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Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Titel: Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Missfeldt
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für den Kaufvertrag von Johann Casimir. Das Grundstück zwischen südlichem Leine-Ufer und Leinegasse ging im Dezember 1856 für 6800 Taler in Ottos Besitz. Schon im Februar 1857 zeigte er seinen Betrieb an im »Ober-Eichsfelder Kreisanzeiger« mit »Kunst- und Handelsgärtnerei«: Gemüse, Sommerblumen- und Levkojenpflanzen, schönblühende Topfgewächse und feines Gemüse werden frühzeitig in meinem Etablissement vorräthig sein.« Otto züchtete 72 Fuchsiensorten und Nelken auf freiem Feld .
    Heimweh plagt den jüngeren Bruder offensichtlich nicht; er will Preuße werden und in Heiligenstadt bleiben. Am 15. Mai 1857 darf er dem »Preußischen Unterthanenverband« beitreten. Das Bürgerrecht von Heiligenstadt erhält er im Juli 1857 gegen die Zahlung von vierundvierzig Reichstalern. Dass der jüngere Bruder – nun sein Vermieter – mit am Familientisch sitzt, ist für den älteren selbstverständlich.
    Constanzes Gesundheit steht auf tönernen Füßen. Nach den Anstrengungen des Reisens, des Ein- und Auspackens von einem großen Haushalt mit vielen Kindern, ist sie in Heiligenstadt erschöpft angekommen. Ohne sich erholen zu können, muss sie mit voller Kraft die alten Aufgaben in der neuen Umgebung meistern. Ist sie alledem gewachsen? Gleich zu Anfang hat sie ein hübsches flinkes Mädchen, die aber faul und prätentiös war , entlassen müssen, weil die erklärt hatte, sie könne nicht die Töpfe ausgießen, wo Theodor und Hans hineingespien . Dass Constanze hart gefordert ist, sieht auch Storm: Sie hat eine ziemlich schwere Haushaltung .
    Das Haus vor dem Kasseler Tor erweist sich gleich im ersten Winter als Bruchbude. Durch Fachwerk, Fenster und Türen zieht kalte Luft herein und warme Luft hinaus. Wie soll man dagegen anheizen? Keinen weiteren Winter möchte man hinter diesen Wänden verbringen. Storm leidet wieder an Zahnweh und Rheumatismus und behandelt sich, wenn er davon nachts zu sehr geplagt ist, mit Brot und Wein. Auch Constanze klagt über Rheumatismus, ihre Nerven liegen blank, die Stimmung ist schlecht, sie mag sich selber nicht leiden. Zusammen mit Theodor besucht sie im Nachbardorf einen »Dechanten«, einen etwas höher gestellten katholischen Pfarrer, der durch Anlegen magnetischer Eisen und seiner Hände seit 20 Jahren eine Menge Curen gemacht hat; unentgeltlich, man giebt der Köchin nur ein Trinkgeld .
    Bei allem Vertrauen in Scharlatanerie und Placebo: Constanzes Lebensgeister verhalten sich träge bis untätig. Storm meint in einem Brief an Freund Brinkmann: Ihr werdet uns beide, mich und Constanze, […] recht gealtert finden; namentlich scheint auch bei Constanze diesen Winter plötzlich […] der Zeitpunkt eingetreten zu sein, »wo uns verlässt die Jugend eben«. Storm, Vergänglichkeitsprediger und Vorbeter der Todesahnung, zitiert hier aus seinem Gedicht »Die Kleine«, das er mit neunundzwanzig Jahren schrieb. Auch Constanze sieht sich alt und grau: Ich trage wieder das alte abgespannte graue Gesicht zur Schau , schrieb sie schon von Potsdam aus ihrer Schwiegermutter Lucie.
    Nach den schlechten Erfahrungen mit dem klapprigen Haus draußen vor der Stadtmauer haben sich die Storms zum Umzug entschlossen. Bei Otto Storm hat ein vielversprechender Mieter angeklopft, und Theodor hat eine Wohnung in der Stadt gefunden. Noch erlebt die Familie abseits der Stadt schöne Frühlingstage. Kurz vor Constanzes 32. Geburtstag sitzt Storm abends auf der Gartenmauer, er genießt die Luft und den Blick ins Land, er gedenkt der verlorenen Heimat. In der Ferne sieht er die Kinder mit der »dicken Anna« in einem Fuhrwerk zum Wald fahren; sie holen Moos und Efeu für den Geburtstag ihrer Mutter. Man plant einen kleinen Ausflug in die Natur, will an einem Rastplatz, wo ein aus Steinen gebauter Herd steht, Kaffee kochen und Pfannkuchen backen.
    Hier und heute Abend entsteht das Gedicht »Gedenkst du noch?« Die stille, friedliche Luft trägt Storm in die Heimat der Verse, auch sich selber und Constanze trägt er da hinein. Er bedichtet sein Heimweh in der Frühlingsabendstimmung, wiegt jedes Wort auf ein hundertstel Gramm ab und verleiht damit den Versen ihren Zauber.
    Gedenkst du noch, wenn in der Frühlingsnacht
Aus unserm Kammerfenster wir hernieder
Zum Garten schauten, wo geheimnisvoll
Im Dunkel dufteten Jasmin und Flieder?
Der Sternenhimmel über uns so weit,
Und du so jung; – unmerklich geht die Zeit.
    Wie still die Luft! Des Regenpfeifers Schrei
Scholl klar herüber von dem Meeresstrande;
Und

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