Du oder die grosse Liebe
… wie er in einer Ecke mit Mariana Castillo rumknutscht. Sie ist eine von den toughen, hübschen Latino-Blood-Mädels, von denen sich die meisten anderen Mädchen an der Fairfield fernhalten. Er küsst sie auf die vertraute Art, die ich nur zu gut kenne. Und erforscht ihren Hintern mit den Händen, die vor zwei Tagen noch meinen nackten Körper berührt haben.
Nein.
Ich schließe die Augen und wünsche mir, das Bild möge sich in Luft auflösen. Aber das tut es nicht.
Ich öffne die Augen, und jetzt bemerke ich, dass die meisten Freshmen und Sophomores mich anstarren. Ich bekomme mitleidige Blicke von den Northside-Mädchen, aber mir fällt auf, dass die meisten Latina-Mädchen von der Southside miteinander flüstern und lachen. Sie freuen sich diebisch, weil Marco seine reiche Freundin von der Northside abserviert hat.
Ich mache Kendall ein Zeichen, mir nicht zu folgen, drehe mich um und renne aus dem Zelt. Ich bleibe nicht stehen, bis ich zwanzig Minuten später zu Hause ankomme. Keuchend flitze ich die Treppe hinauf und schließe mich in meinem Zimmer ein. Ich komme mir wie eine Vollidiotin vor.
Ich ziehe den Schwangerschaftstest aus dem Reißverschlussfach meiner Handtasche und packe das Stäbchen aus. Dann atme ich tief durch. Jetzt ist er da. Der Moment der Wahrheit.
Ich schleiche mich ins Badezimmer, dankbar dafür, dass der Rest der Familie im Wohnzimmer vor dem Fernseher sitzt.
Nachdem ich den Anweisungen gefolgt bin, halte ich das Stäbchen in meiner Hand und warte ungeduldig auf das Testergebnis. Während ich das kleine Plastikfenster anstarre, das mir mein Schicksal offenbaren wird, schießen mir drei Dinge durch den Kopf, die Marco mich heute gelehrt hat: Jungs lügen dir mitten ins Gesicht, nur um dich ins Bett zu kriegen; du kannst keinem Jungen vertrauen, der dir ich liebe dich sagt; und geh niemals mit einem Jungen von der Southside.
5
Luis
Zwei Wochen nach meinem Showdown mit der Schlange stehe ich in einem Smoking auf der Hochzeit meines Bruders. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal erlebe, wie Alex heiratet. Aber andererseits hätte ich auch nie gedacht, dass ich mal nach Illinois zurückkehren würde. Dieses Mal jedoch wohnen wir in einem gemieteten Haus auf der Sheridan Road in Winnetka. Es ist weniger als eine Viertelstunde von der Southside von Fairfield entfernt, wo wir früher gewohnt haben, aber es kommt mir wie eine völlig andere Welt vor.
»¿Estás nervioso?« , frage ich Alex, während ich zusehe, wie er versucht, seine Fliege zu richten.
» Estoy bien , Luis. Nur dieses verdammte Ding will einfach nicht richtig sitzen«, knurrt Alex. Dann zieht er die Stoffbänder unter seinem knisternden weißen Hemdkragen hervor, pfeffert sie auf den Boden und fährt sich mit der Hand durchs Haar. Er seufzt schwer und wirft mir einen Blick zu. »Wie zum Teufel hast du es geschafft, deine zu binden, ohne dass es aussieht, als hätte ein kleines Kind es gemacht?«
Ich ziehe ein gefaltetes Papier aus der hinteren Hosentasche meiner geliehenen Smokinghose, wobei ich den Schmerz in meiner immer noch wunden Hand ignoriere. »Ich habe mir die Anleitung aus dem Internet geholt und ausgedruckt«, verkünde ich stolz und halte ihm das Blatt Papier hin.
»Du bist so ein Streber, Luis«, mischt mein anderer Bruder Carlos sich ein, während er mit großen Schritten quer durch das Zimmer auf mich zukommt und mir das Blatt aus der Hand reißt.
Carlos musste sich keine Gedanken darum machen, einen Smoking zu leihen, weil er seine Ausgehuniform von der Armee trägt. So gerade und aufrecht wie er in der Uniform dasteht, weiß ich, dass er stolz darauf ist, zu dienen anstatt noch in der Gang zu sein, in der er war, als er mit mir und Mamá in Mexiko gelebt hat.
»Hier«, sagt Carlos, hebt die Fliege auf und drückt sie und die Anleitung in Alex’ leere Hand. »Du solltest deine Braut besser nicht vor dem Altar warten lassen. Sie könnte sich sonst überlegen, dich sitzen zu lassen, um lieber einen Typen mit viel Aktienkapital zu heiraten.«
»Machst du dich über mich lustig?«, sagt Alex und schubst Carlos weg, als der über den durchsichtigen Plastikbehälter mit der ordentlich darin verpackten roten Rose zum Anstecken lacht.
Carlos nickt. » Estoy tratando . Seit ich vor neun Monaten eingezogen worden bin, hatte ich keine Gelegenheit mehr, dich so richtig zu verarschen, Alex. No puedo parar .«
Gerade als ich Alex anbieten will, seine Fliege für ihn zu binden, betritt mi’amá das
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