Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)
Staatschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und der Sowjetunion, haben dies bereits 1998 gefordert. 84 Schon der »Nichtverbreitungsvertrag« von 1970 verlangt die schrittweise totale Abrüstung aller. Die Atommächte befinden sich, soweit sie diesen Vertrag unterschrieben haben, im Zustand permanenten Vertragsbruchs.
Auch die Art, wie diese Kriegsdrohungen ausgesprochen werden, erinnert an Mafiamethoden. Die bekannte konservative amerikanische Fernsehkommentatorin Anne Coulter forderte: »Wir sollten in ihre Länder einmarschieren, ihre Führer totschlagen und die Bevölkerung zum Christentum bekehren.« 85 Und: »Wir sollten unseren nationalen Arschkriecherwettbewerb beenden, Syrien ins Steinzeitalter zurückbomben und danach den Iran dauerhaft entwaffnen.« 86
Barack Obamas ehemaliger Gegenkandidat John McCain ging das Iranproblem 2007 auf einer Parteiveranstaltung in South Carolina musikalisch an. Unter dem nicht endenden Jubel seiner Anhänger sang er nach der Melodie des Beach-Boys-Oldies »Barbara Ann« lautstark das selbstgetextete Lied »Bomb, bomb, bomb, bomb, bomb Iran« – »Lasst uns endlich Iran bombardieren!«. 87 Wer ist da zynischer und menschenverachtender – McCain oder Ahmadinedschad? Wer ist der schlimmere Kriegstreiber?
Amerikanisch-iranische Sprachlosigkeit
Nach meiner Rückkehr aus Teheran Ende 2008 stattete ich dem iranischen Botschafter in Berlin, Ali Reza Sheikh Attar, einen Besuch ab. Er hatte nach meinen kritischen Äußerungen in Iran Anspruch darauf. Vielleicht hatte er ja sogar Schwierigkeiten bekommen. »Sie haben Staub aufgewirbelt«, sagte er trocken. »Sind Sie zufrieden?«
Ich erwiderte, dass ich es bemerkenswert fand, dass ich selbst nach dem Zusammenprall mit Großayatollah Amoli alle erbetenen politischen Gesprächspartner treffen konnte. »Das war Ihr Wunsch!«, antwortete Sheikh Attar, ohne eine Miene zu verziehen.
Ich fragte, ob ich in absehbarer Zeit eine ähnliche Rede vor Studenten der Teheraner Universität halten könne. Vor einer größeren Zuhörerschaft und im Beisein von iranischen und internationalen Journalisten. »Selbstverständlich«, nickte er. »Wir sind Ärger gewöhnt.«
Ich hatte in meinem Leben schon oft feststellen können, dass Offenheit Vertrauen schafft. Mehr als Schmeicheleien und Unterwürfigkeit. Dennoch hatten mich die Nehmerqualitäten Sheikh Attars beeindruckt. Der Mann war souverän. Ich besuchte ihn daher auch nach 2008 von Zeit zu Zeit, um auf dem Laufenden zu bleiben.
Dabei erfuhr ich, dass es zwischen Iran und den USA auf Regierungsebene seit 30 Jahren keine offiziellen oder inoffiziellen Gespräche mehr gab. Mit Ausnahme eines unverbindlichen Briefwechsels zwischen Obama und Chamenei und eines heimlichen Kontakts vor dem Afghanistankrieg. Nicht einmal Botschaften gab es. Lediglich auf Beamtenebene gab es »multilaterale« Kontakte. Das heißt, es saßen fast immer Chinesen, Russen, Engländer, Franzosen und Deutsche dabei.
Das klang unglaublich, war aber wahr. Der Irankonflikt war ein Weltkonflikt. Aber die beteiligten Regierungen leisteten sich den kindischen Luxus, jahrzehntelang nicht miteinander zu reden.
2009 schilderte mir ein hochrangiger Besucher aus Teheran, dass Iran sehr konkrete Vorstellungen habe, wie sich die Probleme zwischen den USA und Iran beheben ließen. Man wolle den Konflikt umfassend lösen. Nicht nur das Nuklearproblem.
Ich wusste, dass mein Gesprächspartner sowohl zu Chamenei als auch zu Ahmadinedschad enge Kontakte hatte. Also notierte ich die wichtigsten Punkte und fragte, ob ich sie mit der deutschen Bundesregierung besprechen könne. »Wenn Sie vorerst Vertraulichkeit gewährleisten können, jederzeit. Allerdings wollen wir zuerst den Konflikt mit den USA lösen. Deutschland ist nicht ganz so problematisch.«
Die Reise zum US-Geheimdienst
Ich sprach daraufhin mehrfach mit der deutschen Bundesregierung über Irans angebliche Bereitschaft, das Verhältnis zu den USA umfassend zu bereinigen. Die Bundesregierung vereinbarte für mich in den USA einen Termin mit dem Chefkoordinator der amerikanischen Geheimdienste, Admiral Dennis Blair. Dem Mann, der die unlösbare Aufgabe hatte, die Aktivitäten der 16 US -Geheimdienste von der CIA bis zum FBI aufeinander abzustimmen.
Blair war von Berufs wegen misstrauisch. Er wollte wissen, was da auf ihn zukam. So hatte ich ihn eines Nachmittags plötzlich in München am Telefon. »Sie äußern ja schlimme Sachen über unser Land«, sagte
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