Du denkst, du weißt, wer ich bin
Bruder.« Er streckte eine Hand aus und legte sie Lachlan auf die Schulter. Ich starrte die Hand an und dann in Lachlans Gesicht. Sein Blick wich mir aus, als fühlte er sich unbehaglich.
Pearl knallte ihr Glas hin und stolzierte davon. »Ich packe mein Schlagzeug zusammen«, rief sie über die Schulter. »Ihr anderen könnt ja noch ein bisschen in der Kinderkrippe spielen, wenn ihr wollt. Aber wenn ihr mitgenommen werden möchtet – ich fahre in genau zwanzig Minuten ab.«
Dallas sah ihr nicht nach. Ich hatte das Gefühl, dass ein Meteorit in diesem Moment durch die Decke hätte krachen können, und er hätte Miranda immer noch genauso angestarrt.
»Wer bist du?«, fragte er. »Ich bin sicher, ich kenne dich irgendwo her.«
Sie lachte. »Ich bin nur Miranda.« Ihr Arm glitt um meine Taille. »Und dies ist meine Freundin Olive.«
Ich verkrampfte mich. Freundin ? Seit wann?
»Also, ich bin Dallas«, stellte Dallas sich vor. Als ob wir das nicht wüssten. »Und ich freu mich sehr, euch kennenzulernen.« Seine Stimme war so warm und intim, als er Miranda anschmachtete, dass ich es falsch fand, bei ihnen zu stehen.
Als nächstes gab Dallas Vincent einen Schlag auf den Rücken, der ihn beinahe der Länge nach hingeworfen hätte. »Das ist Vinnie: unser Wunderkind und Bandmaskottchen.« Dann legte er den anderen Arm um Lachlans Nacken und verstrubbelte ihm das Haar. »Und dieser gutaussehende junge Mann ist mein Brüderlein, Lachie«, sagte er. »Er ist der Grund, warum wir heute Abend hier sind. Unser cleveres Äffchen hat das alles arrangiert. Sogar die Poster.« Er kicherte. »Ich dachte, da gäbe es irgendein Indie-Girl, dem er imponieren wollte. Aber dann taucht er hier mutterseelenallein auf.«
»Dal«, brummte Lachlan und entzog sich Dallas’ Arm. »Wir kennen uns. Wir sind auf derselben Schule.«
Dallas sah begeistert aus. »Stimmt das?«, fragte er, schüttelte den Kopf und sah uns an. »Habt ihr schon bemerkt, wie schwer es ist, diesem Kerl irgendwas aus der Nase zu ziehen? Ich wette, ihr habt keine Ahnung, dass er ein paar unserer Songs geschrieben hat.«
»Nein«, sagte ich gedehnt. »Das wusste ich nicht.«
Dallas zog Miranda abrupt von uns weg, und so standen Lachlan und ich uns auf einmal allein gegenüber. Unangenehm? Na ja, ein bisschen. Vincent neben uns wirkte, als würde er wegen der peinlichen Situation sterben müssen – und dabei wusste er nicht mal, was sich hier abspielte. Lachlan schob die Hände in seine Gesäßtaschen und verlagerte sein Gewicht von einem Bein aufs andere.
Plötzlich hielt ich es nicht mehr aus.
»Warum hast du es mir nicht erzählt ?«
»Was?«, fragte Lachlan.
»Ach, ich weiß nicht«, sagte ich. Ich glaube, meine Stimme muss ungefähr um eine Oktave angestiegen sein. »Vielleicht ein bisschen mehr darüber, wer du wirklich bist.«
Das Barmädchen kam vorbei und sammelte Gläser ein.
»Du schienst doch bereits alles über mich zu wissen«, pfefferte Lachlan zurück. »Ich bin der sportliche Rettungsschwimmer.«
»Du hättest mich doch korrigieren können!«, explodierte ich.
Das Barmädchen blieb stehen, räumte das Leergut vom Tisch neben uns zusammen. Die Gläser klirrten, als sie zu den anderen gestellt wurden.
»Hättest du denn überhaupt zugehört?«, fragte Lachlan leise.
»Natürlich!«
Vincent hustete nervös. »Okay, es wird Zeit. Ich muss gehen.«
»Ich mach dir einen Vorschlag«, sagte Lachlan, als Vincent verschwunden war. »Frag mich was. Was immer du willst.«
Ich musterte sein Gesicht. Wollte er mich auf den Arm nehmen? »Also gut«, begann ich und verschränkte die Arme. »Wenn Dallas dein Bruder ist, warum habt ihr dann unterschiedliche Nachnamen?«
»Er ist mein Halbbruder«, sagte Lachlan. »Derselbe Dad, verschiedene Mums. Er benutzt den Nachnamen seiner Mutter.«
»Ihr scheint euch ziemlich nahezustehen. Für Halbbrüder.«
Lachlan nickte. »Unser Dad hat eine Menge mit uns unternommen, als wir aufwuchsen. Er hat uns mit auf Campingtouren genommen, Wanderungen, solche Sachen. Ich dachte, Dal wäre der beste auf der Welt, als ich klein war. Wir holen immer alles nach, wann immer wir können. Ist nur nicht so einfach, seit Mum und ich dort ausgezogen sind.« Er sah mich an und lächelte ein kleines bisschen. »Wie mache ich mich bis jetzt?«
»Nicht schlecht«, gab ich zu. Ich versuchte, nicht allzu sehr zu zeigen, wie sehr ich es schon genoss, nur mit ihm zu reden . Ich hatte es vermisst. »Nächste Frage. Schreibst du
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