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DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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und über die Reben sowie die sanften Hügel dahinter blickte, die im blauen Morgendunst eingehüllt waren, erfasste er den Geruch von Rauch in der Luft. Das war überhaupt nicht ungewöhnlich, da die meisten Leute in der Gegend über Holzkohle kochten und Olivenholz sowie alte Weinstockabfälle benutzten, um ihre Öfen zu befeuern. Aber dieser Geruch besaß eine andere, dunklere Eigenart, die Douglas für nicht unerheblich hielt.
    Nach kurzer Zeit spähte die Sonne über die östlichen Hügel wie ein geschwollenes rotes Auge. Und immer noch nicht waren die Wachen aufgetaucht. Obwohl Douglas nur mit der dünnen Tunika bekleidet war, in der er schlief, verließ er den Säulenvorbau und ging ein kurzes Stück den Pfad hinunter; doch er sah niemanden kommen. Die unnatürliche Ruhe, die das Land durchdrang, blieb bestehen; wenn überhaupt, hatte sie sich verstärkt zu einer anwidernden, beinahe erstickenden Schwüle. Die Luft fühlte sich bleiern, tot, dick an – wie Sirup.
    Vor der Küste musste ein Sturm sein, befand Douglas, und kehrte zum Haus zurück. Er stieg die Stufen des Säulenvorbaus hoch, und als er seine Hand nach der Tür ausstreckte, hörte er einen Ruf – einen kurzen, scharfen Schrei, der kein Wort wiedergab. Er kam aus der Ferne, klang jedoch schroff in der alles durchdringenden Stille. Instinktiv wandte er sich dem Geräusch zu und hielt inne, um zu lauschen. Jener Schrei wiederholte sich nicht. Doch als Douglas die Tür zum kleinen Gästehaus öffnete, erreichte ihn ein weiterer Ruf: von einer anderen Stimme, die viel näher war.
    Douglas machte eine Kehrtwende und schritt erneut den Pfad hinunter. Diesmal ging er bis zur Residenz des Königs – er traf niemanden auf dem Weg dorthin an. Dann begann er, die lange zeremonielle Allee hinunterzumarschieren, die zur Hauptstraße am Fuße des Hügels führte. Er konnte einen Abschnitt dieser Straße sehen, während er zwischen den Zypressen auf beiden Seiten der Allee hindurchging. Selbst als er genau hinsah, erblickte er bloß eine Gestalt auf dem einzig sichtbaren Straßenteil: Sie bewegte sich schnell, ein flüchtiger Eindruck – und dann war sie fort.
    Bevor er drei weitere Schritte gemacht hatte, sah er noch zwei Menschen. Wie der erste schauten sie weder nach rechts noch nach links und eilten nach Westen in Richtung Meer. Das andere, was Douglas bemerkte, war: Je näher er zur Straße kam, desto stärker war der Rauchgeruch.
    Als er auf der Straße eintraf, schaute er in die Richtung, in die die fliehenden Gestalten gelaufen waren. Die erste Person war um eine Straßenbiegung verschwunden, die von den zwei anderen gerade erreicht wurde. Als Douglas sich in die entgegengesetzte Richtung drehte, war er erstaunt und ein wenig entsetzt über das, was er sah: Ein Dutzend Leute oder mehr rannten auf ihn zu – Männer, Frauen, Kinder und Familienverbände. Sie rannten, so schnell sie konnten – leise, doch mit sichtbarer Dringlichkeit. Hinter ihnen verdunkelte eine sich am Boden ausbreitende Wolke die Luft über der Straße: eine schmutzige, graubraune Rauchwolke, die den Himmel befleckte.
    Die Wolke war etwas weiter nördlich entfernt und entwickelte sich langsam. Douglas benötigte einen Moment, bevor er begriff, dass er auf Rauch blickte. Der grässliche Gestank nach heißem Teer, der dieser Erkenntnis folgte, ließ auch den letzten nachklingenden Zweifel verschwinden. Er eilte den Leuten auf der Straße entgegen und rief ihnen zu, als sie in Hörweite kamen. »Was ist? Was ist?«, schrie er in seinem unterentwickelten Kauderwelsch-Etruskisch.
    Die erste Gruppe hetzte in größter Eile an ihm vorbei; sie schauten auf ihn, gaben sich aber nicht die Mühe, ihm zu antworten.
    Ein weiteres Grüppchen fliehender Leute erreichte ihn. »Was ist?«, rief er und zeigte dabei auf die schmutzige Rauchwolke. »Feuer?«
    »Ja, Feuer!«, erwiderte ein alter Mann. Hastig warf er einen Blick hinter sich und gestikulierte wild in diese Richtung. »Es sind die Latiner!«
    Bevor Douglas herausfinden konnte, was der Mann mit solch einer Aussage meinte, war der Alte verschwunden und ließ einen nachdenklichen Fragesteller zurück. Douglas sann über die Bedeutung der Worte nach. Die Latiner … was? Dann kam er darauf, und er verfluchte seinen langsamen Verstand. Die Römer kamen.
    Bevor die nächste Gruppe verängstigter Flüchtlinge seinen Verdacht bestätigen konnte, rannte Douglas bereits die lange Allee hoch, um zum Gästehaus zurückzukehren. Als er am

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