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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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ist das Ende.
    In der Zwischenzeit hatte Sanaa, die Frau meines Bruders Atta, eine weiße Flagge an einer Stange angebracht und das Haus verlassen, um Hilfe zu holen. Nassers Frau Akaaber ging mit ihr auf die Straße. Sie liefen zum zwei Kilometer entfernten Flüchtlingscamp und erzählten den Leuten, was passiert war. Trotz der großen Gefahr auf der Straße kamen die Leute aus Jabaliya: unsere Freunde und alten Nachbarn, die Menschen, mit denen wir aufgewachsen waren und gemeinsam ums Überleben gekämpft hatten. Sie kamen mit Tragen und Tüchern, drängten sich an den Soldaten und Panzern vorbei, um meiner Familie zu helfen. Sie brauchten etwa fünfzehn Minuten bis zum Haus.
    Unterdessen versuchte ich herauszufinden, wer noch verletzt war. Shehab hatte Schrapnells in Kopf und Rücken. Ich untersuchte seine Wunden und hielt dabei Shatha im Arm, als ich hochschaute und Mohammed sah. Ich merkte gar nicht, wie mir die Tränen das Gesicht herabliefen. Alles, was ich weiß, ist, dass mein dreizehnjähriger Sohn sah, in welcher Verfassung ich war und mir ein wertvolles Geschenk machte. Er sagte mir, ich solle nicht traurig sein, da seine Schwestern nun glücklich und bei ihrer Mutter seien. Er sagte das aus tiefstem Glauben. Dann sagte Mohammed: »Ghaida hat geatmet.« Er hatte recht. Meine alten Nachbarn hoben Shatha, Ghaida, Nasser und Shehab auf die Tragen und bedeckten die Körper von Bessan, Mayar, Aya und Noor mit Tüchern, und wir machten uns auf den Weg, sie ins Krankenhaus zu tragen.
    Meine Gedanken rasten. Ich wusste, dass, wenn Ghaida überleben und Shathas Augenlicht gerettet werden sollte, wir in ein israelisches Krankenhaus gehen mussten. Doch wir gingen zum Kamal-Edwan-Krankenhaus in Nord-Gaza, das seit Wochen Tausende von Opfern zu behandeln hatte und schon lange nicht mehr mit den notwendigen Dingen ausgestattet war, die sie zur Behandlung meiner Tochter, meiner Nichte und meines Bruders brauchen würden. Als wir dort ankamen, rief ich Shlomi wieder an.
    Er erinnerte sich später an diesen Tag:
    »Es war Freitagnachmittag, und ich war gerade bei den Nachrichten, als ich Izzeldins Namen auf dem Display meines Handys sah. Ich war live auf Sendung, daher ging ich nicht dran. Aber ich fragte mich, was los war. Wir wollten gerade ein Interview mit Außenministerin Tzipi Livni machen, und wir hatten gerade anmoderiert, als ich seinen Namen erneut auf dem Display sah und entschied, das Telefonat live auf Sendung zu führen. Ich sagte den Zuschauern, dass etwas sehr Wichtiges reingekommen sei, machte den Telefonlautsprecher an und hielt das Handy hoch, sodass die Zuschauer es sehen konnten. Ich denke, die Regie wunderte sich, was um alles in der Welt ich da tat, mitten in der Live-Nachrichtensendung einen Anruf auf Sendung anzunehmen.
    Izzeldin war völlig aufgelöst und wiederholte, was ich später auf meiner Mailbox hörte: ›Sie haben mein Haus bombardiert. Sie haben meine Töchter getötet. Was haben wir getan?‹ Ich kann Ihnen nicht sagen, wie außergewöhnlich das war – so etwas macht ein Nachrichtenmoderator nicht ständig –, einen Anruf mitten in der Sendung anzunehmen. Ich fragte mich die ganze Zeit, ob es falsch gewesen war, das zu tun, und zugleich hörte ich wie geistesabwesend zu, was er sagte. Dann hörte ich, wie die Stimme meines Redakteurs in meinem Kopfhörer sagte: ›Bring das Telefon näher ans Mikro.‹
    Das Gespräch, das folgte, war herzzerreißend. Er hörte nicht auf zu weinen. ›Oh Gott, sie haben meine Töchter getötet. Shlomi, ich wollte sie retten, aber sie sind tot. Sie wurden am Kopf getroffen. Sie waren auf der Stelle tot. Allah, was haben wir ihnen getan? Oh Gott.‹ Seine anderen Kinder schrien im Hintergrund, als ich Izzeldin fragte, wo genau er wohnte. Er schluchzte. ›Niemand kann zu uns gelangen. Oh Shlomi, oh Gott, oh Allah, meine Töchter sind tot.‹ Er sagte mir, die Straßen seien gesperrt und sie könnten nicht zur Grenze gelangen. Ich fragte ihn, welche Kreuzung seinem Haus am nächsten lag. Er sagte es mir, und ich sagte auf Sendung: ›Wenn irgendjemand von den Streitkräften uns hören kann, rufen Sie jemanden an der Anschlussstelle Zimmo an, vielleicht kann jemand von den Verwundeten noch gerettet werden.‹ Ich überlegte, ob wir um einen Waffenstillstand und eine Ambulanz bitten konnten. Das alles war live auf Sendung.
    Offen gesagt, weiß ich nicht, was mich veranlasst hat, die Telefontaste zu drücken. War es der Reporterinstinkt? Oder sprach mein

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