DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead

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beginnt es, sich zusammenzuziehen.«
    Hier hielt er inne, um festzustellen, dass der größte Teil seiner kleinen Zuhörerschaft mit seinen Darlegungen mitkam. »Verständlicherweise ist diese Entdeckung sehr besorgniserregend, und mehr Daten werden gesammelt werden müssen im Verlauf der nächsten Wochen und Monate. Doch die ersten Anzeichen weisen darauf hin, dass wir vielleicht ein noch nie dagewesenes Phänomen bezeugen können. Mit anderen Worten: Die sich ständig beschleunigende Ausdehnung des Universums, die wir in den vergangenen rund fünfzehn Jahren gemessen haben – die es jedoch in den vergangenen fünfzehn Milliarden Jahren gegeben hat –, verlangsamt sich letztendlich möglicherweise. Wenn dies nicht eingedämmt wird, könnte dies eine Umkehrung der Expansion auslösen. Das wiederum könnte etwas zur Folge haben, das man euphemistisch als Big Crunch bezeichnet – eine armselige Wortwahl für das, was in Wirklichkeit nichts weniger als die vollständige Annihilation des Universums und der gesamten erschaffenen Ordnung ist. Alles, was existiert oder jemals existiert hat, wird ausgelöscht sein.« Seine Stimme verstummte allmählich. »Die Existenz selbst wird aufhören …«
    Es würde das Ende von allem sein.
    Mehr gab es nicht zu sagen.

DREIUNDDREISSIGSTES KAPITEL

    D as Wadi war beinahe so, wie Charles es sich vorgestellt hatte: eine trockene Rinne, hineingeschnitten in den festen Kalkstein im Laufe von Äonen durch den Wasserabfluss von den umliegenden Hügeln. Es war jedoch viel tiefer, als er es erwartet hatte. Die sich sanft wellenden Wände erhoben sich auf beiden Seiten wie gigantische Vorhänge in großen Biegungen aus gestreiftem Felsgestein zu einer Höhe von zwanzig Metern oder mehr. An einigen Stellen allerdings türmten sich die Wände zu einer Höhe von dreißig Metern über dem Wadi-Boden. Die Breite variierte ebenfalls: Manchmal war die Kluft so eng, dass die Männer und die mit Fracht beladenen Esel im Gänsemarsch gehen mussten. An anderen Stellen weitete sich der Gang zu einer Breite, bei der eine Armee mit jeweils zehn Mann nebeneinander hätte hindurchmarschieren können. Die engen Stellen waren Regionen kühlen Schattens; die breiteren Bereiche, wo die Sonne bis hinunter zum Talboden gelangte, waren erdrückend heiß. Die Luft rührte sich kaum in dem Wadi.
    Einige der frühesten Erinnerungen von Charles waren mit der Geschichte der Meisterkarte verbunden – und damit, wie sie nach Ägypten zurückgebracht worden war, um mit ihrem Besitzer »in dem Wadi-Grabmal, wo drei Arme zusammenliefen«, wiedervereint zu werden. Es war nun nicht mehr weit zu gehen, und als er seine kleine Expedition durch den sich schlängelnden Gang des Wadis führte, hoffte er verzweifelt, dies würde ausreichen.
    Als die Expedition tiefer in die Schlucht eindrang, kam sie immer häufiger an merkwürdigen viereckigen Nischen vorbei, die in den weichen Stein geschlagen waren. Einige von ihnen hatten ober- oder unterhalb der Vertiefung Inschriften in einer Sprache, die Charles nicht kannte; andere wiederum waren mit merkwürdigen Bildern verziert: geflügelte Tiere und Menschen, Granatäpfel, Köpfe ohne Körper mit überdimensionierten Augen, geflochtene Schnüre, die Umrisse von Blumen – oder bedeutungslose abstrakte Zeichnungen mit zickzackförmigen Blitzen oder Streifen von Wellenlinien. Während sie diesen Bereich, der sich in eine nicht enden wollende Galerie verwandelt hatte, weiter entlanggingen, wurden die in Stein gehauenen Alkoven aufwändiger: Sie waren noch reicher verziert, oft mit menschlichen Figuren in Togen oder fließenden Gewändern. Die meisten dieser Nischen trugen Inschriften in Latein, und aus ihnen leitete Charles die Vermutung ab, dass es sich um Gräber oder Gedenkstätten verstorbener Aristokraten der römischen Besatzung handelte.
    Weiter marschierten sie und legten zur Mittagszeit eine Pause ein, um zu essen und in den schattigen Plätzen zu rasten, die durch die Ränder überhängender Felsen entstanden. Diese kühlen Stellen gab es so lange, bis die Sonne weiter über die Schlucht hinwegzog und die Schatten begannen, die Wände des Wadis hochzuschleichen. Nicht lange nachdem sie ihren Marsch fortgesetzt hatten, erreichten sie einen Ort, der zu der Lagebeschreibung passte, die Charles von seinem Vater im Verlaufe von Jahren erhalten hatte. Und Charles wusste es in dem Moment, als er die Stelle erblickte.
    Seit einiger Zeit hatte er die geradeaus vor ihnen stehende Wand