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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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bist du nach Cleveland gegangen? Gefällt’s dir da?«
    »Es ist okay, aber viel bin ich nicht dort. Meistens muss ich zu den Baustellen fahren, so wie jetzt. Wenn das Projekt hier abgeschlossen ist, weiß ich nicht, wo ich als Nächstes lande.«
    »Das ist bestimmt manchmal schwer.«
    »Ja, manchmal schon, besonders, wenn ich in Hotels wohnen muss. Dieses Projekt ist nett, weil ich ein Weilchen hier sein werde und etwas zur Miete gefunden habe. Und natürlich, weil ich das Glück hatte, dich kennen zu lernen.«
    Während er redete, fiel Julie auf, wie viele Parallelen es in ihren Leben zu geben schien, angefangen damit, dass sie als Einzelkinder von alleinstehenden Müttern aufgezogen worden waren bis hin zu dem Entschluss, an einem anderen Ort neu anzufangen. Und obwohl ihre Ehen unterschiedlich geendet hatten, ließ etwas in seinem Tonfall darauf schließen, dass
er
derjenige war, der verlassen wurde, und dass er mit echten Verlustgefühlen zu kämpfen gehabt hatte. Seit Julie in Swansboro lebte, hatte sie noch niemanden kennen gelernt, der verstehen konnte, wie einsam sie sich manchmal fühlte. Besonders an Feiertagen, wenn Mike und Henry zu ihren Eltern fuhren oder Mabel ihre Schwester in Charleston besuchte.
    Aber Richard wusste, wie das war, und Julie empfand eine aufkeimende Seelenverwandtschaft mit ihm, ungefähr wie Reisende in einem fremden Land sich fühlen mochten, wenn sie erfuhren, dass die Leute am Nebentisch aus einer Stadt ihres Heimatstaates kamen.
    Der Abend verstrich, und am dunkler werdenden Himmel blinkten schon die Sterne. Julie und Richard ließen sich Zeit beim Essen. Zum Abschluss bestellten sie Kaffee und teilten sich ein Stück Key Linie Pie, dem sie von beiden Seiten zu Leibe rückten, bis nur noch ein Scheibchen übrig war, das sie liegen ließen.
    Als sie schließlich aufbrachen, war es immer noch warm. Überrascht stellte Julie fest, dass Richard ihr weder seine Hand noch den Arm bot. Ob er sich wohl zurückhielt, weil er das Gefühl hatte, sie mit dem Kuss Anfang der Woche überrumpelt zu haben? Oder ob es ihm unangenehm war, dass er ihr so viel von seiner Vergangenheit erzählt hatte? Der kleine Leckerbissen über seine frühere Ehe war wie aus heiterem Himmel gekommen, und sie fragte sich, warum er das nicht schon beim ersten Treffen erwähnt hatte, als sie ihm von Jim erzählte.
    Doch die Menschen waren nun mal verschieden, wenn es darum ging, über die Vergangenheit zu sprechen, sagte sie sich. Und außerdem merkte sie nun, da sie langsam vertrauter miteinander waren, dass sie diese Verabredung mindestens so sehr genoss wie die erste. Es war nett – nicht gerade weltbewegend, aber auf jeden Fall nett. Als sie an der Kreuzung stehen blieben, sah Julie Richard an. Ich mag ihn, dachte sie. Ich bin nicht verrückt nach ihm, ich werde mich später leichten Herzens von ihm verabschieden können, aber ich mag ihn. Und das reicht mir erst mal.
    »Tanzt du gern?«, fragte sie.
    »Wieso? Möchtest du tanzen gehen?«
    »Falls du auch Lust hast…«
    »Ach, ich weiß nicht. Ich tanze nicht so gut.«
    »Na los«, sagte sie. »Ich kenne einen tollen Laden.«
    »Ganz sicher? Wir finden bestimmt auch ein Lokal, wo wir nur was trinken können.«
    »Wir haben doch schon stundenlang gesessen. Ich hätte jetzt gern noch etwas Spaß.«
    »Findest du den Abend bis jetzt etwa nicht unterhaltsam?«, fragte Richard und spielte den Gekränkten. »Und dabei hab ich mich so gut amüsiert!«
    »Du weißt, was ich meine. Hör zu, ich bin auch keine besonders gute Tänzerin, also verspreche ich dir, nichts zu sagen, wenn du mir auf die Füße trittst. Ich werde nicht mal zusammenzucken.«
    »Leiden, ohne zu klagen?«
    »Das ist das Los der Frauen, nicht wahr?«
    »Okay«, sagte er, »ich verlass mich auf dein Wort.«
    Julie lachte und deutete mit dem Kopf auf sein Auto. »Los geht’s.«
    Richard hörte ihr Lachen gern.
    Sie ist eine vorsichtige Frau, fand er. Ein Kuss, und schon schien sie skeptisch zu werden. Doch wenn man ihr die Führung überließ, ließ die Vorsicht offenbar nach. Eins jedoch stand außer Frage: das Mitgefühl in ihrem Gesicht, als sie feststellte, wie ähnlich sie einander waren.

Kapitel 6
    D er Sailing Clipper war eine Kneipe wie viele andere in den Küstenstädten: mit schummriger Beleuchtung, nach Moder, Zigaretten und schalem Bier miefend und beliebt bei einfachen Arbeitern, die sich an der Theke drängten und ein Budweiser nach dem anderen bestellten. An der Rückwand gab es

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