Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
Kognition meint hier die bewusste Informationsverarbeitung, also ein aktives Denken. Wir prüfen Argumente und Informationen, wägen ab und bilden uns dann ein Urteil.
Zu 4.: Einstellungen sagen nicht nur voraus, wie wir uns in einer bestimmten Situation verhalten werden. Wir können auch umgekehrt aus einem Verhalten auf eine Einstellung schließen. Denn viele unserer Einstellungen sind uns gar nicht bewusst. Weil wir aber möchten, dass unser Denken mit unserem Handeln im Einklang steht, passen wir unsere Einstellung unserem Verhalten an.
Vielleicht haben Sie zum Beispiel nie darüber nachgedacht, ob Sie Briefträger mögen oder nicht. Fragt Sie jemand danach, können Sie aber Ihr Verhalten analysieren: Wie begegnen Sie Briefträgern, wenn Sie ihnen begegnen? Grüßen Sie sie? Freundlich? Oder ignorieren Sie sie? Halten Sie ihnen die Tür auf? Legen Sie ihnen zu Weihnachten eine kleine Dankesnote hin? Oder haben Sie in Ihrem Leben noch nie einen Briefträger bewusst wahrgenommen?
Unterschiedliche Einstellungen können unterschiedlich stark auf jeder der vier Komponenten beruhen. Ändern können wir eine Einstellung bei einer Zielperson nur, indem wir auf der Ebene einwirken, auf der die Einstellung entstanden ist:
Nr. 1, die genetische Komponente, können wir nicht ändern, zumindest nicht mit unseren bescheidenen alltäglichen Mitteln. Schon gar nicht durch Argumente.
Nr. 2, die affektive Komponente, können wir ändern, indem wir auf die Emotionen unserer Zielperson einwirken. Das ist möglich, sogar sehr gut! Allerdings ist es das Wesen von Emotionen, dass sie sich nicht durch Argumente und Logik beeindrucken lassen. Ist die affektive Komponente betroffen, erreichen wir oft mit Argumenten sogar genau das Gegenteil dessen, was wir wollen.
Nr. 3, die kognitive Komponente, können wir in der Tat durch Informationen und Argumente beeinflussen.
Nr. 4, die verhaltensbasierte Komponente, können wir beeinflussen, indem wir auf das Verhalten einwirken, aus dem die Person ihre Einstellungen ableitet. Das klingt abenteuerlich – eine raffinierte Methode dazu werden Sie in Kapitel 9 kennenlernen.
Nur in einem von vier möglichen Fällen also kommen wir überhaupt mit Argumenten und Informationen weiter – mit dem, was wir gemeinhin unter »Überzeugungsarbeit« verstehen: Wenn eine Einstellung über die kognitive Komponente entstanden ist.
Wann ist das der Fall? Die kognitive Komponente wirkt hauptsächlich bei Themen, von denen jemand selbst unmittelbar betroffen ist. Das wiederum gibt vor, wie die Argumente beschaffen sein sollten, wenn wir sie nutzen – diese Frage klären wir im nächsten Kapitel.
Ist jemand nicht unmittelbar selbst von einem Thema betroffen, wirken eher die anderen Komponenten. Vor allem eine Komponente ist praktisch immer beteiligt: die affektive. Wir können unser bewusstes Denken abschalten – aber niemals unsere Emotionen.
Daher haben wir viele Einstellungen, die völlig unabhängig sind von jeglichem bewussten Denken. Selbst wenn jemand seine Einstellung als »Meinung« bezeichnet, setzt das noch nicht einmal voraus, dass er dafür auch nur ein einziges Argument hat. Das Tolle an der »Meinung« ist ja gerade, dass jeder eine haben darf, ohne dafür Argumente zu brauchen: Jeder ist frei, seine »Meinung« mit schlechten Argumenten zu begründen – oder eben auch mit gar keinen. Das ist nicht nur eine psychologische Tatsache, sondern sogar eine verfassungsrechtliche: Die Meinungsfreiheit in Artikel 5 unseres Grundgesetzes schützt auch Meinungen, die völlig ohne Denken und Argumente zustande gekommen sind. Und zwar nicht weniger als eine »Meinung«, die sich jemand nach jahrzehntelangem Forschen und Abwägen gebildet hat.
Aber wir haben keine Einstellung, die völlig unabhängig von Emotionen ist. Die affektive Komponente wirkt immer zumindest mit.
Viele Einstellungen sind uns nicht einmal bewusst – denken Sie an das Beispiel mit den Briefträgern. Sie schlummern tief in uns, das nennt man in der Psychologie »implizite Einstellung«, im Gegensatz zur »expliziten Einstellung«, die wir uns ganz ausdrücklich gebildet haben. Wie Sie sich denken können, kommen implizite Einstellungen nicht dadurch zustande, dass wir bewusst Argumente und Informationen abgewogen haben. Also können wir implizite Einstellungen auch nicht durch Argumente und Informationen ändern.
Selbst wenn Menschen eine Einstellung argumentativ begründen, kann die wahre Ursache für diese Einstellung
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