Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
Eindruck, es handle sich dabei um etwas Heimliches, Unanständiges und eher Verbotenes als Erlaubtes.
Dabei kommen die Lobbyisten ganz offiziell zum Einsatz: Jedes Ministerium muss, wenn es ein Gesetz entwirft, die »betroffenen Fachkreise rechtzeitig beteiligen«. So steht es in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien.
Und auch die Geschäftsordnung des Bundestages sieht Anhörungen »von Sachverständigen, Interessenvertretern und anderen Auskunftspersonen« ausdrücklich vor. Dafür führt der Bundestag eine Liste mit Verbänden, die auf Bundesebene operieren. Sie umfasst gut 2.000 Verbände und ist im Internet für jeden einsehbar, einschließlich der Namen der konkreten Lobbyisten. Wer dort gemeldet ist, erhält einen Hausausweis für den Deutschen Bundestag. Dieser Ausweis öffnet ihm die Türen zum Parlament und den Abgeordnetenbüros. Er ist »im Gebäude offen zu tragen« – damit jeder sofort sieht, wer hier mit welchen Interessen durch die Flure läuft.
Das öffentliche Bild des Lobbyisten – der teuer gekleidete Großkonzernvertreter, der mit wehenden Haaren aus dem Flugzeug steigt, um in dunklen Hinterzimmern Gewinne zu maximieren – es trifft nur auf einen sehr kleinen Teil der Lobbyisten zu.
Viele haben das Wort »Lobbyismus« bisher ohnehin nur im Zusammenhang mit Waffenhandel gehört. So sehr hat der Begriff darunter gelitten, dass kein Unternehmen, kein Verband offiziell eine »Lobbyabteilung« hat. Von »politischer Kommunikation« ist da die Rede oder von »Public Affairs« und »Government Relations«. Dabei geht es aber um viel mehr als nur um Außendarstellung: Ein Lobbyist verfolgt immer konkrete Ziele. Meist geht es darum, dass ein Gesetz oder eine sonstige politische Entscheidung in einer bestimmten Form zustande kommen oder verhindert werden soll.
Ein Lobbyist ist ein Interessenvertreter, so wie ein Klassensprecher ein Interessenvertreter seiner Schulklasse ist – und so wie jeder von uns jeden Tag Interessen gegenüber seinen Mitmenschen vertritt, seine eigenen und auch die von anderen. Manchmal machen wir das bewusst, oft merken wir es gar nicht.
Auch deshalb ist es für uns alle so interessant zu wissen, wie Lobbyisten arbeiten.
Ein Ausschuss im Deutschen Bundestag kann eine Anhörung durchführen, wenn er zu einem bestimmten Thema die Meinung von Experten einholen möchte. Denn die Abgeordneten selbst sind in der Regel Laien in den Themen, zu denen sie Gesetze beschließen. Sicher: Etliche Berufsgruppen sind im Parlament vertreten, viele Anwälte, viele Beamte, wenige Ärzte, erstaunlich wenige aus dem Bank- und Finanzmarktsektor und aus der Versicherungswirtschaft. »Arbeitslos, ohne Berufsausübung« ist laut dem Berufsverzeichnis der Abgeordneten derzeit niemand. Fachwissen existiert, aber es ist punktuell verteilt und sitzt nicht immer in den Ausschüssen, in denen es gerade gebraucht wird.
Deshalb können die Ausschüsse Fachleute von außen einladen: Wissenschaftlerinnen, Praktiker, Vertreter von Verbänden und einzelnen Unternehmen, aus Organisationen aller Art. Wen immer sie für geeignet halten, zur Klärung einer Frage beizutragen. Und wer immer bereit ist, seinen Filterkaffee selbst zu zahlen.
So weit die Theorie.
In der Praxis saßen wir, die zehn geladenen Sachverständigen, an einem langen Tisch, und wenn wir über die großen Namensschilder vor uns sahen, blickten wir direkt in die Augen der Abgeordneten, die uns – verhörten. Denn das »Berliner Verfahren« ist strenger als die Strafprozessordnung. Es besagt, dass die Sitzungszeit peinlich genau aufgeteilt wird zwischen den Fraktionen, je nach deren Gewicht im Bundestag. Eine so aufgeteilte Stunde heißt »Berliner Stunde«.
»Ihnen stehen 22 Minuten zur Verfügung«, gab der Vorsitzende den Startschuss für die größere der beiden Regierungsfraktionen. Deren Abgeordnete durften nun 22 Minuten lang Fragen stellen. Die kleineren Fraktionen mussten sich kürzer fassen.
Ähnlich verhält es sich mit der Zahl der Sachverständigen, die jede Fraktion für die Anhörung »benennen« darf. Jeder Sachverständige sitzt dort »auf dem Ticket« einer ganz bestimmten Fraktion, wie man das mehr oder weniger offiziell nennt. Und die größeren Fraktionen dürfen mehr Experten laden als die kleineren.
Jede Frage muss sich an einen konkreten Sachverständigen richten – von uns zehn durfte also nur derjenige antworten, der gerade ausdrücklich angesprochen war. Da könnte man meinen, die
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