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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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Straße zusammengekommen, um ihre Liebe und ihr Mitgefühl zu erweisen. Ich ging direkt zu meinen Kindern, zu Bessan, Dalal und Shatha, zu Mayar und Aya, Mohammed, Raffah und Abdullah.
    In dieser Nacht schliefen wir alle gemeinsam in einem Raum, fanden im Miteinander Trost und Stärke. Am nächsten Tag trugen wir Nadia zum Friedhof und begruben sie dort. Wir beteten den ganzen Tag und noch drei Tage lang. Unsere Freunde und Familie kamen, um uns zu trösten. Unser Leid war kaum zu ertragen; wir überstanden diese Tage nur, weil wir einander hatten.
    Nadia war eine wundervolle Ehefrau und Mutter, eine Frau, die von unserer Familie und unseren Freunden in Ehren gehalten wird. Ich hatte sie gekannt, solange ich denken konnte. Sie war meine Muse und mein Halt. Erst als ich sie verloren hatte, wurde mir klar, wie selbstverständlich sie mir all die Jahre gewesen war. Ich hatte die Frustrationen und Ängste unseres Lebens durchstehen können, weil Nadia meine Stütze gewesen war. Dank des Rückhalts, den sie mir gab, und dank ihrer Liebe konnte ich mit allem fertig werden.
    Meine Kinder und ich sind von ihrem frühen Tod gezeichnet, aber wir finden Trost und Kraft in der Erinnerung an ihre Stärke.

SECHS
    Der Angriff
    Mit Nadias Tod begann eine Kette von Ereignissen, die das Leben meiner Kinder veränderte, meine Karriere beeinflusste und meinen Glauben auf die Probe stellte.
    Ich taumelte durch den Herbst 2008 und versuchte meinen Kindern sowohl Vater als auch Mutter zu sein. Anfangs konnte ich nicht wieder arbeiten gehen, weil mein Job mich jede Woche von Montag bis Donnerstag von Gaza fernhielt. Aber wer sollte sich um die Kinder kümmern? Andererseits – wenn ich keinen Job hatte, wer würde dann für uns sorgen?
    In unserer Kultur gilt die Ehe für Männer und Frauen als die beste Daseinsform. Als Maryam, die Schwester meiner Frau, durch die Tunnel von Ägypten zu Besuch kam, um – fast vier Monate nach Nadias Tod – die Familie zu besuchen, beobachtete ich, wie sie meinen Sohn Mohammed umarmte und küsste. Er hatte zwar seine Schwestern, aber brauchte er in seinem Leben nicht auch eine Mutterfigur? Ich hatte Maryam nie kennengelernt, sie war geschieden und älter als ich. Sie hatte jahrzehntelang in Algerien gelebt, und ich war bei ihren früheren Besuchen nicht zu Hause gewesen. Aber für meine Kinder war sie keine Fremde, und ich überlegte kurz, sie zu fragen, ob sie mich heiraten würde. Ich sprach mit ihrem Bruder und auch mit Maryam darüber, aber sie meinte, dass sie zum Heiraten zu alt sei und selbst schon Kinder und Enkel hätte.
    Meine Kinder sahen in einer Heirat auch keine gute Lösung. Bessan sagte: »Geh du arbeiten, ich kümmere mich ums Haus. Dalal und Shatha werden mir helfen.« Das war viel Arbeit für meine drei ältesten Töchter: acht Kinder, um die man sich kümmern und die man satt bekommen musste, und eine große Wohnung, die versorgt sein wollte. Bessan und Dalal studierten an der Islamischen Universität, und Shatha war im letzten Jahr der Oberschule. Ich besprach die Situation mit meinen Brüdern, und sie versprachen mir, dass ihre Frauen helfen würden. Also beschloss ich, wieder arbeiten zu gehen.
    Meine Rückkehr zur Arbeit erwies sich als eine gute Ablenkung von unserer Trauer. Die Mädchen kümmerten sich gemeinsam ums Haus und die jüngeren Kinder, während ich montags bis donnerstags in Tel Aviv war. Und ich verbrachte die Tage im Krankenhaus mit der Sorge um meine Patienten. Das Leben ohne Nadia war alles andere als normal, aber ein Anschein von Routine war in unser Leben zurückgekehrt.
    Ende Oktober 2008 erhielt ich von den Population Services International telefonisch ein Stellenangebot in Pakistan. Das war meine Chance, die Familie für eine Weile aus Gaza herauszubringen, dachte ich. Der Haken war, dass ich dafür bereits in wenigen Tagen entweder in Dubai oder in Pakistan sein musste, aber die Israelis würden mindestens vierzehn Tage brauchen, um die Ausreisepapiere für Jordanien auszustellen. Es sah so aus, als sei es unmöglich. Doch gerade da kündigten die Palästinenser an, dass der Übergang Rafah nach Ägypten für ein paar Tage geöffnet sein würde, also entschied ich mich, über Rafah nach Jordanien zu reisen, von wo ich fliegen könnte.
    Als Erstes musste ich jedoch dem Innenministerium der Hamas eine ausführliche Begründung und einen unanfechtbaren Beweis dafür liefern, dass ich ins Ausland reisen musste. (Patienten, die aus gesundheitlichen Gründen

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