Du Mich Auch
eine Strategie überlegt – das sei nur eine Intrige des politischen Gegners. Schmutzkampagne und so.« Sie trank einen Schluck. »Weißt du, was er sich ausgedacht hat? Ich soll zurücktreten! Das würde die Öffentlichkeit ablenken.«
»Nein!«, rief Evi. »Auf was für einem Trip ist der denn?«
»Die Arroganz der Macht«, befand Katharina resigniert. »Der hält sich für den Silberrücken auf dem Pavianhügel. Und das will er auch bleiben. Also – soll ich nun den Brief an Ralf abschicken oder nicht?«
Evi fühlte sich komplett überfordert. »Wir müssen Beatrice anrufen. Das ist eine Schicksalsentscheidung, über die nur das Trio fatal befinden kann.«
Sie erwischten Beatrice mitten in einem Meeting. Dennoch war sie sofort mit einem Treffen einverstanden. Evi zog nicht einmal den Kittel aus, den sie bei ihren morgendlichen Putzorgien trug. So wie sie war, in Kittel und Hausschlappen, rannte sie mit Katharina zur Garage.
Als sie auf die Straße einbog, sah sie einen schwarzen Kombi, der dort gehalten hatte und nun ebenfalls anfuhr. Daswar ungewöhnlich. In dieser ruhigen Villengegend hielten normalerweise nicht irgendwelche Autos.
»Sieh mal unauffällig nach hinten«, sagte Evi. »Werden wir etwa verfolgt?«
Katharina drehte sich um. »Keine Ahnung. Aber wir werden es herausbekommen. Fahr mal ein bisschen wirr. Rechts abbiegen, dann links, dann wieder rechts.«
Evi tat das Verlangte. Der Kombi blieb ihnen in einigem Abstand auf den Fersen.
»Kannst du im Rückspiegel erkennen, wer drin sitzt?«, fragte Katharina. Ihre Stimme bebte.
Evi konnte vor Aufregung kaum das Lenkrad halten. »Zu weit weg. Die Person trägt was Dunkles, würde ich sagen. Ein Mann, vielleicht auch eine Frau. Wer kann das sein?«
Katharina biss sich auf die Lippen. »Polizei, Geheimdienst, Presse – ich habe keinen blassen Schimmer. Das Kennzeichen ist jedenfalls nicht von hier.«
Wie ein dunkler Schatten folgte ihnen der Wagen quer durch die Stadt, bis sie in zweiter Reihe vor einem Eiscafé in der Nähe von Beatrices Büro hielten. Für eine korrekte Parkplatzsuche war keine Zeit. Mit gesenkten Köpfen stiegen Evi und Katharina aus und liefen in das Lokal. Standen etwa schon Paparazzi bereit, Katharina abzuschießen? Alles schien möglich.
Das Eiscafé war eine türkisfarben gestrichene Bar, die überwiegend von jungen Leuten frequentiert wurde. Wummernde Hiphop-Sounds ließen die Gläser auf den Tischen leise klirren. Beatrice war schon da. Sie trank Iced Latte macchiato mit einem Strohhalm und sah ungeduldig auf die Uhr.
»Mädels, ihr crasht mich. Jetzt möchte ich aber einenguten Grund hören, warum ich gerade meine besten clients sitzengelassen habe. Und warum Evi aussieht wie eine Putzperle im Ausnahmezustand.«
In kurzen Worten referierte Katharina den Stand der Dinge. Dass sie den Brief abgeschickt hatte. Und dass ein zweiter in ihrer Handtasche lag, dessen Wirkung weit verhängnisvoller sein würde.
Beatrice fackelte nicht lange. Erregt stand sie auf. »Her mit dem Brief! Am Ende der Straße hängt ein Postkasten. Da schmeiß ich ihn jetzt rein. Langes Nachdenken führt nur zu Irritationen der weiblichen Intuition.«
Ohne Widerspruch händigte Katharina ihr das Kuvert aus, und im Laufschritt hastete Beatrice nach draußen. Als sie wiederkam, war auch sie etwas blasser als sonst.
»Touché«, sagte sie. »Jetzt nur nicht schwächeln, Katharina. Shit happens. Sonst stolperst du am Ende selbst in die Falle, die du deinem Horst gestellt hast.«
Katharina fröstelte. »Das Ganze wird eine Regierungskrise auslösen. Wir sollten …«
Mitten im Satz brach sie ab. Eine schmale Frau in einem schwarzen Trenchcoat war an den Tisch getreten. Rötliche Locken umspielten ihr verhärmtes Gesicht. Ihre Mundwinkel zuckten.
»Darf ich mich kurz zu Ihnen setzen?«, fragte sie.
»Ich wüsste nicht, warum«, entgegnete Beatrice. »Mit wem haben wir denn das zweifelhafte Vergnügen?«
Die Frau setzte sich. »Ich bin Amelie Hoffner. Die Frau von Familienminister Horst Hoffner.«
Evi konnte sich später nicht mehr erinnern, wie lange sie dagesessen hatten, unfähig, auch nur eine Silbe herauszubringen.Eine gefühlte Ewigkeit jedenfalls. Es war Amelie Hoffner, die das Schweigen schließlich brach.
»Ich weiß alles«, sagte sie, an Katharina gewandt. »Ich habe Sie beide beobachtet, länger schon. Habe nächtelang vor Ihrem Appartement gestanden und mich nicht getraut zu klingeln. Aber als Horst …«, sie schluckte,
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