„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)
Partyentertainment arrangiert worden. Natürlich hatte ich mal wieder die Arschkarte gezogen und als Türsteher musste ich die beiden Fight-Girls irgendwie auseinanderbringen. Ich ging also zum Tangatypen und flüsterte ihm was ins Ohr. Dann pfiff er sein Mädchen zurück, zog sich seine Rockerweste über den mächtigen Oberkörper und rauschte mit seiner Braut von dannen. Vorher hatte er mir noch flüchtig fünfzehnhundert Mark in zerknäulten Fünfhundertern in die Hand gedrückt. Natürlich wollte ich niemandem verraten, was ich ihm zugeflüstert hatte; nur so viel: Irgendwie hatte mein Cousin Eberhard aus Fürstenfeldbruck etwas damit zu tun.Von Eberhard wird noch in einem anderen Zusammenhang die Rede sein.
Die Partys kosteten immer Eintritt. Dann reichte den weniger Begüterten das Budget höchstens noch für zwei kleine Biere, die man aber möglichst nicht sofort trinken sollte, weil sonst der Kellner gleich das nächste brachte. Und wenn einer vom Tanzen und Schwitzen richtig durstig wurde, drückte er das volle Fläschchen seinem Kumpel in die Hand und rannte aufs Klo, um Wasser aus dem Hahn zu trinken.
Den betuchten Leuten ging es dabei auch nicht viel besser. Entweder standen sie allein auf der Empore und waren somit für die Groupies in der Arena unerreichbar, oder sie sahen gleich so nichtssagend aus, dass der Türsteher sie wieder in ihren Reichtum zurückschickte. Blöd gelaufen, doch ein Club ohne Restriktionen und Türsteher wäre für sie auch nichts wert gewesen. Es gab Abende, da ließen wir überhaupt niemanden rein: Das sei gut für den Nimbus, meinte Kurt. Ein gewisser Steve Rubell setzte dieses Prinzip in New York als Erster in die Tat um und zwar megaerfolgreich. Er war es, der den Imagewechsel des Rausschmeißers und Grußonkels zur gesellschaftlich anerkannten Reizfigur vollzog. Als er am 26. April 1977 mit seinem Partner Ian Schrager in dem ehemaligen CBS-Fernsehstudio an der 54 th Street in Manhattan das danach benannte Studio 54 eröffnete, konnte keiner ahnen, dass es innerhalb kürzester Zeit die angesagteste Disco der Welt werden sollte. Das Konzept war denkbar einfach: Jede Nacht stand unter einem anderen Partymotto und Rubell zahlte einer talentierten Promoterin 250 Dollar für jeden Promi, den sie anschleppte. Sie verdiente sich ein goldenes Näschen dabei. Aber rein kamen nicht nur die VIPs. »Dress spectacular« stand auf den Einladungskarten. Nie mehr feierten die unterschiedlichsten Leute, die Schrillen und Braven, die Berühmten und Unbekannten, die Reichen und Armen so hautnah zusammen wie im Studio 54. Auch unseren Besitzer verschlug es während eines Praktikums in New York ins legendäre Studio 54. Was er daraus mitnahm, wurde zum Erfolgsgeheimnis des P1: Hier kommt nicht jeder rein!
Auf der Suche nach dem Thema fürs nächste Sommerfest saßen wir um die spartanisch zusammengebaute Bar auf unserer Terrasse und uns wollte verdammt noch mal kein Thema einfallen. Gerade schlugen Jonas und Theo wie jedes Jahr ihren Favoriten, die Dschungelparty, vor, als Ferdl um die Ecke kam. Der Typ war ein armer Irrer; sie hatten ihn Jahre zuvor schon aus seiner Wohnung geschmissen, ihm seinen Job als Versicherungskaufmann gekündigt, den Führerschein abgenommen, und nun lebte er auf der Straße, und irgendwie mochten ihn alle. Sein Basislager hatte er auf den Heizgittern hinter den Säulen vom Haus der Kunst aufgeschlagen, zur Morgenwäsche sprang er alle zwei Wochen in voller Montur in den Eisbach. Jede Nacht stand Ferdl mit aufgehaltener Hand vor dem P1 und an guten Abenden kamen für ihn gut und gerne zweihundert Mark und mehr zusammen. Natürlich sparte er die Kohle nicht fürs Essen oder für Kleidung auf, sondern investierte ohne größeren Zeitverzug in Bier. Wahrscheinlich die beste Anlage für ihn. Wir schenkten ihm oft unsere alten Klamotten, so kam es nicht selten vor, dass er die Leute im 300-Euro-Sakko um ein paar Cent anbettelte. Jeden Monat kam er mit einem anderen Fahrrad an – ob er es geschenkt bekam oder geklaut hatte? Wir wollten es gar nicht wissen. Meistens fuhr er es zu Schrott oder es wurde ihm geklaut. Untereinander waren die Jungs von der Straße sehr rüde miteinander. Es gab klare Aufteilungen und es gab Revierkämpfe. Ferdl war den Angriffen seiner Mitstreiter immer wieder ausgesetzt, weil er seit Jahren mit dem P1 einen der lukrativsten Arbeitsplätze hatte, und viele seiner Kollegen waren ungemein neidisch auf sein Revier. Meist ließen sie ihn aber in
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