Du sollst nicht hassen
Schlag verändern sollte.
Der 15. Januar war ein Tag wie alle anderen während dieser Belagerung, wir konnten nicht sehen, was draußen geschah, weil die Luft voller Asche war. Die Wohnung fühlte sich allmählich überfüllt an – wir waren zu zehnt. Dalal war bei ihrer Tante, aber meine sieben anderen Kinder, mein Bruder Shehab und seine Tochter Noor waren bei mir. An diesem Nachmittag verlor ich die Geduld und sagte den Kindern, sie sollten ihre Zimmer und alles andere aufräumen. Das Chaos draußen übertrug sich auf mich, und obwohl ich mir bewusst war, dass ich meine Anspannung auf sie übertrug, konnte ich nichts dagegen tun. Sie taten, was ich von ihnen verlangt hatte, und sagten dann, dass sie zu Bett gehen würden. Es war erst sechs Uhr abends, aber weil Winter war, war es schon dunkel. Ich wusste, sie wollten nur ins Bett, um meiner schlechten Stimmung zu entgehen. Ich fühlte mich furchtbar, weil ich ihnen Angst gemacht hatte, und ich wollte sie nicht unglücklich ins Bett gehen lassen. Also ging ich in die Küche und bereitete eine große Mahlzeit Shakshuka aus Ei und Tomaten zu, was alles war, was ich in der Küche noch hatte. Ich rief sie alle zum Essen herunter und entschuldigte mich für meine Ungerechtigkeit.
In dieser Nacht schlief keiner von uns viel. Der Lärm der Bomben und Raketen drang durchs Haus und erschütterte uns im Innersten. Um ein Uhr morgens klingelte das Telefon – es war ein Mann vom israelischen Radio, der ein Interview mit mir machen wollte. Um zwei Uhr dreißig klingelte es wieder, dieses Mal ein Anruf vom jüdischen Gemeindezentrum in Pittsburgh, Pennsylvania, das mich zu erklären bat, was in Gaza los war. Die Kinder hörten jedes Wort, als ich auf die Fragen antwortete und das Grauen schilderte, in dem wir lebten. Ich war hin- und hergerissen: Auf der einen Seite wollte ich der Welt mitteilen, was hier los war, auf der anderen Seite wollte ich meine Kinder nicht noch mehr verschrecken. Die Notwendigkeit, andere für unser Leiden wachzurütteln, war schließlich stärker, aber die Beklommenheit, die meine anschaulichen Schilderungen erzeugte, kostete meine Kinder das bisschen Schlaf, das sie in dieser Nacht vielleicht gefunden hätten.
Am nächsten Morgen, dem 16. Januar, räumten wir die Matratzen weg und machten Frühstück. Dann besprachen wir, was wir den Rest des Tages essen wollten, weil kaum noch irgendwelche Lebensmittel im Haus waren und es wegen der Heftigkeit der Panzerangriffe in sämtlichen Straßen keine Möglichkeit mehr gab, nach Jabaliya-Camp zu kommen, wo wir immer unsere Nahrungsmittel kauften. Wir konnten aus Angst vor den Granaten nicht nach draußen und wagten es kaum, uns den Fenstern zu nähern. Wir hatten auf dem Dach zwar Tonnen, um das Regenwasser zu sammeln, aber es hereinzuholen war eine heikle Aufgabe, und wir hatten seit dem Beginn der Angriffe am 27. Dezember das Wasser rationiert. Wir spülten die Toilette nur alle paar Tage, seit zwei Wochen hatte niemand mehr geduscht. Wir machten uns Sorgen wegen der Essenslage, mein Bruder erinnerte uns, dass er unten im Hof Enten hatte, und sagte, er würde fürs Mittagessen zwei holen. Bessan fragte, wie wir die Enten denn zubereiten wollten ohne heißes Wasser, um die Federn zu rupfen. Doch schließlich fanden wir einen Weg, und um ein Uhr mittags gab es Ente mit Reis.
Nach dem Mittagessen saßen wir zusammen und sprachen über den Einmarsch. Die Kinder hatten jede Menge Fragen: Warum taten sie uns das an? Wann würde er aufhören? Was sagten die Regierenden? Ich versuchte ihnen zu sagen, was ich wusste oder über die letzten paar Tage unter der Hand erfahren hatte. Ich sagte ihnen, dass an einem Waffenstillstand gearbeitet werde. Generalmajor Amos Gilad, der Oberbefehlshaber der Sicherheitskoordinierung des israelischen Verteidigungsministeriums, pendelte zwischen Ägypten und Israel und versuchte, einen Waffenstillstand auszuhandeln. Während ich mir Mühe gab, den Kindern zu versichern, dass der Waffenstillstand kurz bevorstand, nahmen meine eigenen Gedanken eine viel düsterere Wendung.
Diesen Männern, die in ihren sicheren Regierungsbüros zusammenkamen, waren die Menschenleben und der Aufruhr hier in Gaza egal. Jede Minute starben Menschen. Jede Sekunde war entscheidend, um weitere Tote zu vermeiden. Unschuldige Zivilisten wurden für diese Machthaber geopfert. Haben sie keine Söhne oder Töchter? Würden sie ihren Kindern solch ein Grauen zumuten?
Mein Sohn Mohammed fragte, warum
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