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Du Mich Auch

Du Mich Auch

Titel: Du Mich Auch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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Plötzlich fühlte sie sich alt. Alle Energie war von ihr gewichen.
    »Was denn, meine Kleine?« Robert streichelte ihre Wange.Er schien sich an ihrem seltsamen Aufzug nicht im mindesten zu stören. »Brauchst du mehr Zeit? Dann werde ich Werner in die Reha schicken. Und du bist ihn mindestens drei weitere Wochen los.«
    »Das ist es nicht«, erwiderte Evi. »Könntest du dich mal kurz hier abseilen?«
    Robert sah sie zärtlich an. »Für dich doch immer. Was ist denn dein Problem?«
    »Ein Brief, der seinen Adressaten nie erreichen darf«, antwortete Evi düster.
    Fünf Minuten später betraten sie die Krankenhaus-Cafeteria, wo Beatrice und Katharina auf sie gewartet hatten. Die Cafeteria war ein so trostloser Ort, dass er bestens zur Verfassung der drei Freundinnen passte. Eine Ansammlung verschmutzter Kunststoffmöbel, die irgendein Sadist in die zugigste Ecke des betongrauen Eingangsbereichs gestellt hatte.
    »Ihr seht ja aus, als ob euch jemand das Spielzeug weggenommen hätte«, schmunzelte Robert. »Handelt es sich um einen Notfall? Einen erotischen Notfall vielleicht?«
    Beatrice stützte seufzend ihre Ellenbogen auf den Tisch. Sie litt besonders heftig, denn sie war es ja gewesen, die den fatalen Brief in den Postkasten geworfen hatte. Katharina klopfte sich ein nicht existentes Stäubchen von ihrem Nadelstreifenanzug. Evi faltete ihre schweißnassen Hände.
    »Es geht um Leben und Tod«, erklärte Katharina heiser.
    Robert grinste. »Kommt mir bekannt vor. Leider habe ich Spätdienst, bis um zehn. Aber danach …«
    »Das ist es nicht«, fiel Beatrice ihm ins Wort. »Ich Dämlack habe einen Brief auf die Reise geschickt, der eine ganze Familie zerstören könnte. Von den Turbulenzen der zu erwartenden Regierungskrise mal ganz abgesehen.«
    »Holla. An wen ist der Brief denn gerichtet?«, fragte Robert.
    Er grüßte zwei junge Krankenschwestern, die lachend am Tisch vorbeigingen, dann kehrte sein Blick zu Katharina zurück. Evi spürte eine schreckliche Eifersucht in sich aufsteigen. Den lieben langen Tag war Robert von hübschen Frauen umgeben. Und hieß es nicht, die meisten Paare lernten sich am Arbeitsplatz kennen? Wie hatte sie sich nur einbilden können, dass sie etwas Besonderes für ihn war? Aber darum ging es jetzt nicht.
    »An einen Journalisten«, antwortete Katharina. »Von der
Spreezeitung
. Falls er den Brief öffnet, kommt es zur Katastrophe.«
    »Ihr macht mich echt neugierig«, sagte Robert.
    Evi rang mit sich. Durften sie Robert ins Vertrauen ziehen? Würde er schweigen? Oder machten sie alles nur schlimmer, wenn sie ihm die Wahrheit offenbarten?
    »Sag mal, als Arzt unterliegst du doch der Schweigepflicht, oder?«, fragte sie. »Egal, worum es geht?«
    Roberts Züge verhärteten sich »Nur um das klarzustellen: Ich tue prinzipiell nichts Ungesetzliches. Und nichts, was meiner medizinischen Ethik widerspricht. Keine Abtreibungen, keine Verstümmelungen, keine Gefährdung von Menschenleben.«
    »Robert!«, rief Evi erschrocken. »So was würden wir doch nie von dir verlangen!«
    Er griff zu dem Becher, den Beatrice ihm hinschob, und stürzte den Kaffee hinunter. »Okay, okay. ’tschuldigung. Aber ihr seid mir manchmal ein bisschen unheimlich. An was hattet ihr denn gedacht?«
    Fragend sah Evi ihre Freundinnen an. »Wollen wir ihn einweihen?«
    »Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig«, stimmte Katharina zu. »Also. Es ist ein Foto in dem Brief, das Familienminister Hoffner beim Liebesspiel zeigt. Nicht mit seiner Frau, wohlgemerkt.«
    Ein verstehendes Grinsen huschte über Roberts Gesicht. »Könnte das Foto von einer Kamera stammen, die ich selber installiert habe?«
    Katharina schloss die Augen, was so viel wie ja bedeutete.
    »Ach, und jetzt haben es sich die Damen anders überlegt?«, erkundigte sich Robert sarkastisch.
    Alle drei nickten schuldbewusst.
    »Tja.« Er drehte den Kaffeebecher in seinen Händen hin und her. »Ich fürchte, da kann ich euch nicht weiterhelfen. Wenn ihr die Postzentrale in die Luft sprengen wollt, bitte. Aber definitiv ohne mich.«
    »Vielleicht gibt es einen anderen Weg«, flüsterte Evi.
     
    Das Redaktionsgebäude der
Spreezeitung
war ein spektakulär hässlicher Siebziger-Jahre-Bau, dessen Fassade mit Graffiti besprüht war. Robert und Beatrice beobachteten vom Auto aus, wie Katharina und Evi die Pförtnerloge ansteuerten. Trotz der frühen Morgenstunde wirkten sie wie aus dem Ei gepellt. Katharina hatte einen schwarzen Hosenanzug gewählt, Evi ein

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