Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)
http://www.allvoices.com/contributed-news/11449832-syrian-opposition-416-civilians-dead-in-assads-regime-assault , http://edition.cnn.com/2012/02/03/world/meast/syria-unrest/index.html
62 Vgl. http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-18840535 , http://www.dw.de/terror-in-tremseh/a-16097183 , http://www.adnkronos.com/IGN/Aki/English/Security/Syria-350-people-killed-in-Tremseh-massacre-claims-opposition-group_313500209628.html , http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/assad-troops-move-on-damascus-as-massacre-toll-is-cut-7945484.html
63 Alle vorhergehenden Schami-Zitate aus: Rafik Schami: »Verblendung gepaart mit Eitelkeit«, in: taz , 2. März 2012, http://www.taz.de/!88869/
INTERMEZZO
ZWISCHEN ZWEI REISEN
Die Jahre 2011 bis 2013 waren für mich ein wilder Reigen. Ägypten, Libyen, Syrien, Marokko, Tunesien, Afghanistan, Iran. Jedes dieser Länder habe ich nicht nur einmal, sondern mehrfach besucht. Im Rückblick verliere auch ich manchmal die Übersicht.
Allein in Syrien war ich sechsmal. Ich wollte das Land verstehen, seine Menschen, das syrische Drama, das sich ständig zuspitzte.
Doch auch das, was ich zwischen meinen Syrienreisen erlebte, hat mich teilweise tief erschüttert. Gaza etwa und die Rückkehr auf den Tahrir-Platz am ersten Jahrestag der ägyptischen Revolution. Nie werde ich diese Reisen vergessen können.
Die Fahrt nach Gaza
Ich wollte schon immer einmal nach Gaza. In das Land der Philister, von denen bereits das Alte Testament berichtet. Das Land, in dem der geblendete Riese Samson aus Verzweiflung und Rache zum ersten Selbstmordattentäter der Geschichte wurde. Mein israelischer Freund David Grossman hat diesem großen jüdischen Helden mit seinem Löwenhonig ein ergreifendes literarisches Denkmal gesetzt.
Die Behandlung der Menschen in Gaza ist für viele Araber der tägliche Beweis, dass die Grundwerte des Westens – »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« – für sie nicht gelten. Gaza ist eine tiefe Wunde im Selbstbewusstsein der arabischen Welt.
Meinen ersten Versuch, nach Gaza zu gelangen, unternahm ich 2008. Von Israel aus. Eines schönen Nachmittags stand ich am israelischen Grenzübergang Erez, etwa 18 Kilometer südlich der israelischen Stadt Ashkelon. Acht Meter hoch und drei Meter dick sind hier die Mauern, die Gaza von Israel trennen.
Ich zeigte den israelischen Grenzsoldaten meinen Pass, meinen Personalausweis, meinen Führerschein. Freundlich, aber bestimmt machten mir die Soldaten klar, dass ich in Gaza nichts zu suchen hätte. Ich wies sie genauso höflich darauf hin, dass sie das eigentlich nichts angehe. Gaza sei seit 2005 angeblich frei und nicht mehr von Israel besetzt. Der Ton verschärfte sich. »Sie haben noch zwei Minuten, dann sind Sie hier weg! Oder wir reden über Ihre Freiheit«, sagte der Grenzsoldat schroff und zog seine Maschinenpistole nach oben.
Normalerweise werde ich in Israel gut behandelt. Doch die Jungs an der Grenze zum Gazastreifen waren ungemütlich. Mein Wunsch, irgendwann nach Gaza zu reisen, wurde dadurch nur noch größer.
Im Juni 2011 ergab sich eine neue Gelegenheit. Khaled, Julia und ich fuhren gerade von Marsa Matruh Richtung Kairo, als mir plötzlich Gaza wieder in den Sinn kam. Statt nach Süden abzubiegen, müssten wir nur die Küstenstraße entlangfahren, den Suezkanal und die Sinai-Halbinsel überqueren, und schon wären wir in Gaza. Die ägyptische Revolutionsregierung hatte gerade groß verkündet, der Grenzübergang nach Gaza sei nun offen.
Julia war sofort bereit. Es gibt ohnehin kein Land, in das sie nicht schon immer einmal wollte. Am liebsten hätte sie anschließend noch einen Abstecher nach Nordkorea gemacht. Nur Khaled, mein exilsyrischer Freund und Übersetzer, zögerte. Er musste sich langsam wieder um sein Übersetzungsbüro in Deutschland kümmern. Doch als ich ihm erklärte, dass ein Besuch Gazas eigentlich der Traum aller Araber sei, fing er Feuer. Wer wusste schon, wie lange die Grenze offen blieb?
Auf der Sinai-Halbinsel fuhren wir als Erstes in eine Polizeikontrolle. Sechs Mann kontrollierten unsere Pässe. Die Papiere wanderten von Hand zu Hand. Über eine Stunde dauerte die Prozedur. Als alle Polizisten unsere Ausweise lange genug studiert hatten, war es stockfinster. Nun durften wir zwar weiterfahren, doch wegen der Dunkelheit riet man uns dringend ab. Nachts werde der Sinai von Banditen und Terroristen beherrscht. Immer wieder komme es zu Entführungen. Ein Libyer, der gerade vom Sinai
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