Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)
Entführungsfall in Saal sieben. Wir sehen uns dann vermutlich bei der Loomis-Anhörung. Mit etwas Glück lassen sie uns am Nachmittag wieder in den Gerichtssaal. Ich nehme an, Sie werden dort sein?«
Sie nickte. »Das möchte ich auf keinen Fall verpassen.«
Als Cynthia ihren Artikel abgab, war es fast dunkel. Sie trat hinaus auf den Bürgersteig und sah auf die Uhr. Mist! Wenn sie sich nicht beeilte, kam sie noch zu spät. Sie war mit Nick in einem Café in der Nähe verabredet, dessen größter Vorzug ein Raum im Souterrain war, den keiner zu kennen schien. Als sie kam, wartete Nick schon, an die Kühlvitrine mit den Desserts gelehnt. Sie holten sich ihren Kaffee an der Theke, bahnten sich einen Weg durch die Menge und gingen auf die Treppe am Ende des Lokals zu, die hinter einem Regal voller Bücher zur Geschichte des Kaffees versteckt lag. Unten war es ruhig, außer ihnen saß nur ein junger Mannmit Pferdeschwanz und einem Caffè Latte hier. Er war in der hintersten Ecke über ein Fachbuch gebeugt.
»Und, welchen Eindruck hast du von Loomis?«, fragte Nick, während sie Platz nahmen.
Sie zog die Nase kraus. »Unheimlich. Der ist eindeutig gestört.« Sie löffelte Cappuccinoschaum. »Irgendwie hat er es geschafft, dass man Mitleid und Furcht gleichzeitig empfindet.«
»Ja, das trifft es genau«, pflichtete Nick ihr bei und sah sie eindringlich an. »Bist du dir wirklich sicher, dass du mit ihm sprechen willst?«
»Natürlich, wieso fragst du? Gibt es schon eine Antwort auf meine Interviewanfrage?«
»Oh ja, die gibt es. Hör zu, Cynthia, es ist höchst ungewöhnlich, dass Reporter Zugang zu …«
»Es ist höchst ungewöhnlich, dass Reporter zur Verbrechensaufklärung beitragen«, unterbrach sie ihn. Es klang aggressiver als beabsichtigt. Er sah abrupt auf. »Ach, komm , Nick!« Sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich habe mir diese Chance echt verdient! Nachdem ich so viel zur Klärung dieses Falls beigetragen habe, ist es doch sicher gerechtfertigt, die Regeln etwas zu lockern?«
Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Ich sagte, dass es ungewöhnlich ist, nicht unmöglich. Es war nicht leicht, aber du bekommst dein Interview. Am Donnerstag um zwei. Ein Arzt wird dabei sein.«
Cynthia stieß einen Jubelschrei aus und warf beinahe Nicks Kaffee um, als sie aufsprang und die Arme um seinen Hals schlang. »Ich wusste doch, dass ich mich auf dich verlassen kann!«
Er lachte und wischte den übergeschwappten Kaffee mit einer Serviette auf. »Ja, genau, du hast keine Sekunde daran gezweifelt.«
Cynthia war ganz euphorisch, als sie sich wieder setzte.Sie hatte exklusiven Zugang zum Barbie-Killer! Das war bei Weitem ihr wichtigstes Interview seit Jahren, vielleicht sogar das wichtigste überhaupt. Sie konnte es kaum erwarten, es Rocky zu erzählen. Sie strahlte Nick an. Der lächelte zurück und warf dann einen vielsagenden Blick auf die Uhr.
»Aber um auf dieses Interview hier zurückzukommen …«
»Natürlich, entschuldige!« Sie versuchte sich wieder aufs Hier und Jetzt zu konzentrieren. Dann holte sie ihren Block heraus und platzierte ein Tonbandgerät zwischen sich und Nick.
»Darf ich unser Gespräch mitschneiden?«
»Klar.« Nick griff nach dem Gerät und drehte es hin und her wie ein Archäologe, der eine antike Tonscherbe inspiziert. »Werden diese Dinger immer noch hergestellt?«
»Ich traue den digitalen Aufnahmegeräten nicht. Die sind wie Spielautomaten: eine falsche Bewegung, und alles ist weg.«
Er lachte und stellte das Gerät zurück. »Du warst schon immer eine Technikfeindin.«
Cynthia drückte auf einen Knopf, und das Gerät summte. »Gut. Lass uns die Geschichte noch mal Punkt für Punkt durchgehen: Jeff Loomis verliert aus noch unbekannten Gründen den Verstand, auch wenn man vermuten darf, dass er an einer nicht diagnostizierten paranoiden Schizophrenie leidet. Er erwürgt Mary Davies, das erste Opfer, und lässt sie in einem Stand auf dem Camden Market zurück. Dann ermordet er Lisa Reed und wirft sie in Limehouse in den Kanal, wo sie sich in der Schleuse verfängt. Zwei Wochen später nimmt er unter dem Namen Martin Gibbons an der Draycott-Studie teil. Er bekommt Wahnvorstellungen und wird weggebracht … in ein Krankenhaus?«
Sie sah Nick fragend an.
»In eine Privatklinik nach Nordlondon«, sagte er. »Mehr konnte ich bisher nicht herausfinden. Die Regierungsbehördenhaben das zur Verschlusssache erklärt. Was ich mehr als nur ein bisschen
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