Du bist schön Marie (Geschichtentrilogie Band 1 Erotische Geschichten)
Stimmung erreichte ihren prozentualen Höhepunkt. Alles redete, kreischte, lachte wild durcheinander. Es schien, als hätten Alle nur auf das Neue Jahr gewartet, um endlich mal so richtig aus sich herausgehen zu können.
Plötzlich bemerkte Gabi, dass der Träger ihres Büstenhalters gerissen war.
„Mein BH ist gerissen“, sagte sie lauter als nötig und lachte beschwipst. „Ich geh mal zur Toilette und lege ihn ab.“ Sie hob ihr leeres Glas. „Aber vorher schenk noch mal ein, geliebter Tom.“
Lachend tranken sie die Flasche Champagner leer. Tom bestellte eine neue.
„Und nun muss ich. Eine Brust ist draußen.“ Gabi erhob sich schwankend von ihrem Sitz. „Eine drin.“
„Ich komme mit.“ Auch Tom stand auf. Leicht schwankend. „Ich helfe dir. Ehrensache.“
Die Damentoilette war leer. Die Damen hatten sich wohl schnell noch im alten Jahr entleert. Ihnen war es recht. Tom zog Gabi schnell in eine Kabine.
Kaum waren sie drin, knöpfte er Gabi die Weste auf, löste geschickt die Häkchen des Büstenhalters, hängte ihn sich um den Hals, raunte, vor Erregung heiser, in ihr Ohr:
„Ich habe große Lust. Du doch auch?“
Ihr Verlangen war so groß wie ihr Übermut. Tom schob Gabis Mini in die Höhe, ihren Slip nach unten und drückte sie über das Becken. Laut aufstöhnend umklammerte sie den Beckenrand, während Tom langsam, dann immer heftiger, in sie drang.
„Wie lange habe ich auf diesen Augenblick gewartet“, keuchte Tom. „Jetzt gehörst du mir.“
Er umfasste fest ihre Hüften, zog sie hoch, drückte sie an die Wand, sank zu ihren Füßen, den Kopf zwischen ihren Schenkeln.
Gabi stöhnte; sie zitterte am ganzen Körper, genoss lustvoll Toms leidenschaftliche Liebkosungen und konnte doch nur denken:
„Wie schamlos. Wie schamlos. Verzeih mir, Peter. Bitte, verzeih mir.“
Nach einigen Minuten setzten sie sich, Blick in Blick, wieder auf ihre Plätze, tranken weiter, mischten sich dann unter die Tanzenden.
„Wirst du es Peter sagen?“ Tom drückte Gabi fest an sich.
„Nein, Tom.“ Gabi blieb stehen. „Es war ein Ausrutscher. Ich war so geil. Peter ist schon so lange weg. Verzeih mir. Aber ich liebe nur ihn.“
„Schade. Dann bring ich dich jetzt nach Hause. Ich bin immer für dich da. Auch für die nächsten Ausrutscher.“
*
Windig und kalt war er. Dieser Januar. Seit Tagen hatte es nicht mehr geschneit. Nur kristallharte Eisflocken wirbelten vereinzelt von einem grau verhangenen Himmel. Die Welt hatte sich in kaltes Schweigen gehüllt. Wie Peter. Und Gabis Herz.
Immer wieder las Gabi den von ihren Tränen fast durchweichten Brief des Konsulats der Deutschen Botschaft in Afrika:
- ... müssen wir Ihnen zu unserem Bedauern leider mitteilen, dass Ihr Mann Peter ... in der Silvesternacht Nacht 2008 bei einem Selbstversuch mit dem von ihm entwickelten Impfstoff ... ums Leben gekommen ist. Seien Sie gewiss, dass ...
***
Der Vermummte
G leich in der Früh, nach dem kurzen Schlaf, wusste Lisa: Heute würde es geschehen. Heute.
Es war ein trüber Herbsttag. Regenverhangen und grau. Keinen Hund würde man bei diesem Wetter auf die Straße jagen. Sie aber ging freiwillig. Ruhelos trieb es sie noch einmal, ein letztes Mal, in diese Novemberriesenstadt.
Traurig schaute sie in den Nieselhimmel, spazierte gedankenverloren am Spreeufer entlang, blieb manchmal auf einer Brücke stehen, beugte sich über das Geländer, starrte in das dunkle Wasser.
Spukhaft spiegelten sich die noch nicht ausgeschalteten, verschnörkelten Straßenlaternen darin.
Wie kleine Kobolde.
Wie liebte sie diese undurchsichtigen Tage. Diese Grenze zwischen Hell und Dunkel. Gut und Böse. Gedeih und Verderb. Leben und Tod. Sie liebte sie. Und an diesem Tag liebte sie sie besonders.
Wann würde sie überschritten werden. Wann.
Die Grenze zwischen Realität und Wahnsinn. Wann.
Schnell lief sie weiter, achtete nicht auf den Regen, nahm nicht wahr, dass sie zitterte, fror, hatte nur ein Ziel. Die Kirche. Die herrliche Kirche im Gotikstil. Die Kirche mit der Wendeltreppe. Den Ort, an dem alles begann, alles enden wird.
Wendeltreppen hatten sie von je her fasziniert. Schon als Kind ist sie auf jeden Kirchturm, der eine Wendeltreppe hatte, gestiegen; unzählige, verbeulte, ausgetretene Stufen versprachen Abenteuer, Erlebnisse, die nur ihr allein beschieden sein würden.
Die Wendeltreppe ihrer Lieblingskirche schlängelte sich wie ein Wurm, höher, höher, immer noch höher. Vielleicht in
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