Wissenschaftler über EVA spricht, redet er über etwas, das weitaus größer als bloße Zerstörung ist«, erklärte Tony. »Zerstörung impliziert Schäden, Abriss, Trümmer – es gibt Rückstände und Kleinteile von übrig gebliebenem Material, zusammen mit Energie, Licht, Wärme, Klängen und dergleichen. Dies lässt irgendeine Möglichkeit zu, wie klein auch immer, um etwas wiederherzustellen oder wiederaufzubauen – wie zum Beispiel im Anschluss an ein Erdbeben oder einen Tornado. Doch bei einer Annihilation gibt es nichts, was übrig geblieben ist. Sämtliche Materie – jedes einzelne Molekül und Atom ebenso wie Energie, Licht, Wärme und der Rest … Alles, was jemals existiert hat, wird in der ultimativen Katastrophe vernichtet.«
    »Einschließlich der Zeit?«, fragte Brendan.
    »Ganz gewiss einschließlich der Zeit und des Raums. Welche Zukunft auch immer hätte sein mögen – sie ist ausgelöscht. Die Gegenwart kommt zum Stillstand, und die Vergangenheit trennt sich auf und zerstreut sich wie Nebel im Wind.« Er vollführte luftige Gesten mit seinen Händen. »Es gibt verschiedene Theorien darüber, wie die Zeit während der Katastrophe beeinträchtigt werden könnte«, fuhr er nach einem Moment fort. »Einige vermuten, dass sich der Lauf der Zeit umkehrt wie ein Fluss, der plötzlich seinen Kurs ändert, und wir alle leben unser Leben rückwärts bis zum Moment des Big Bang. Andere denken, dass die Zeit sich einfach verflüchtigt wie ein Wassertropfen, der auf ein heißes Eisen fällt. Niemand weiß wirklich, was für eine Form es annehmen würde, doch die meisten stimmen darin überein, dass die gesamte Zeit – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – aufhören würde … zusammen mit allem anderen, das beim ersten Moment der Schöpfung ins Dasein gekommen ist. Denken Sie an all die Galaxien und Sternensysteme, die sich in eine alles verschlingende Leere hineindrehen: Das Licht schaltet sich ab; die Wärme verflüchtigt sich zu einer unbeschreiblichen Kälte; das gesamte Energiespektrum strömt weg und endet; jedes einzelne Photon ist plötzlich von einem Augenblick zum anderen fort; alle Atomteilchen – selbst jene im Quantum-Vakuum – verschwinden nacheinander mit ständig zunehmender Geschwindigkeit; die Felsen und Bäume und Ozeane und die Erde unter unseren Füßen lösen sich auf, und jedes einzelne Ding oder Wesen – unsere Körper ebenfalls – fliegt in seinen molekularen Bestandteilen auseinander, und diese Moleküle wiederum verpuffen einfachen ins Nichts … Alles kehrt zu der urzeitlichen Leere zurück, aus der es im Augenblick der Schöpfung entsprungen ist. Schlimmer noch – es würde bewusste, lebende, atmende, denkende Wesenheiten geben, die zuschauen, wie diese Vernichtung geschieht, und deren unvorstellbare Schrecknisse erleiden.« Tony schüttelte den Kopf über die Größenordnung dieses Schreckens. »Wir würden leben, um Augenzeugen unserer eigenen Auslöschung zu sein.«
    In der Stille, die dieser grauenvollen Verkündigung folgte, holte Brendan Luft und ließ sie langsam ausströmen. »Wenn man es so darstellt«, sagte er, »scheint ›Katastrophe‹ ein Wort zu sein, das nicht groß genug ist, um das alles zu bezeichnen.«
    »Bei Weitem nicht«, stimmte Tony ihm zu. »Glücklicherweise gibt es keine eindeutigen Beweise, dass die nach außen gerichtete Expansion des Universums sich verlangsamt.«
    Brendan sagte nichts. Tony warf einen seitlichen Blick auf seinen hoch aufgeschossenen Gefährten, der weit in die Ferne zu starren schien. Als wären seine Augen auf eine entfernt liegende und eindeutig verstörende Aussicht fixiert.
    Als ob er dazu gezwungen wäre, behauptete Tony beharrlich: »Die besten wissenschaftlichen Beweise, die wir aufgrund genauer und kontinuierlicher Beobachtung haben, zeigen auf, dass die Ausdehnung des Universums sich mit voller Geschwindigkeit fortsetzt – trotz anderslautender Gerüchte.«
    »Und sie wird sich