Du oder die grosse Liebe

zu dürfen.«
    »Du könntest auf dem Weg nach oben oder auch auf dem nach unten sterben.«
    »Das ist mir egal. Für das ultimative Abenteuer ist es das Risiko wert. Dem Mond und den Sternen so nah zu sein … zu wissen, dass das Universum endlos ist.«
    »Du träumst, Luis. Komm auf die Erde zurück.« Ich spritze ihm Wasser ins Gesicht.
    Er legt den Kopf auf die Seite und sagt unverblümt: »Nur damit du Bescheid weißt, ich werde mich rächen.«
    Ich spritze ihn weiter nass.
    »Ich warne dich …«
    Als ich ihn das dritte Mal vollspritze und sage: »Beweise es«, taucht er unter. Ich trete mit den Füßen, während ich mich frage, was er vorhat. »Luis, wenn du mir Angst machst oder mich unter Wasser ziehst, bring ich dich um. Großes Ehrenwort. Ich habe nur Spaß gemacht, als ich gesagt habe ›Beweise es.‹«
    Ich trete weiter. Von Luis ist weit und breit nichts zu sehen. Nicht mal ein Kräuseln der Wasseroberfläche verrät mir, ob er in meiner Nähe ist. Die Ungewissheit macht mich verrückt. Ich warte, weiter Wasser tretend. Ich weiß, dass er hier irgendwo sein muss, es sei denn, er ist tatsächlich ein Fisch und atmet unter Wasser in einer magischen Unterwasserwelt. Er wird wieder auftauchen … aber wann?
    Er durchbricht direkt neben mir die Wasseroberfläche und setzt seinen ganzen Körper ein, um eine riesige Fontäne aufspritzen zu lassen. Ich stoße ein extrem lautes Quieken aus, das ihn zum Lachen bringt.
    Er wischt sich mit der Hand das Wasser aus dem Gesicht. »Du bist nicht so tapfer, wie du vorgibst, mi chava .«
    »Ich bin tapfer, wenn sich die Typen nicht von hinten an mich ranpirschen.«
    »Ich pirsche nicht.«
    »Hinterrücks anschleichen?«
    »Auch das nicht. Wenn ich ein Mädchen mag, gehe ich nicht so subtil vor. In der dritten Klasse habe ich einen Liebesbrief in Selena Ibarras Pult gelegt.«
    »Was ist passiert? Hat sie ihn gelesen?«
    »Hm. Sie hat gelacht. Und dann hat sie ihn auf dem ganzen Schulhof rumgezeigt. Alle haben sich über mich lustig gemacht, bis mein Bruder Carlos gedroht hat, jedem den Hintern zu versohlen, der gemein zu mir ist. Danach hat mich niemand mehr geärgert. Carlos kann sehr respekteinflößend sein, wenn er will.«
    »Glaubst du, er versohlt mir auch den Hintern, wenn ich gemein zu dir bin?«
    »Er ist beim Militär und in Übersee stationiert. Ich denke, du hast nichts zu befürchten.«
    »Gut«, sage ich. »Dann wird er nichts dagegen haben, wenn ich das hier mache.« Als ich die Arme ausstrecke, um ihn unterzutauchen, wehrt er sich nicht besonders. Als er wieder hochkommt, ist sein Gesicht dicht vor meinem.
    Ich atme schneller und schwerer. Ich weiß nicht, ob es ist, weil ich schon zu lange im Wasser bin oder weil er mich so sehr an Marco erinnert. Plötzlich sehe ich nur noch verschwommen und in meinen Kopf dreht sich alles.
    »Oh-oh«, sage ich.
    »Was ist los?«
    »Mir ist plötzlich so schwindelig.« Ich strecke die Hand aus und greife voller Panik Halt suchend nach seinem Arm.
    »Bist du okay?«, fragt er. Seine Stimme klingt besorgt. Sein freier Arm legt sich um meine Taille und hält mich in einer festen, schützenden Umarmung … wie ein Held. Unter Wasser berühren sich unsere Beine, und es fühlt sich intim an, obwohl es das nicht ist.
    Ich löse rasch meine Hand von seinem Arm. »Tut mir leid. Mir war bloß … eine Sekunde lang schwindelig. Mir geht es gut.«
    Ich dachte früher, Marco sei mein Held, aber das war er nicht. Helden sind bloß erfundene Figuren aus dem Märchen. In Wahrheit gibt es sie gar nicht. Zumindest nicht in meiner Welt. Aber heute ist Luis nah dran, ein Held zu sein.
    Er bringt mich zurück zum Boot, bleibt die ganze Zeit an meiner Seite und fragt mich immer wieder, ob es mir gut geht. Bevor wir an Bord klettern, tippt er mich am Arm an. »Nik?«
    »Ja?«
    »Nur damit du’s weißt, ich habe heute viel Spaß gehabt.«
    Ich nicke und schenke ihm ein kleines Lächeln. »Ich auch. Es ist gut, dass wir vorher festgelegt haben, dass das hier kein Date ist.«
    »Ich sollte dich warnen, dass ich plane, den Rest des Tages zu nutzen, um deine Meinung zu ändern«, sagt er mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

19
    Luis
    Nach dem Fußballtraining am Montag hängen Marco und ich bei ihm zu Hause ab. Er verdreht die Augen, als ich darauf bestehe, meine Hausaufgaben zu erledigen, bevor wir losziehen und mit ein paar anderen Jungs Party machen.
    Als ich mit den Hausaufgaben fertig bin, steigen Marco und ich in seinen schwarzen SUV mit