Du hast mich wach gekuesst
bestätigte er.
"Die Post ist da." Ula legte mehrere Umschläge auf den Schreibtisch.
"Danke." Als sie keine Anstalten machte zu gehen, erkundigte er sich: "Gibt es ein Problem?"
"Keineswegs. Ich dachte nur, wir könnten den Speiseplan für den kommenden Monat durchgehen."
Er zog eine Grimasse. "Sie wissen doch, dass es mich nicht interessiert. Kochen Sie, was Sie wollen."
Ula ging immer noch nicht. Er setzte sich an den Schreibtisch und fragte erstaunt: "Was gibt es sonst noch?"
"Ihr Gast." Sie war klein und zierlich, doch sie ließ sich nicht von ihm einschüchtern. Vermutlich war das der Grund, aus dem er sie im Haus behielt. "Cathy ist seit zwei Wochen hier. Ich dachte mir, dass sie es leid sein könnte, ständig hier eingesperrt zu sein. Vielleicht möchte sie mal einkaufen gehen oder nach ihrem Haus sehen."
"Da haben Sie Recht", gestand Stone ein. "Daran habe ich gar nicht gedacht. Vermutlich fühlt sie sich wie eine Gefangene."
"Warum sollten gerade Sie daran denken, da Sie selbst nie ausgehen?", konterte Ula sarkastisch.
"Das war deutlich."
"Das war auch meine Absicht."
"Okay, ich werde heute Abend mit ihr reden. Sie kann den Wagen nehmen."
"Ich nehme an, sie hätte gern etwas Gesellschaft."
"Sie meinen Freunde? Sie kann einladen, wen sie will."
"Das auch. Aber ich dachte eigentlich an etwas anderes. Sie isst immer allein. Vielleicht könnten Sie ihr mal Gesellschaft beim Dinner leisten."
Dinner mit einer anderen Person. Dieses Vergnügen hatte er sich seit drei Jahren nicht mehr gegönnt. Eine unerwartete Sehnsucht beschlich ihn, doch er verdrängte sie eisern. Er griff nach einem Umschlag und riss ihn auf. "Das halte ich nicht für eine gute Idee."
"Cathy würde sich nicht an Ihren Narben stören."
"Aber ich", entgegnete er in kühlem Ton, der sie wissen ließ, dass sie ihre Grenzen überschritten hatte.
Sie seufzte schwer. "Nun gut, Sir." Sie betonte das Sir, um ihn wissen zu lassen, dass sie sich nicht von ihm einschüchtern ließ.
Er wusste, dass sie es nur gut meinte. "Ich halte es nicht für klug", bemerkte er als eine Art Friedensangebot.
"Warum nicht? Sie machen alles tragischer, als es ist."
Verärgert sprang er auf. "Es ist tragisch. Haben Sie vergessen, dass Evelyn durch meine Schuld gestorben ist?"
"Ich habe nicht vergessen, dass Sie sich unbedingt die Schuld daran geben wollen. Das ist ein großer Unterschied. Es ist drei Jahre her, Mr. Ward. Es ist an der Zeit, die Sache ruhen zu lassen. Und Evelyn auch."
"Ich möchte Sie bitten, nicht zu vergessen, dass Sie hier nur eine Angestellte sind, und als solche sollten Sie Ihre Ansichten für sich behalten."
Ulas Zorn entflammte. Doch sie sagte nichts. Stattdessen machte sie auf dem Absatz kehrt und rauschte hinaus.
Stone blieb minutenlang stehen und lauschte der Stille und dem raschen Pochen seines Herzens. Erinnerungen überwältigten ihn, verdrängten alles außer der Vergangenheit und der Schuld, die er auf sich geladen hatte.
"Du bist ja so still heute Abend", bemerkte Stone.
Cathy drehte sich auf dem Sofa zu ihm um. "Entschuldige.
Ich habe nachgedacht."
"Worüber?"
Er war tatsächlich da. Obwohl er seit zwei Wochen jeden Abend in ihr Zimmer kam, fürchtete sie immer noch, aufzuwachen und festzustellen, dass alles nur ein Traum war.
Seit sie die Krücken nicht mehr brauchte, setzte sie sich immer zu ihm auf das Sofa, wenn er sie besuchte. Es gefiel ihr, sich auszumalen, sie wären ein normales Paar bei einem Date.
Dass er aus romantischen Gründen zu ihr gekommen war anstatt aus Mitleid oder Pflichtgefühl oder was immer ihn dazu veranlasste.
Es gefiel ihr, seine Gegenwart zu spüren. Sie waren sich so nahe, dass sie den herben Duft seines Rasierwassers riechen konnte. Ihr gefiel, wie er beim Reden gestikulierte. Ihr gefiel, dass er gelegentlich ihre Schulter berührte, wenn sie über Bücher oder Politik diskutierten und er sie von seinem Standpunkt überzeugen wollte. Manchmal widersprach sie ihm, nur um ihn zu provozieren. Ihr gefiel alles an ihm.
Sie wünschte, ihn sehen zu können. Mehrmals hätte sie ihn beinahe darum gebeten. Doch Respekt vor ihm und seinen Wünschen hielt sie davon ab. Also gab sie sich Phantasien von seinem Aussehen hin wie ein Schulmädchen, das zum ersten Mal verliebt ist.
"Cathy?"
"Oh, entschuldige. Was hast du gefragt?"
"Woran hast du gedacht?"
"Oh ... an die High School."
"Wie war es denn?"
"Nicht besonders spaßig", gestand sie ein. "Ich musste nach der Schule immer gleich
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