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Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Saalfrank
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gehen? Entweder geht Max nach draußen und spielt dort weiter. Oder er wird ärgerlich und kommt der Aufforderung der Eltern nicht nach. Dann wäre ein Konflikt zu lösen. Eines wird jedenfalls nicht passieren, nämlich dass Max sich an seine Eltern wendet und sagt: »Ja, liebe Eltern. Ihr habt ja völlig recht, ich bin viel zu laut hier und sollte lieber draußen weiterspielen. Wie gut, dass ihr da seid und mich darauf hingewiesen habt. Und außerdem: Hier im Café ist es auch viel zu langweilig.«
    Diese Vorstellung mag zum Schmunzeln anregen. Meine Erfahrung ist, dass Eltern nicht selten (unbewusst) jedoch genau diese Erwartung haben. Letztendlich soll das Kind Verständnis für die Position der Erwachsenen haben. Das ist zu viel verlangt. Selbst wenn Max wütend werden und es zum Konflikt kommen würde, wäre das keine Katastrophe. So etwas gehört auch mit dazu, und es gilt, das auszuhalten.
    Ich erlebe häufig Eltern, die nicht wollen, dass ihr Kind weint und negative Gefühle hat. Sie fühlen sich dann schuldig und erleben sich als »schlechte« Eltern. Warum eigentlich? Weil sie ihre eigenen Bedürfnisse über die des Kindes stellen und sich klar positionieren? Hier macht der Ton die Musik, und die Frage ist nicht nur, was Eltern sagen, sondern vor allem, wie sie Stellung beziehen. Eine Möglichkeit wäre es, in dieser Situation zu sagen: »Max, du hast lange bei uns gesessen. Hier stört es nun, wenn du spielst. Mach das bitte vor der Tür.« Nicht böse, nicht ärgerlich, sondern ruhig, freundlich und klar. Das entspräche dem eigentlichen Gefühl der Eltern und wäre authentisch. Ein Kind kann damit gut umgehen.
    In beiden Situationen – in der Spielplatzszene mit Charlotte und in der Szene im Café mit Max – wird die Unsicherheit von Eltern offenkundig und ihr Bemühen, sich autoritärer Erziehungskonzepte zu enthalten. Die Eltern versuchen es in beiden Fällen anders. Dennoch: Zunächst einmal gibt es ja gar keinen Konflikt zwischen Erwachsenen und Kindern. Was aber, wenn Charlotte irgendwann allein das Klettergerüst erkunden will, die Hilfe der Mutter ablehnt und sich so ihre Autonomie erkämpft? Und was, wenn Max auf die immer gleichbleibend freundliche Ansprache seiner Eltern hin einmal nicht »funktioniert«?
    Sobald Kinder sich in diesen und ähnlichen Situationen nicht der meist unausgesprochenen Erwartungshaltung der Eltern unterordnen und mehr Autonomie fordern, kommt es zu Konflikten. Die Eltern müssen sich positionieren, kommen jedoch mit ihren (neuen) erzieherischen Ansätzen nicht weiter. Automatisch fallen sie dann häufig in etwas lange Gelerntes zurück: in (selbst erlebte) autoritäre Erziehungsmuster. Wir greifen dann zum Beispiel auf Strafen, und seien es auch nur kleine, auf Druck oder auch gewaltsame Durchsetzungsmittel zurück. Ausgerechnet diese rücksichtslosen und oft selbst als machtvoll und gewaltsam erlebten Erziehungsmethoden sind es, die wir dann anwenden, obwohl wir geglaubt hatten, diese längst überwunden zu haben.
Lernen mit Gefühl
All unser Handeln ist an Gefühle gekoppelt. Jede Erfahrung ist im Gehirn mit einer bestimmten Emotion verbunden. Diese Emotion wird gespeichert und mit entsprechenden Handlungsmustern verknüpft. Sobald Menschen in eine Situation geraten, die dieser Erfahrung entspricht oder nahekommt, wird auch die mit ihr verbundene Emotion wieder abgerufen, und die mit ihr verknüpften Reaktions- und Handlungsmuster können wieder in Kraft treten. Man kann oft beobachten, dass gerade Menschen, die im öffentlichen Leben souverän und bedacht auftreten, in Situationen, die besonders emotional sind und »unter die Haut« gehen – also gerade im familiären Bereich, wo eine intensive Beziehungsarbeit notwendig ist –, durch diese emotionalen Kopplungen unbewusst in alte Muster zurückfallen.
Ohne einen entsprechenden eigenen Erkenntnisprozess ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass zum Beispiel eine Mutter, die selbst noch streng und autoritär erzogen wurde, in einer emotionalen Konfliktsituation ihrem Kind gegenüber unbewusst auch erst mal in ein autoritäres Handlungsmuster verfällt. Nicht etwa, weil sie sich bewusst dafür entscheidet, sondern weil durch die starke Emotion, die mit der aktuellen Konfliktsituation verbunden ist, eine Brücke zu einer entsprechenden, früher selbst erfahrenen Reaktion geschlagen wird. Und so geschieht es, dass eine Mutter oder ein Vater dann sagen: »Ich wollte gar nicht schlagen – es ist einfach passiert!« In

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