„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)
zu, als er hörte, dass es zweihundert Cash dafür geben würde. Zur verabredeten Zeit sollte er am Partytag zum P1 kommen. Dann hängten wir ihn auf. Na ja, wir verpassten ihm nicht wirklich Stigmata an Händen und Füßen, wir banden ein dickes Hanfseil um seine Fesseln und Handgelenke, die anderen Seilenden befestigten wir jeweils an den äußeren Ecken eines Holzkreuzes, das bestimmt drei Meter hoch war. Dann richteten wir ihn mit dem Kreuz auf und ließen ihn so acht Stunden während der gesamten Party stehen.
Unser Besitzer sagte immer, gute Partys wären die beste Promotion für uns. Mit einer weißen Toga umhüllt und einem Lorbeerkranz auf dem Kopf lagen die Gäste auf den ausladenden Römerliegen, die wir aus alten Obstkisten zusammengezimmert und an die wir leuchtend roten Molton drangetackert hatten. Hier labten sie sich an Wodka mit Traubensaft und an Käseigeln. Die süßen Schwabinger Studentinnen boten sich an, als laszive Römerinnen mit Kleidchen aus Nichts so auszusehen wie die Erotikdarstellerinnen im Filmstreifen Caligula , den wir mit einem Super-8-Projektor an die Wand vom Haus der Kunst warfen. Dessen Regisseur Tinto Brass hätte seine Mädchen auch nicht besser in Szene setzen können. Bei den Hardcore-Takes allerdings wussten sie nicht wirklich genau, wie weit sie für ein Paparazzo-Foto der anwesenden Reporter gehen sollten. Auch der Nippel-Blitzer von Softpornoaktrice Rosalinde Decker im weißen Laken-Negligee half nichts: Seite-eins-Aufmacher und Titelstory waren nicht die Erotikdarbietungen, sondern die »Kreuzigung« unseres Studenten, das Sommerloch in der Tagespresse musste ja gestopft werden. Zwei Tage nach der Römerparty trat schließlich der bayerische Klerus auf den Plan. Einen Statisten als Partygag ans Kreuz zu heften grenze an Blasphemie, zitierte man die Kirchenväter. Und bevor sich nun das gesamte Christentum von den Diskotheken abkehrte, spendeten wir eine beträchtliche Summe an eine kirchliche Einrichtung. »P1 kriecht zu Kreuze«, titelten die Zeitungen, wir aber wollten uns einfach in Sicherheit wiegen, dass die Münchner Theologiestudenten auch in Zukunft noch zum Feiern ins P1 kommen würden. Neun Monate später bekam Rosalinde Decker ein Baby.
»The Hoff« konnte nun wirklich keiner ausstehen – ein Bademeister als rasende rote Badehose, ein Autofahrer, der als Michael Knight (Rider) mit seinem Auto sprach! Als Rettungsschwimmer brachte er es aber immerhin, und das muss man ihm lassen, zum most famous Baywatcher of the fucking wide world . Aber eigentlich hatte es »Pam!« gemacht; Pamela Anderson war der wirkliche Grund dafür, dass wir zur Baywatch -Party luden. Also musste Balu seine Kamera aufbauen, er war kein schlechter Fotograf. Seine Bilder wollte er immer so hinbekommen wie die weichgezeichneten Blow-ups von David Hamilton, nur lichtete dieser die nackte Bilitis und ihre zärtlichen Cousinen ab und keine übernächtigte Discocrew in schlecht sitzenden roten Badeklamotten, wie Balu es fertigbrachte.
Die Einladung mit dem peinlichen Foto und dem Baywatch-Logo schickten wir an die komplette P-1 - Kartei. Natürlich hatten wir vorher weder nach den Markenschutzrechten der damals weltweit erfolgreichsten TV-Serie noch nach dem Besitzer der Veröffentlichungslizenzen recherchiert. Es hätte uns klar sein sollen, dass uns die Vermarktungsagentur daraufhin mit einer Klage von über hunderttausend Mark drohte, da wir auch noch den Originalschriftzug verwendet hatten. Schließlich meinte die Agentur, sie habe da als Wiedergutmachung so eine super Idee, und wir sollten doch für die Deko die vielen schönen Merchandisingartikel und Werbemittel nehmen, die bei ihnen im Keller vor sich hingammelten. Langsam war ich ziemlich gefrustet. Man könnte sagen, ich war nicht gerade der geborene Dekorateur für Schwimmflügel und aufblasbare Rettungsbojen.
Die Sache mit dem Sand wollte ich jedoch unbedingt durchziehen; acht Tonnen brachten zwei Lkw vorbei und schütteten sie natürlich genau auf die beiden einzigen Gullis am Parkplatz hinter dem Haus der Kunst. Den größten Teil des Tages verbrachten wir dann zu zehnt, feste schaufelnd, knietief im Regenwasser, weil es am Nachmittag aus Eimern gegossen hatte und durch den Sand in den Gullis kein Tröpfchen absickern konnte. Der Scheiß verkroch sich in jede Ecke, in alle Löcher, in jede Ritze. Wir aber verschrieben uns dem Auftrag: schaufeln. Wir schaufelten wie die Wahnsinnigen, bis Jonas umfiel und liegen blieb. Er lag
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