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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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schlechtem Gewissen hatten Emma und Henry versprochen, dafür abends mit ihnen Pizza essen und ins Kino zu gehen. Mike musste bis acht im Clipper sein, um der Band beim Aufbauen zu helfen. Julie wollte erst gegen zehn hingehen, um ihn spielen zu hören, vorher wollte sie sich ein wenig hinlegen. Das Bier und die Sonne hatten sie müde gemacht.
    Julie warf sich ein Hemd über. Als sie gerade ihre Shorts hochzog und Richtung Strand sah, hatte sie das Gefühl, dass irgendetwas nicht ins Bild passte. Doch trotz genauerem Hinsehen war nicht auszumachen, was. Die Hand über die Augen gelegt, ließ Julie den Blick über die Boote schweifen, dann am Wasser entlang, dann über die Leute am Strand.
    Es war dort. Irgendwo dort war es.
    Und was es auch sein mochte, es passte nicht ins Bild. Stirnrunzelnd spähte Julie noch einmal genauer hin, bis sie endlich entdeckte, was sie soeben hatte stutzen lassen. Und sie hatte Recht. Es passte nicht in dieses schöne Bild von einem heißen Tag am Strand.
    Verdutzt ließ sie die Hand sinken.
    Jemand in Jeans und dunkelblauem Hemd stand bei den Dünen, mit einem… ja, was? Einem Fernglas? Teleskop? Das konnte sie nicht erkennen, aber es war auf das Boot gerichtet.
    Auf
sie.
    Als der Mann das Gerät sinken ließ, wurde Julie plötzlich flau im Magen. Ganz kurz hoffte sie, sich getäuscht zu haben. Doch dann, als wüsste er genau, was ihr durch den Kopf ging, winkte der Mann ihr zu. Sein Arm schwang langsam hin und her, wie das Pendel einer Standuhr.
Ich bin hier,
schien es zu besagen.
Ich bin immer hier.
    Richard.
    Julie spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich, sie schnappte nach Luft, den Handrücken vor den Mund gepresst, und schloss unwillkürlich die Augen.
    Als sie sie wieder öffnete, war Richard verschwunden. Sie schrie auf und starrte hinüber. Nichts. Nirgends eine Spur von ihm. Als wäre er nie da gewesen.
    Mike hatte sie gehört und war gleich zu ihr geeilt. »Was ist denn los?«, fragte er.
    Julie starrte nach wie vor zum Strand. Doch nachdem sie weder Richard noch sonst etwas Ungewöhnliches entdekken konnte, kuschelte sie sich in Mikes Arm. »Nichts«, sagte sie.
    Es war wohl nur Einbildung, dachte sie. Unmöglich, dass er es wirklich war. Niemand konnte sich so rasch bewegen.
    Niemand.
    Mike brachte Julie heim. Sie ging schon ins Haus, während er in der Auffahrt noch ihre Sachen auslud. Singer folgte ihr, und als sie ihre Tasche auf die Anrichte in der Küche gelegt hatte, stellte er sich auf die Hinterbeine, um sie zu begrüßen. Sie versuchte gerade, seine schlabbernde Zunge abzuwehren, als sie das Blinken ihres Anrufbeantworters entdeckte. Eine Nachricht.
    Sie stieß Singer fort. Er landete wieder auf allen vieren und trottete zur Tür hinaus, vermutlich, um Mike zu begrüßen. In der Küche summte der Kühlschrank. Eine zornig brummende Fliege prallte immer wieder gegen die Fensterscheibe. Nichts davon hörte Julie. Auch Mike oder Singer nicht, nicht einmal ihren eigenen Atem. Einzig den Anrufbeantworter nahm sie wahr. Das Blinken wirkte unheilvoll, hypnotisch.
    Spiel mich ab,
schien es zu locken.
Spiel mich ab…
    Einen Moment lang schien der Boden unter ihren Füßen zu schwanken, und Julie war wieder auf dem Boot, den Blick zum Strand gerichtet. Er hat mir zugewunken, dachte sie. Er hat mich beobachtet, und jetzt hat er angerufen, um mir das mitzuteilen.
    Sie schüttelte den Kopf. Blödsinn. Er war nicht dort gewesen. Ihre Augen hatten ihr einen Streich gespielt, weil sie zu viel Bier getrunken hatte und ihre Nerven überreizt waren.
    Der Anrufbeantworter blinkte.
    Na los, dachte Julie, reiß dich zusammen. Jeder könnte dir auf das Band gesprochen haben, wo ist das Problem? Also geh jetzt hin und drück auf den Knopf. Drück einfach den Knopf und überzeug dich, wie albern deine Ängste sind.
    Doch sie schaffte kaum die Schritte bis zum Telefon. Ihr Magen war verkrampft, die Beine schwer wie Blei. Endlich hob sie die Hand – und zögerte immer noch, den Finger auf die Abspieltaste zu legen.
    Spiel mich ab…
    Sie schloss die Augen, atmete schwer. So sehr sie sich auch bemühte, tapfer und vernünftig zu sein, so sehr sie sich einredete, dass sie das Ganze maßlos aufbauschte – die Angst wurde langsam übermächtig. Bitte, dachte sie, nicht schon wieder diese Stille. Lass mich eine Stimme hören. Irgendeine Stimme – außer seiner.
    Mit zitternder Hand drückte sie den Knopf.
    Zunächst blieb es still, und Julie hielt unwillkürlich den Atem an. Dann war

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