Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)
suspekt finde. Deshalb wissen wir nur, dass man verschiedene Untersuchungen an ihm durchgeführt und ihn zwei Wochen später nach Hause entlassen hat. Seiner Frau wurde mitgeteilt, dass er an Schizophrenie leide.«
Cynthia konnte ihre Aufregung nur mühsam zügeln. Das Verteidigungsministerium ließ mitten in der Nacht Leute verschwinden, um heimlich Untersuchungen an ihnen durchzuführen. Das war der Stoff, aus dem Journalistenträume gemacht waren!
Sie riss sich zusammen. »Gut. Er wird also entlassen und ermordet vier weitere Frauen, die allesamt Katrina Loomis ähneln. Er sieht jedes Mal, wie das Opfer einen Mann küsst, und glaubt, es handle sich um seine Frau, die ihn betrügt.«
Nick nickte. »So kann man das zusammenfassen.«
Cynthia machte sich Notizen auf einer Zeitachse, die sie auf ihren Block gekritzelt hatte, bevor sie fragte: »Bist du enttäuscht, dass er für prozessuntauglich erklärt wurde?«
Nick zuckte die Achseln. »Das überrascht mich nicht weiter. Aus den psychologischen Gutachten ging ja schon deutlich hervor, dass er Fantasie und Wirklichkeit nicht auseinanderhalten kann. Für mich ist die Hauptsache, dass wir den Mörder von der Straße geholt haben. Ob er nun im Gefängnis sitzt oder in Sicherheitsverwahrung kommt, ist mir im Grunde egal – Hauptsache, er wird weggesperrt und kann niemandem mehr etwas tun.«
Cynthia nickte und kritzelte wild drauflos. Dann legte sie den Stift weg und griff nach ihrem Cappuccino. Sie nahm einen großen Schluck und ließ Nick nicht aus den Augen. »Als wir vorhin telefoniert haben, hast du angedeutet, hinter den manipulierten Draycott-Studienunterlagen stecke mehr als nur ein paar Manager, die ihren Arsch retten wollten.« Sie legte den Kopf schräg. »Könntest du mir das etwas näher erklären?«
Nick warf einen Blick auf das Tonbandgerät und schüttelte leicht den Kopf. Sie zögerte und machte es schließlich aus. Er fuhr sich über die Stirn. »Ich fürchte, damit kannst du mich nicht zitieren. Es ist nur eine Theorie. Aber … wir sollten nicht vergessen, dass Draycott ursprünglich vom Verteidigungsministerium mit der Niton-Studie beauftragt wurde, und das ist nur ein Arm des vielarmigen Ungeheuers Regierung. Niton mag anfangs ein Projekt des Verteidigungsministeriums gewesen sein, aber als andere Regierungsbehörden davon Wind bekamen, müssen irgendwelche Leute ganz weit oben das enorme wirtschaftliche Potenzial erkannt haben, das darin steckt.« Er beugte sich vor und senkte die Stimme. »Hast du eine Ahnung, was 24/7 in diesem Land wirtschaftlich und finanziell bewirkt hat? Wir sind noch nie so produktiv gewesen. Der dramatische Fachkräftemangel wurde behoben, und es werden rund um die Uhr Geschäfte gemacht. Das Bruttosozialprodukt ist unglaublich stark gestiegen, rekordverdächtige Unternehmensumsätze haben die Aktienkurse emporschnellen lassen, und enorme Steuereinnahmen füllen die Regierungsschatulle. Dieses Medikament bedeutet für viele einflussreiche Leute sehr viel Geld. Wenn man dann noch den globalen Wettbewerb berücksichtigt … Überleg doch mal, welchen Standortvorteil China hätte, wenn Großbritannien das Anti-Schlaf-Mittel verboten hätte, während sämtliche chinesischen Arbeitskräfte rund um die Uhr schuften dürfen.«
»Hm«, sagte Cynthia etwas zweifelnd. Sie hielt nicht viel von Regierungsverschwörungstheorien. Andererseits beantwortete das eine Frage, die sie schon länger beschäftigte. »Vermutlich erklärt das auch, warum am Anfang niemand auch nur versucht hat, den in Großbritannien ansässigen Internethändlern das Handwerk zu legen oder die Leute davon abzuhalten, 24/7 online zu erwerben.«
Nick nickte. »Ja. Meiner Meinung nach …« Er hielt inneund drehte sich nach dem Studenten um, der über sein Buch gebeugt in der Ecke saß.
Cynthia grinste. »Vorsicht. Das ist ganz klar ein Regierungsspion. Der Pferdeschwanz ist bloß angesteckt, das sieht man ja.«
Nick grinste auch. »Also, Witzbold, willst du nun hören, was ich denke, oder nicht?«
»Tut mir leid, erzähl weiter!«
»Ich glaube, die Regierung wollte verhindern, dass Informationen an die Öffentlichkeit dringen, die die Menschen von der Einnahme dieses Mittels hätten abhalten können. Wir leben in einem globalen Verdrängungswettbewerb, Cynthia. Länder mit einem hohen Bevölkerungsanteil an Shiftern stehen einfach besser da als andere. Das arme alte Frankreich hat inzwischen mit echten Problemen zu kämpfen. Keiner will mehr mit denen
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