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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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Richard sich vorbeugte, um Julie zu küssen, war Henry zu ihm getreten.
    »Den Eindruck hatte ich«, bestätigte Henry.
    »Sie kennen sich doch noch nicht mal.«
    »Jetzt schon.«
    »Danke, Henry. Du baust mich richtig auf.«
    »Soll ich dich anlügen?«
    »Momentan wär mir das fast lieber«, murmelte Mike. »Na gut«, sagte Henry nach kurzem Nachdenken. »Der Kerl ist echt hässlich.«
    Mike schlug wortlos die Hände vors Gesicht.
    Im Salon trat Julie wieder zu ihrer Kundin.
    »Ich dachte schon, Sie hätten mich vergessen«, sagte die Frau vorwurfsvoll und ließ ihre Illustrierte sinken.
    Julie prüfte erneut an ein paar Haarsträhnen die Farbe. »Entschuldigung, aber ich hab die Uhr im Auge behalten. Es dauerte noch ein paar Minuten.«
    »Die Strähnchen werden doch diesmal heller als beim letzten Mal, oder?«
    »Auf jeden Fall.«
    Die Frau ließ sich weiter über die genaue Farbe aus, die ihr vorschwebte. Julie hörte zwar, dass sie redete, schenkte ihren Worten jedoch keine Beachtung. Stattdessen dachte sie an Richard und daran, was eben vor der Tür vorgefallen war.
    Er hatte sie geküsst.
    Das war natürlich keine große Sache. Doch aus irgend einem Grund musste sie ständig daran denken und wusste nicht recht, was sie empfand. Wie es geschehen war, war so… so… ja, was so?
    Forsch? Überraschend?
    Julie ging zum Waschbecken, um das richtige Shampoo auszusuchen, und grübelte immer noch darüber nach, als Mabel zu ihr trat.
    »Hab ich eben richtig gesehen?«, fragte sie. »Hast du ihn etwa geküsst?«
    »Eigentlich hat er mich geküsst.«
    »Besonders glücklich siehst du jetzt aber nicht aus.« »Ich weiß nicht, ob ›glücklich‹ das richtige Wort ist, um mein Gefühl zu beschreiben.«
    »Wieso?«
    »Keine Ahnung«, sagte Julie. »Es schien nur so…« Ihre Stimme verlor sich, während sie nach dem passenden Wort suchte.
    »Unerwartet?«, schlug Mabel vor.
    Julie dachte nach. Er
war
zwar forsch gewesen, aber zu weit war er eigentlich nicht gegangen. Und sie
fand
ihn ja attraktiv, sie
hatte
ja eingewilligt, mit ihm auszugehen, also war überraschend wohl auch kaum das passende Wort. Und sie wusste auch, dass sie dies alles kein bisschen in Frage gestellt hätte, wenn er es nach ihrem Treffen kommenden Samstag getan hätte. Dann wäre sie womöglich sogar beleidigt gewesen, wenn er
nicht
versucht hätte, sie zu küssen.
    Warum also kam es ihr vor, als hätte Richard eben eine Grenze überschritten, ohne sie um Erlaubnis zu bitten?
    Julie zuckte mit den Schultern. »Unerwartet ist wohl das richtige Wort.«
    Mabel musterte sie kurz. »Nun, ich würde sagen, das heißt, er hat sich am Samstag genauso gut amüsiert wie du«, sagte sie. »Obwohl mich das nicht besonders wundert. Offenbar macht er dir jetzt nach allen Regeln der Kunst den Hof.«
    Julie nickte bedächtig. »Schon möglich.«
    »Schon möglich?«
    »Er hat mir auch eine Karte in den Briefkasten gesteckt. Ich fand sie heute früh.«
    Mabel zog die Augenbrauen hoch.
    »Findest du das übertrieben?«, fragte Julie. »Dafür, dass ich ihn gerade erst kennen gelernt habe?«
    »Nicht unbedingt.«
    »Aber vielleicht doch?«
    »Ach, wer weiß. Ich kann nur sagen, willkommen in der wunderbaren Welt des Dating. Da wird einem wenigstens nie langweilig, stimmt’s?«
    Richard hatte schon lange nicht mehr laut gelacht, und in seinem Wagen klang es besonders laut.
    Er ist eifersüchtig,
hatte Julie über ihren Hund gesagt, als hielte sie ihn für einen Menschen. Süß.
    Sie hatten einen wunderbaren Abend verlebt. Sicher, er hatte ihre Gesellschaft genossen, aber was ihm die meiste Bewunderung abnötigte, war ihre Unverwüstlichkeit. Sie hatte ein schweres Leben gehabt, die meisten Menschen wären darüber verbittert geworden oder zornig, aber davon hatte er bei ihr keine Spur bemerkt.
    Außerdem war sie bezaubernd. Wie sie ihn mit geradezu kindlicher Aufregung angelächelt hatte, und wie sie mit sich rang, ob sie die Pläne mit ihren Freunden über den Haufen werfen sollte… Ihm war, als könne er sie stundenlang betrachten, ohne sich je an ihr satt zu sehen.
    Ich hab mich Samstagabend gut amüsiert,
hatte sie gesagt.
    Das hatte er schon vermutet, aber um Gewissheit zu erlangen, hatte er sie unbedingt sehen müssen. Am Morgen nach einem wunderschönen Abend zu zweit konnten die Gedanken auf Abwege geraten. All die Fragen, die Unruhe, die Zweifel… Hätte er lieber dies tun, lieber jenes sagen sollen? Am Sonntag hatte er das Treffen noch einmal in allen

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