Du oder die grosse Liebe
auf dem Boden.
»Hallo, mein Mädchen«, sage ich und schließe die Zwingertür auf.
Sie hebt den Kopf, als ich sie streichle und legt ihn in meinen Schoß. Ich lerne schnell, dass Granny es mag, wenn man ihren Bauch krault. Ich gehe mit ihr Gassi und führe sie zu der offenen Rasenfläche hinter dem Gebäude, damit sie etwas herumschnüffeln kann.
Ich führe auch die anderen Hunde aus, aber die ganze Zeit denke ich an Granny. Ich kehre fünfmal zu ihrem Zwinger zurück, um ihren Bauch zu kraulen.
»Ich komme morgen wieder, um nach Granny zu sehen«, informiere ich Sue in meiner Pause.
»Du stehst nicht auf dem Plan.«
»Ich weiß. Aber mir ist aufgefallen, dass ihre Schüssel voll war. Ich habe sie mit der Hand gefüttert. Wenn sie morgen wieder nicht frisst, werde ich ihr helfen.«
Sue rollt mit den Augen. »Sie wird fressen, Nikki. Gesunde Hunde hungern sich nicht zu Tode.«
»Depressive schon«, erwidere ich. »Und sie ist depressiv.«
»Zu dumm, dass wir kein Geld für einen Hundpsychologen haben, hm?«
»Aber du hast mich«, erinnere ich sie.
Ich verbringe den Rest der Zeit damit, mich um die anderen Hunde zu kümmern, dann fahre ich nach Hause, um unter die Dusche zu springen.
Als ich dort ankomme, wartet Kendall schon auf mich. Sie starrt entsetzt die Dreckflecken auf meiner Jeans an. »Bist du voller Hundebazillen?«
»Yep.«
Sie hebt abwehrend die Hände. »Igitt. Fass mich bloß nicht an. Ich werde draußen warten, während du duschen gehst. Beeil dich!«
Wir haben schon seit einer Weile geplant, auf Dereks Boot in Fox Lake zu gehen. Es ist eigentlich nicht sein Boot, sondern das von seinen Eltern.
Zwanzig Minuten später komme ich aus dem Haus gerannt – geduscht und bereit, den Rest des Tages mit Relaxen und Sonnenbaden auf dem Boot zu verbringen.
»Also …«, sagt Kendall, als wir in ihrem Auto sitzen. »Willst du darüber reden, was seit dem Kuss zwischen dir und Luis läuft?«
Ich habe Kendall nach dem Kuss angerufen und ihr alles erzählt. »Nichts. Du weißt, ich habe nur mit Luis rumgeknutscht, um mir selbst etwas zu beweisen … und ihm.«
»Und das wäre …«
»Dass ich einen Jungen küssen kann, ohne Gefühle für ihn zu entwickeln.«
»Und wie hat das für dich geklappt?«
Ich sehe aus dem Fenster. »Ich bin gefühlsmäßig nicht so immun, wie ich es gerne wäre. Ich bin nur froh, dass wir heute mit dem Boot rausfahren und ich wieder einen klaren Kopf bekommen kann. Ich möchte mit niemandem etwas anfangen, Kendall. Besonders nicht mit jemandem wie …«
»Wie Marco?«, sagt Kendall und beendet damit meinen Satz.
»Ja. Das kann ich nicht machen.«
Kendall zuckt mit den Schultern. »Was ist, wenn Luis anders ist, Nik? Was, wenn er dich mag und du ihn magst und alles gut geht?«
»So funktioniert das doch nicht. Du liebst Derek und Derek liebt dich. Trotzdem habt ihr zwei Probleme.«
»Ich gehe heute mit auf sein Boot, oder? Ich versuche, den Moment zu leben, anstatt von unserer unausweichlichen Zukunft besessen zu sein.«
»Und du findest, das sollte ich auch?«
Nach der fünfundvierzigminütigen Fahrt biegt sie auf den Schotterweg ab. »Ich finde, dass du glücklich sein solltest. Du bestrafst dich jetzt schon seit zwei Jahren, Nikki.«
»Ich will nicht wieder verletzt werden.« Ich lächle und umarme sie fest. »Aber ich liebe dich dafür, dass du mich glücklich sehen willst.«
Kendall war für mich da, nachdem ich das Baby verloren hatte. Sie hat mir zugehört, wie ich Stunde um Stunde, Tag für Tag, Nacht für Nacht weinte, bis keine Tränen mehr übrig waren. Wenn ich sie zum Reden brauchte, jemanden, der mir irgendetwas erzählte, das mich von dem ablenken würde, was passiert war, war sie an meiner Seite. Sie redete über alles und nichts, bis sie heiser war. Und wenn ich nicht reden wollte, saßen wir stundenlang schweigend da. Sie kaufte mir Eiskrem und Grußkarten von Hallmark mit ermutigenden Worten und versicherte mir, eines Tages würde mein Herz heilen, selbst wenn mein Körper für immer versehrt bliebe.
»Versuch einfach, Spaß zu haben, okay?« Wir umrunden Dereks Haus am See und laufen auf den privaten Bootsanlegesteg zu.
»Hallo Mädels!«, ruft Derek vom Boot. »Ihr seid spät dran.«
»Nikki musste sich noch die Hundebazillen abwaschen«, sagt Kendall. Zum ersten Mal seit einer Woche schlingt sie die Arme um Derek und gibt ihm einen Kuss. Ich freue mich, dass es wieder besser zwischen ihnen steht, obwohl ich zugeben muss, dass ich so
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