Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)
Schweigen entstand, während sie darauf warteten, dass das Wasser kochte.
»Es tut gut, wieder Tagschicht zu arbeiten, nicht wahr?«, meinte Cynthia. »Das fühlt sich für mich deutlich gesünder an. Bleibst du heute noch lange?«
»Nein, heute nicht.« Er sah auf seine Uhr. »Es gibt nicht viel Neues, über das es sich zu schreiben lohnt. Außerdem muss ich auch mal raus hier. Mit etwas Glück bin ich um sechs weg.«
Cynthia witterte ihre Chance. »Ich denke, ich bin ungefähr zur selben Zeit fertig. Hättest du vielleicht Lust auf einen kurzen Drink hier in der Nähe?«
Er starrte sie stumm an, blass und ausdruckslos. Sie schenkte ihm ihr schönstes Lächeln. Der Kessel dampfte. Marcus goss Wasser in die bereitstehenden Becher und hängte Teebeutel hinein, bevor er Cynthia den ihren reichte.
»Ich habe gerade ziemlich viel zu tun«, sagte er schließlich. »Falls es dir also nichts ausmacht …«
»Ich überlege, ob ich 24/7 nehmen soll«, platzte es aus ihr heraus, und sie spürte, wie sie glühend rot wurde, sobald dieLüge ausgesprochen war. »Und da du der Experte im Haus bist, dachte ich, du könntest mich vielleicht beraten.«
Einen Moment stand Marcus einfach nur da und sah sie mit schräg gelegtem Kopf an. Cynthia wartete und fragte sich, ob sie sich in ihm getäuscht hatte. Vielleicht hatte sie schlichten journalistischen Eifer mit etwas … Intensiverem verwechselt. »Ich habe ein paar Vorbehalte gegen das Medikament«, fuhr sie fort, zog den Teebeutel aus ihrem Becher und warf ihn in den Abfalleimer. »Und da dachte ich, du könntest mir die Angst nehmen. Aber wenn du so beschäftigt bist …«
»Nein«, sagte er rasch, mit einem kühlen Lächeln. »Ich helfe gern.«
»Ich kann gar nicht glauben, dass du noch nie hier warst«, sagte Cynthia, während sie ihr Weinglas auf den Tisch stellte und auf die Bank rutschte. »Das ist doch mehr oder weniger das Wohnzimmer des Sentinel .«
Marcus sah sich ohne großes Interesse um. Allerdings gab es auch nicht viel zu sehen: The Lamb and the Flag war mal ein vollgestopfter alter Pub mit gemütlichen Nischen und niedrigen Holzbalken gewesen. Aber der jetzige Eigentümer hatte ein kleines Vermögen dafür ausgegeben, dem Lokal jeglichen Charme zu nehmen. Jetzt war es einfach nur eines von vielen mit blank gescheuerten Dielen, grünen Wänden und den üblichen braunen Ledersofas. Aber es lag direkt gegenüber vom Sentinel , weshalb es bei den Zeitungsredakteuren nach wie vor erste Wahl war. Cynthia nippte an ihrem Bier, Marcus an seinem Gin Tonic. Ein unbehagliches Schweigen entstand.
»Stay Up sollte dir Provision zahlen«, sagte sie schließlich. »Es gibt schon fast eine Million Kunden – du konntest anscheinend eine Menge Leute überzeugen, 24/7 mal auszuprobieren.«
Marcus zuckte nur die Achseln, während die Andeutung eines Lächelns seine Lippen kräuselte. »Den Erfolg kann ich nicht allein verbuchen. Seit dem Erscheinen meines Artikels haben viele Medien darüber berichtet.«
Cynthia legte ihre Hand kurz auf seine und sagte: »Aber du warst der Erste, die anderen haben bloß nachgezogen.«
Er betrachtete die Stelle, wo sie ihn berührt hatte, und runzelte leicht die Stirn.
Cynthia räusperte sich. »Hast du heute wieder über 24/7 geschrieben?«
Er nickte. »Ich habe einige der Erstkäufer interviewt. Die meisten sind Studenten. Sie stehen kurz vor dem Examen und sagen, sie nehmen es nur, damit sie die ganze Nacht durchlernen können.«
»Das klingt logisch«, sagte Cynthia und dachte an die vielen durchwachten Nächte während ihres Studiums zurück. An den vielen Kaffee und die damit verbundene Übelkeit, an stapelweise Notizen und verzweifelte Erschöpfung.
»Alle behaupten, dass sie damit aufhören, sobald die Prüfungen vorbei sind«, fuhr Marcus fort. »Aber wir werden ja sehen. Wetten, dass sie sich an die zusätzlichen Stunden gewöhnen und dabei bleiben? Sie werden nicht mehr weitermachen wollen wie zuvor.« Er beugte sich vor und senkte die Stimme. »Und dir wird es genauso gehen.«
Cynthia nahm ihr Weinglas und starrte hinein, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen. »Ja, ich kann mir vorstellen, dass das große Vorteile hat. Aber bevor ich mich endgültig dazu durchringe, muss ich wissen, worauf genau ich mich da einlasse …« Sie sah auf. »Darf ich dich mal was fragen?« Marcus legte den Kopf schräg wie ein Vogel und wartete. »Wie bist du auf die ursprünglichen Versuche mit Niton gestoßen, die durchgeführt wurden,
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