Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)
Gang, wo eine Stewardess von ihrem Wagen Getränke ausgab. »Bier oder Wein? Gesalzene Nüsse oder natur?«
Als sie landeten, schien die Sonne, der bulgarische Roboter lächelte, und niemand rempelte sie an. Auf Wogen reinen Wohlgefühls schwebte sie die Flugzeugtreppe hinunter und ging leise schwankend über das Rollfeld. Der Flughafen Luton ist wunderschön, dachte sie. Ihr gemeinsamer Weg endete am Zoll, danach würde sie zum Parkhaus gehen und er zur Bahn. Sie lächelte leichthin, als sie einander förmlich die Hand gaben, dann ging sie durch die Flughafenhalle davon. Aber sie konnte nicht widerstehen und drehte sich noch einmal um. Da stand er und starrte ihr hinterher, genau so, wie sie es vermutet hatte. Sie lächelten einander zu, und für einen wunderbaren Augenblick sah sie ihr jüngeres, sorgloses Ich die harte Schale, die sie sich nach dem Tod von Grace zugelegt hatte, durchbrechen. Danke, Adam, dachte sie.
2
W arum ketten sie ausgerechnet die hässlichsten Teile an?«
Greg wollte sich eine Lederjacke mit langen Fransen an den Ärmeln anschauen und mühte sich vergebens, sie von dem Ständer zu holen, an dem sie hing. Nicky sah zu, wie seine Hand am weißen Absperrdraht entlangglitt, der sich irgendwo in den Tiefen der hängenden Kleidungsstücke verlor.
Sie lächelte und befühlte die Rüschen an einer Bluse. »Die Handtaschenabteilung müsstest du erst mal sehen.«
Sie gingen an der Attrappe eines dürren Baumes vorbei, auf der verschiedene Accessoires mit Animal Prints drapiert waren.
»Lass mich, du Bestie!«
Nicky fuhr herum und sah Greg mit einem Schal mit Leopardenmuster ringen.
Sie lachte. »Du hast mir gefehlt.«
Er kam zu ihr, schlang von hinten die Arme um ihre Taille und legte das Kinn an ihren Hals.
»Du mir auch.«
So standen sie eine ganze Weile, keiner von beiden wollte sich bewegen – bis er sich schließlich aufrichtete und sich umschaute.
»In welcher Etage sind wir eigentlich? Waren wir hier nicht schon mal?«
Sie liebte diese Stunden mit Greg, wenn sie – nur sie beide – in die Stadt gingen und sich einfach treiben ließen. Er war erst zwei Tage zuvor aus L.A. gekommen, wo er arbeitete, und sie gewöhnten sich gerade wieder aneinander, nachdem er so lange fort gewesen war. In ein paar Tagen würde er schon wieder zurückfliegen, um seine vielversprechende Karriere in den Staaten voranzutreiben, aber jetzt war er da, und sie genoss es, mit ihm zusammen zu sein.
»Komm, ich möchte, dass du dir was Schönes kaufst. Vielleicht müssen wir nur bezahlen, damit wie durch Magie die ›Ausgang‹-Schilder wiederauftauchen.«
Sie gingen in eine Ecke, in der lauter Kleider hingen, und suchten ein paar Teile heraus.
»Kann ich vielleicht behilflich sein?« Die Verkäuferin strahlte, als hätten sie vor, ein Vermögen hierzulassen.
»Aber sicher«, sagte Greg und legte ihr ein ganzes Bündel Kleider über den Arm. »Sie muss in die Anprobe.«
Greg war blond, groß und laut. Im Grunde ein bisschen wie sie selbst, das wusste sie. Er hatte ein energisches Kinn und blaue Augen und war von einer physischen Präsenz, die weder von Frauen noch von Männern leicht ignoriert werden konnte. Mit ihm war es nie langweilig, alles schien intensiver, wenn er dabei war. Sie zog den Vorhang zu und schlüpfte versuchsweise in ein blaues Kleid.
Als sie aus der Kabine trat, lachte die Verkäuferin gerade über etwas, das Greg gesagt hatte. Er drehte sich zu ihr um und betrachtete sie erwartungsvoll. Sie schaute an sich hinunter, schüttelte den Kopf. Das Kleid war’s nicht. Es hatte etwas von einem Sack, sah irgendwie traurig aus. Schnell kehrte sie hinter den Vorhang zurück und zog etwas Rotgemustertes aus dem Stapel.
Ein halbes Jahr nach Grace’ Tod hatten Greg und sie angefangen, sich zu treffen. Schmerz verbindet, er kann Beziehungen vollkommen auf den Kopf stellen. Sie waren beide in Trauer gewesen und hatten sich aneinander angelehnt, und eines Tages war das Anlehnen deutlich körperlicher geworden. Ausgesprochen körperlich. Sie legte großen Wert darauf, allen zu versichern, dass sie das selbst nicht vorhergesehen und dass sie zu Grace’ Lebzeiten an so etwas nicht im Traum gedacht hatten. Als Nicky Greg kennenlernte, war er einfach der Mann, den Grace liebte, der Filmemacher, der die Hälfte der Zeit in London lebte und die andere Hälfte im Ausland, wo er seinen Träumen nachjagte. Er war begabt und ehrgeizig, und angesichts seines Selbstbewusstseins zweifelte niemand
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