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Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Saalfrank
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lediglich an Erfahrungen. Diese Erfahrungen müssen sie selbst machen dürfen. Eltern, die ihren Kindern jeden Wunsch von den Augen ablesen, die ihnen alles kaufen, alle Wünsche erfüllen, rauben ihnen wesentliche emotionale Erfahrungen, nämlich die, sich nach etwas zu sehnen oder sich auf etwas zu freuen.
    Natürlich gibt es auch Erfahrungen, die wir selbst gemacht haben und die wir unseren Kindern ersparen wollen. Das geschieht in der vermeintlich guten elterlichen Absicht, die eigenen Kinder vor scheinbar »schlechten Erfahrungen« beschützen zu wollen, und ich kann den Wunsch auch verstehen. Trotz allem ist ein solcher Umgang nicht hilfreich und entwicklungsfördernd. Die Mär vom »immerzu glücklichen Kind« ist ein Auswuchs einer als modern empfundenen Erziehung. Dem Kind wird so suggeriert: Du bist nicht o. k., so wie du bist – mit deinem Entdeckertrieb! Ich muss auf dich aufpassen, meine elterliche Fürsorgepflicht ist es, dir alle Wege zu ebnen. Nach meiner Erfahrung beschneidet eine solche Haltung das Kind in seiner Entwicklung und beraubt es grundsätzlich der Möglichkeit, die Welt selbstständig zu erkunden.
    Kinder brauchen eigene gelebte Erfahrungen und keine von uns gewonnenen und weitergegebenen Weisheiten. Strategien im Umgang mit körperlichem Schmerz – etwa das Hinfallen auf dem Spielplatz – und seelischem Schmerz – zum Beispiel auch der Tod einer nahen Person oder die Erfahrung, dass sich ein dringender Wunsch nicht erfüllen wird – lassen sich nur durch eigenes Erleben erfahren, nicht vermitteln. Aus Sicht der Hirnforschung: Nur das selbst Erfahrene führt zu einer entsprechenden Vernetzung im Gehirn und lässt physiologische Bedingungen als Antwort auf unsere Erfahrungen entstehen.
    Was wir allerdings tun können, ist, von unseren eigenen Erfahrungen zu berichten, in einen ernsthaften und konstruktiven Dialog mit Kindern zu gehen und ihnen zu erzählen, wie es bei uns war. Auch können wir Stellung beziehen: »Ich finde das gut« oder »Das habe ich anders gemacht«. Wir sollten jedoch nicht die Erwartung haben, dass das Kind dann den Drang, die Erfahrung selbst machen zu wollen, nicht mehr verspürt. Wichtig ist, dass Kinder (auch mit schwierigen Erfahrungen) nicht allein sind, dass sie Eltern haben, die sie in allen diesen Situationen begleiten und die als authentische Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
    Ein anderer Erziehungsansatz beruht darauf, dass Eltern gleichbleibend »nett« agieren, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Dabei erleben Kinder ihre Eltern in ihrem Verhalten jedoch als unklar; sie können sie außerdem mit ihren Gedanken und Gefühlen und somit als echte Persönlichkeit mit eigenen Bedürfnissen nicht richtig wahrnehmen.

Der fünfjährige Max ist mit seinen Eltern in einem Café. Max springt auf, nachdem er gut eine halbe Stunde ruhig am Tisch gesessen hat. Er rennt durch das Café und spielt Flugzeug, die Arme weit zur Seite ausgebreitet. Seine Eltern beobachten ihn. Sein Vater runzelt leicht die Stirn und überlegt, ob er etwas sagen soll. Im Vorbeirasen stößt Max nun an einen Stuhl. Es poltert, der Stuhl fällt um. Leise seufzend stellt der Vater den Stuhl wieder hin. Er sieht sich zu anderen Gästen um, die unruhig werden. »Max, hör bitte auf«, sagt er sanft lächelnd, seine Stimme ist jedoch gepresst und verrät seine Ungeduld. Max spielt weiter und scheint seinen Vater gar nicht gehört zu haben. Seine Mutter reagiert nun auch, sie wirkt angespannt, bittet Max jedoch ebenfalls lächelnd: »Max, spiel doch nicht so laut. Schau doch mal, ob du vielleicht draußen spielen kannst.«

    Zunächst: Max verhält sich völlig altersgerecht. Nach einer gewissen Zeit im Café mit seinen Eltern muss er sich bewegen und hat das Bedürfnis zu spielen. Max’ Eltern spüren, dass ihr Sohn die anderen Gäste stört, sie haben aber die Vorstellung, dass Eltern in ihrer Rolle vor allem »freundlich« sein sollen, und reagieren deshalb in der beschriebenen Form. Hierdurch allerdings entziehen sie sich gleichzeitig einem eventuell drohenden Konflikt mit ihrem Sohn, und Max verliert durch die »aufgesetzte Nettigkeit« authentische Ansprechpartner. Er wird so einer grundlegenden Beziehungserfahrung beraubt.
    Eltern wollen heute oft harmonische Übereinstimmung, erwarten Verständnis und meiden (vielleicht nur scheinbare) Konflikte mit ihren Kindern. Was würde passieren, wenn die Eltern Max das Spielen im Café untersagen und ihn bitten würden, nach draußen zu

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