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Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Titel: Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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nicht. Grinste nur noch breiter. Dann hob er den Lauf und zielte auf ihren Kopf.
    »Hör auf!«
    Er reagierte nicht. Einen langen Augenblick geschah gar nichts.
    »Stell endlich dieses Scheißding weg!«
    Jetzt war der Bann gebrochen. In übertriebener Abwehr hob Adam die freie Hand.
    »Entspann dich, ist ja gut. Ich mache nur Spaß.« Das Gewehr ruhte nun, den Lauf zur Decke gerichtet, auf seiner Schulter.
    Sie war wütend. »Ein Gewehr ist kein Spielzeug.«
    Darauf vorbereitet, dass er sich sträuben würde, packte sie die Waffe, um sie ihm abzunehmen, doch er leistete keinerlei Widerstand. Der Lauf fühlte sich überraschend kalt an, schwer. Das Holz lag glatt in der Hand. Nicky stellte das Gewehr zurück in den Schrank, schloss die Tür ab und legte den Schlüssel dahin, wo Adam ihn hergenommen hatte. Als sie sich zu ihm umdrehte, sah sie seine gekränkte Miene.
    »Tut mir leid. Es ist die totale Unterwerfung, die ein Gewehr verlangt. Dass man sich … ich weiß nicht … der Macht dieser Scheißwaffe beugen muss. Diese Dinger töten, Adam!«
    »Es war einfach ein Scherz«, sagte er leise, wandte sich ab und kehrte in den Salon zurück.
    Nicky fühlte sich schlecht – aber nicht im Unrecht. Sollte er doch nicht mit Schusswaffen auf den Kopf anderer Leute zielen. Sie nahm den Schlüssel wieder vom Schrank und schob ihn hinter ein gerahmtes Foto, das auf dem Schreibtisch in der Diele stand. Was eben passiert war, sollte sich nicht wiederholen. Es mochte sein Haus sein, und sie war hier nur zu Gast, aber anders würde sie keine Ruhe finden. Indem sie den Schlüssel versteckte, konnte sie wieder unbefangen sein. Sie betrachtete das Foto und stockte. Das war Adams Mutter, kein Zweifel. Die Augen hatten die gleiche Form wie seine. Ihre waren blau, aber der Blick war genauso durchdringend. Die Ellbogen mit den Händen umfassend, was eher defensiv wirkte, blickte sie zum Fotografen auf. Sie trug eine brave Rüschenbluse, das blonde Haar war lang und glatt. Sie war jung und schön, und das Bild führte Nicky vor Augen, welchen Verlust Adam erlitten hatte: ein Kind ohne Mutter. Ich habe kein Bild von meiner Mutter, dachte sie plötzlich. Kein einziges.
    Sie schaute sich um in dem großen alten Haus, das überquoll von Zeugnissen einer Generationen zurückreichenden Familiengeschichte: Es gab die Ahnenporträts an den Wänden, gerahmte Fotos, eine Abstammungslinie, die im Debrett’s-Adelskalender verzeichnet war. All das führte ihr erstmals vor Augen, dass sie von ihrer Geschichte losgelöst war. Wenn man nicht wusste, woher man kam, konnte man dann wissen, wohin es mit einem ging? Der Gedanke brachte sie aus der Fassung, und sie zog sich auf die Toilette zurück.
    Dass die unbewältigte Sehnsucht nach der Familie, die sie nicht kannte, gerade hier mit solcher Wucht über sie hereinbrach, traf Nicky völlig unvorbereitet, und sie hätte noch viel länger darüber nachgedacht, wäre sie nicht durch die wunderschöne Trompe-l’œil-Tapete abgelenkt worden, die sich unter dem Einfluss der Feuchtigkeit an den Rändern schon löste. Gewehre, Hunde und Pferde – die Motive der Oberschicht. Die Insignien der Welt, in der sie aufgewachsen war, wären ein Servierwagen, ein Römertopf und diese Glasuntersetzer mit den Vögeln drauf gewesen.
    Sie erleichterte sich auf die verschnörkelten blauen Buchstaben in der Kloschüssel, den Namenszug des Herstellers.
    »Du hast also auf die Arbeiter gepinkelt, ja, Nics?«, würde Maria sagen, wenn sie ihr davon erzählte. Und trotzdem würde Maria, die in ihrer Jugend mit revolutionären Ideen geliebäugelt hatte, begeistert sein. Von so einer Einrichtung träumten alle Mädchen, und wenn sie noch so entschieden das Gegenteil behaupteten. Sie hatte gesehen, wie Maria ein
Country-Life
-Heft aus dem Grafik-Großraumbüro mitgehen ließ, was sie selbst auch schon getan hatte. Hier war sie nun – mit einem gutaussehenden, leidenschaftlichen jungen Mann mit verfallendem Landhaus und tragischer Vergangenheit. In vielerlei Hinsicht ähnelte Adam Greg sogar – kein Wunder, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Sie hatte es mit großen Gefühlen und ziemlichem Chaos zu tun – einer aufregenden Mischung.
    Als sie sich halbwegs gefangen hatte, ging sie hinüber in das Billardzimmer und schaute sich das große Bild an, das an der rückwärtigen Wand hing.
    »Das hat meine Mutter gemalt.«
    »Oh.«
    »Es ist furchtbar, einfach schrecklich.«
    »Ich versteh schon, aber …«
    Das Bild

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