Du bist mein Stern
Sie erinnert mich ein wenig an eine Zigeunerin, aber das sage ich Christian nicht, obwohl ich es eigentlich als Kompliment meine.
»Wie war denn Johnnys Mutter?«, frage ich plötzlich.
»Groß, schlank, blond. Und sehr warmherzig und nett. Sie und meine Mum waren übrigens gut befreundet.«
»Sie kennt Johnny also schon seit seiner Kindheit?«
Christian lächelt. »Ja, als er noch der ganz normale Johnny Sneeden war.«
»Wie findet sie, was aus ihm geworden ist?«
Christian schiebt seine Unterlippe vor und zuckt die Achseln. »Sie findet’s in Ordnung, nehme ich an.«
»Glaubt sie, dass seine Mutter enttäuscht von ihm wäre?«
»Nein. Seine Mum hat ihn über alles geliebt. Sie wäre mit Sicherheit stolz auf ihn gewesen.«
»Johnny scheint das nicht zu finden«, sage ich traurig.
»Ich weiß.« Christian lehnt sich an eine Wand und sieht auf die Tanzfläche.
»Ich hab bei dem ganzen verfluchten Lärm kein Auge zugetan. Konntest du schlafen?«, fragt mich Christian am nächsten Morgen, als wir Seite an Seite im Bett liegen. Sein Dad und die schwedische Truppe haben fast die ganze Nacht unten im Wohnzimmer weitergetrunken.
»Dein Dad stellt sogar Johnny in den Schatten.« Ich kichere verlegen, während ich auf Christians Reaktion warte. Aber er lacht nur.
»Hast du auch Lust auf eine Tasse Tee?«
»Ich weiß nicht, ob ich mich das traue.« Ich erinnere ihn daran, dass er mir mal erzählt hat, dass seine Mutter die Küche als ihr alleiniges Reich betrachtet und dass da sonst niemand rein darf.
»Sie ist ohnehin bestimmt schon längst auf und hat das volle Programm aufgefahren, um bei dir Eindruck zu schinden.«
»Sie glaubt aber nicht wirklich, dass wir zusammen sind, oder?«, frage ich noch mal nach.
»Ehrlich gesagt, glaub ich schon. Besonders nach dem hier.« Er zeigt auf das Bett, in dem wir liegen. »Aber du solltest das ausnutzen. Ihr selbstgemachter Früchtetoast ist ein Traum. Und wenn sie dir imponieren will, hat sie garantiert welchen gemacht. Komm, wir gehen runter.«
»Ich kann doch nicht im Pyjama nach unten!«
»Natürlich kannst du. Du siehst prima aus. Komm schon.«
Widerstrebend folge ich ihm.
Kaum haben wir Christians Zimmer verlassen, steigt mir der Duft von frisch gebackenem Brot in die Nase. Ich sehe ihn entzückt an. »Mmmmh!«
»Warte erst, bis du es probiert hast!«
»Guten Morgen!«, flötet seine Mum. Ich glaube nicht, dass sie gestern Abend viel getrunken hat. Sein Dad dagegen ist nirgends zu sehen. »Möchtest du eine Tasse Tee, Megan?«
»Ja, gerne«, antworte ich.
»Sie heißt einfach nur Meg, Mum«, korrigiert Christian sie.
»Aber du nennst sie doch auch Megan«, verteidigt sie sich.
»Nur aus Spaß.«
»Was ist denn daran lustig?«, fragt sie zurück.
Christian wendet sich an mich. »Stimmt, eigentlich ist da gar nichts lustig dran. Warum nenne ich dich noch gleich Megan?«
Ich zucke mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
»Also dann Meg. Mum, bekommen wir bitte, bitte Früchtetoast? « Er klingt wie ein kleiner Junge. Ich kann mir richtig vorstellen, wie der kleine Johnny am Tisch neben ihm sitzt.
»Ach du … «, spottet sie, steckt aber trotzdem vier Scheiben in den Toaster. »Also Megan – Meg«, verbessert sie sich, »was machen Sie denn jetzt? Christian sagt, Sie arbeiten nicht mehr für Johnny, ist das richtig?«
»Ja, stimmt. Ich kellnere im Moment in einem privaten Club.«
»Aha. Und wie war das so, für den kleinen Johnny zu arbeiten?«
Ich versuche, nicht über die Bezeichnung »klein« zu grinsen, denn Johnny ist alles andere als klein.
»Gut«, antworte ich.
»Mum, sei nicht so indiskret«, mahnt Christian.
»Wieso? Sie kann mir doch davon erzählen, wenn sie will!«
»Sie möchte aber nicht, Mum. Sie ist nur höflich.«
»Sie sind doch nicht nur höflich, oder, Megan? Meg?«
»Ähm, nein?« Ich versuche mich aus der Affäre zu ziehen.
»Und wann habt ihr euch kennengelernt?«, fragt sie uns beide. Der Themenwechsel lässt mich erleichtert aufatmen, doch dann geht mir auf, in welche Richtung sie jetzt steuert.
Christian verdreht die Augen. »Mum! Hör auf damit! Meg und ich sind nicht zusammen!«
Sie schnieft. »Ach, ich finde, ihr seid so ein schönes Paar.«
Aus Februar wird März, die Tage werden langsam länger, und ich lebe mich wieder in London ein und finde auch meine innere Ruhe wieder. Es ist toll, mit Christian zusammenzuwohnen. Er ist so nett und so entspannt. Wann immer die Arbeit es zulässt, essen wir
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