Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)
bist echt eine Vollblutjournalistin, denkst immer in Schlagzeilen.«
Er rüttelte an einem der Fensterläden, bis er knarrend und quietschend aufschwang. Nicky trat zu ihm, um zu helfen, als das nächste Flugzeug alle Fenster zum Klappern brachte.
»Hast du die überhaupt noch gehört, als du hier gewohnt hast?«, fragte sie.
»Ich habe nie hier gewohnt. Ich bin in ein Internat geschickt worden, und die Ferien habe ich mit meinem Vater und Bridget in London verbracht.«
Die Fensterläden zu öffnen war, wie einem Mausoleum Leben einzuhauchen.
»Der Ausblick ist phantastisch«, sagte Nicky unwillkürlich und kniff die Augen zusammen, weil es plötzlich so hell war im Raum.
Hinter den Jalousien war eine zweiflügelige Tür zum Vorschein gekommen. Sie ging hinaus auf eine Terrasse, an die sich die große Rasenfläche anschloss, die bis an den See reichte. Im Sonnenlicht sah die Wasseroberfläche aus wie gehämmertes Silber. Jenseits des Sees erstreckten sich ebene Felder mit vereinzelten großen Bäumen, und am Horizont zeichnete sich eine schwarze Linie ab. Das musste die Mauer sein, hinter der der Flugplatz lag.
»Und hier wohnt niemand mehr?«
»Nein. Mrs. Perkins kommt her, sieht nach dem Rechten, passt auf, dass sich niemand mit dem Tafelsilber davonmacht.«
»Kein leichter Job, Staubsaugen ohne Strom.«
Adam lachte traurig. »Sie wohnt im Dorf. Zurzeit ist sie allerdings in den Ferien. Ich sage meinem Vater andauernd, er soll verkaufen, aber er ist ein störrischer alter Mann.«
»Wer mäht den Rasen?«
»Was?«
»Rasen macht einen Haufen Arbeit, und die Flächen hier sind riesig.«
»Das Wild knabbert ihn ab. Hier ist niemand, gar niemand. Wir sind allein.«
Ihr Rundgang durchs Erdgeschoss endete im Weinkeller, der wirklich klein war, fensterlos, eingequetscht zwischen den Vorratskammern neben der Küche und der rückwärtigen Treppe. Die Regale waren so gut wie leer, von der niedrigen Decke hingen Spinnweben. Adam sprang die drei Holzstufen hinunter und begann, den Staub von den Etiketten der wenigen noch vorhandenen Flaschen zu wischen.
»Ist da was Wertvolles dabei?«, fragte Nicky und zog beim Eintreten den Kopf ein.
»Das bezweifle ich. ›Quantität statt Qualität‹ war hier das Mantra.«
Es war kalt und dunkel in dem kleinen Raum, das Licht reichte nicht einmal bis ganz in die Ecken. Nicky hob eine Flasche hoch und versuchte zu erkennen, ob es sich um Roten oder Weißen handelte.
»Ich hab was gefunden«, sagte Adam.
Nickys Blick wanderte über die vielen leeren Borde. Wenn in diesem Halbkeller einmal Fülle geherrscht hatte, so war sie wohl schnell durch die durstigen Kehlen von Adam und seinen Freunden geflossen. Die Vorstellung machte sie traurig. Es brauchte Jahre, etwas aufzubauen, und dann wurde es in ein paar wilden Nächten zunichtegemacht. Während sie Adam die knarrenden Stufen hinauf folgte, dachte sie darüber nach, ob das ein Gleichnis für ihre Ehe war.
Er nahm zwei Gläser von einem Bord, und sie umrundeten den Salon, wobei sie hier und da stehen blieben, um sich eins der dunklen Ölbilder anzuschauen, Porträts streng dreinblickender Damen oder Herren mit Hund. Sie waren mit Ketten an einer Bilderschiene aufgehängt.
»Ich habe noch nie gesehen, dass für so etwas eine Bilderschiene benutzt worden wäre.«
»Es zeigt die Unfähigkeit, sich endlich von den Vorfahren zu trennen. Tante Connie hat immer gesagt, dass sie als Kind Alpträume hatte wegen dieser Leute.«
Nicky ging weiter zum nächsten Bild. »Sie tragen alle Gewehre. Was ist das nur mit der Upperclass und ihren Gewehren?«
Adam lachte. »Die sind noch da. Es gibt einen eigenen Schrank dafür.«
»Das glaub ich nicht!« Sie folgte ihm in die Diele, und tatsächlich, neben dem Billardraum befand sich ein Wandschrank mit Glastür, in dem, gestützt durch spezielle Vorrichtungen an den Seitenwänden, zwei Gewehre standen.
Nicky zog an der Tür. »Er ist zu.«
»Irgendwo hier liegt ein Schlüssel.« Adam tastete oben auf dem Schrank und fand schnell, was er suchte. Er öffnete die Tür, nahm ein Gewehr aus dem Schrank und zielte auf Nickys Brustkorb. »Hände hoch!«
Eine Schusswaffe auf sich gerichtet zu sehen war weitaus unangenehmer, als sie sich vorgestellt hätte. Macht lag in dieser Geste, es schwang so viel darin mit – darüber konnte sie nicht einfach hinweggehen.
»Sag, dass es nicht geladen ist.«
Adam zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
»Bitte stell es zurück.«
Er rührte sich
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