Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
Vom Netzwerk:
ist.«
    »Doch, das weiß ich sehr wohl«, gab ich mit kurz aufflackerndem Ärger zurück. Ami zum Beispiel. Deinetwegen habe ich Ami verloren.
    »Dein Dad«, sagte Miranda sanft. »Er ist gegangen, stimmt’s? Manchmal können Eltern nicht damit umgehen, wenn ihre Kinder Probleme haben. Es muss schwierig sein, damit zu leben. Die Schuld, deine Familie auseinandergerissen zu haben, meine ich.«
    Es war ein Schock – sie meine ganz privaten intimsten Gedanken laut aussprechen zu hören. Anstatt dass meine Wut sich steigerte, sank sie in sich zusammen und alles, was ich tun konnte war nicken, den Tränen nahe, aber entschlossen, mich zusammenzureißen. Denn wie hätte ich über meinen Dad weinen können vor jemandem, dessen Eltern beide tot waren?
    »Es war ganz schön hart«, brachte ich hervor.
    »Ich würde dir anbieten, dich zu umarmen«, sagte Miranda verlegen. »Aber ich habe das Gefühl, das kommt nicht so gut.«
    Ich musste lachen. Irgendwie verrotzt. Aber wenigstens heulte ich nicht.
    »Ich bin so froh«, gestand Miranda. »Du weißt schon – dass du heute Abend hierher gekommen bist. Obwohl du denkst, dass ich ein … wie ist das Wort, das du dafür hast? Wonk ? Du bist gekommen, obwohl du findest, dass ich ein Wonk bin.«
    »Ich finde nicht, dass du ein Wonk bist«, sagte ich und ohne es richtig zu merken, legte ich ihr eine Hand auf den Arm.
    Sofort legte sie ihre Hand auf meine. »Erzähl mir etwas über sie«, bat sie plötzlich. »Die Band.«
    »Was willst du denn wissen?«
    »Alles, was du weißt.«
    »Hm … das könnte eine Weile dauern.«
    »Gut«, sagte Miranda. »Sag mir fünf Worte oder weniger zu jedem.«
    Das schien machbar. »Okay, beginnen wir mit dem Bassisten – Vincent. Wahnsinnstalentierter Musiker. Quälend scheu.«
    »Verstanden«, sagte Miranda. »Was ist mit dem Schlagzeuger?«
    »Sie heißt Pearl«, antwortete ich und fing an, es zu genießen. Es war so lange her, dass ich mich mit jemandem einfach nur so unterhalten hatte. »Knifflige Rhythmen. Einzigartiger Stil.«
    Miranda hob eine Augenbraue. »Und was ist mit dem Sänger? Was hältst du von ihm?«
    »Dallas«, seufzte ich, »ist super, super, super.«
    »Du wirst ja rot«, sagte Miranda und lächelte listig. »Sogar deine Ohren.«
    »Ja, er hat diese Wirkung auf mich.«
    Die Bühnenlichter wechselten zu orange und die Menge begann zu johlen und zu pfeifen. Luxe trat auf.
    »Hast du dir je diesen Augenblick vorgestellt?«, fragte Miranda dicht neben meinem Ohr. »Wie es sein würde, wenn du Dallas zum ersten Mal sehen würdest?«
    »Oh, nur ein- oder zweimal.«
    »Also gut«, sagte Miranda. »Du musst Dallas kennenlernen. Nach dem Gig.«
    »Natürlich!«, gluckste ich. »Und du machst das für mich klar, okay?«
    Ich war immer so eine Person gewesen, die sich das Beste für den Schluss aufbewahrt. Das leckerste Stück auf dem Teller. Das größte Weihnachtsgeschenk. Mein Dad hatte mich ewige Zeiten damit aufgezogen, dass ich mal die karamellgefüllten Ostereier sechs Monate aufbewahrt hatte. Als ich sie dann endlich ausgewickelt hatte, war die Schokolade schon weiß gewesen.
    Als also die Musik endlich anfing, starrte ich alle an außer Dallas. Zuerst musterte ich Pearl, mit ihrer dicken glatten Ponyfrisur und ihrem tiefroten Lippenstift. Dann konzentrierte ich mich eine Weile auf Vincent, lang und schlaksig und wie ein Komma über seine Gitarre gebeugt. Er hatte das superbleiche Gesicht von jemandem, der viel zu viel Zeit drinnen verbringt. Genau so ein Typ, der mir von einem Flirttest aus einer Zeitschrift empfohlen würde, wenn ich so einen albernen Test machen würde. Aber der Test läge voll daneben.
    Als nächstes sah ich mir das Publikum an, überrascht, wie viele Leute da waren. Ganz klar, ich war schließlich nicht die einzige in Jubilee Park, die von Luxe gehört hatte. Da gab es einige Möchtegern-Pearls, die ihren städtischen Cowgirl-Look nachmachten. Außerdem die Bassisten-Heinis, die wegen Vincent gekommen waren. Er war noch jung, aber er hatte schon eine große Online-Fangemeinde. Schade nur, dass er der Typ zu sein schien, der das hasste. Die Bassisten-Heinis standen für sich, ihre Köpfe nickten zu den Bassrhythmen, ihre Finger hämmerten Gitarrenakkorde auf ihre Oberschenkel. Und dann gab es die Mädchen, die eindeutig wegen Dallas gekommen waren. Auch ohne auf die Bühne zu sehen, konnte ich genau sagen, wo er war, nur indem ich der Bewegung ihrer Gesichter folgte.
    Sie sind wie ein Haufen Welpen , dachte

Weitere Kostenlose Bücher