Du und ich und all die Jahre (German Edition)
Bademantel nach unten und machte mir einen Tee.
Dom war inzwischen wieder da. Er stand in der Küche und ging die Post durch. Als er mich sah, kam er auf mich zu und umarmte mich. Er hielt mich eine Ewigkeit im Arm, ohne etwas zu sagen. Dann gingen wir nach oben ins Bett.
Hinterher entschuldigte er sich bei mir dafür, dass er die Briefe gelesen hatte. Ich meinte, das wäre okay und ich würde nicht mehr darüber reden wollen. Eigentlich erwartete ich daraufhin einen Wutausbruch, dass Dom sich beschweren würde, weil ich nie mit ihm redete. Doch nichts dergleichen geschah. Er ließ das einfach durchgehen.
Später am Abend erzählte er mir beim Essen, dass Alex ihn am letzten Wochenende besucht hatte. Sie wäre ziemlich fertig, sagte er. Ich sollte sie doch mal anrufen. Ich versprach es.
Erst zwei Monate später, im November, gegen Ende November, rückte er damit raus, was wirklich passiert war. Und zwar an einem Sonntagabend. Ich hatte den Tag mit meiner Mutter verbracht und war gerade wieder zurück. Wir hatten einen kleinen Streit gehabt – und wir streiten eigentlich fast nie –, weil sie mir ein paar Wahrheiten auf den Kopf zu gesagt hatte.
Ich hatte ihr erzählt, dass ich überlegte, Eigentum im Ausland zu erwerben. Ich hatte noch etwas Geld vom Verkauf meiner Firma übrig und mir schon immer eine kleine Zuflucht irgendwo woanders gewünscht. Ich dachte an Marokko.
«Ein Häuschen in einer Küstenstadt wie Essaouira. Die Preise sind da immer noch ziemlich vernünftig.»
«Was sagt Dom dazu? Ich dachte, ihm wäre Italien lieber?»
«Stimmt, aber ich will lieber was in Marokko. Ich bekomme dort einfach mehr für mein Geld. Jedenfalls überlege ich, ob ich hinfliege und mich auf die Suche mache. Hast du vielleicht Lust mitzukommen?»
«Na ja … schon, aber solltest du da nicht besser Dom mitnehmen? Wird ja auch sein Haus.»
«Ich habe mit ihm noch nicht so richtig darüber gesprochen», erklärte ich. «Ich dachte, ich stelle ihn am besten einfach vor vollendete Tatsachen.»
Das kam mir vollkommen logisch und sinnvoll vor. Mom war da anderer Meinung.
«Nicole, das kannst du nicht machen. Du kannst nicht einfach losziehen und ein Haus kaufen, ohne das mit deinem Mann zu besprechen.»
«Warum nicht? Es ist mein Geld. Ich kann damit machen, was ich will.»
«Okay», sagte sie ruhig. «Dann tu das. Aber ich halte es für einen großen Fehler.»
«Warum? Weil ich meinen Göttergatten bei allem um Erlaubnis fragen muss? Herrgott …»
«Nein, Nicole, aber wir reden hier nicht über ein Paar Schuhe. So ein Haus ist eine wichtige Entscheidung, die ihr gemeinsam treffen solltet.»
Ich schmollte. «Zufällig weiß ich, dass er gegen Marokko ist. Weil ein Haus da leicht an Wert verlieren kann.»
«Vielleicht hat er recht.» Ich verdrehte die Augen und war plötzlich wieder dreizehn Jahre alt. «Ich meine das ernst, Nic, und ich muss sagen, ich mache mir wirklich Sorgen.»
«Worüber?»
«Über dich. Dich und Dominic. Wie die Dinge zwischen euch laufen und wie du ihn behandelst.»
«Wie behandle ich ihn denn?»
«Schlecht. Ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen. Du ignorierst ihn, du bist ständig wütend auf ihn, und du machst dicht … als wolltest du ihn aus deinem Leben ausschließen.»
«Das ist Schwachsinn.»
«Ich meine aus deinem Gefühlsleben. Wirklich, mein Schatz, du solltest dir Hilfe holen. Die Gespräche mit mir scheinen nichts zu bringen, von Dom lässt du dir nicht helfen, und mit Alex redest du kaum noch. Du bist dabei, die Menschen zu vergraulen, die dich wirklich lieben. Das kann ich nicht mit ansehen.»
Den Vortrag hatte ich auch schon von Dominic gehört, aber aus dem Mund meiner Mutter klang es irgendwie anders. Sehr viel objektiver und nicht wie das Genörgele eines genervten Ehemanns.
«Es gibt da einen Therapeuten, der schon mit einigen von Charles’ Patienten gearbeitet hat. Trauma-Opfer, Menschen, die schwere Verluste erlitten haben. Er ist wirklich angenehm, du würdest ihn bestimmt mögen. Soll ich vielleicht einen Termin für dich vereinbaren?»
Wieder zu Hause, verkündete ich Dom, dass ich zu einem Trauma-Therapeuten wollte. Zu meinem Schrecken brach er daraufhin zusammen und fing an zu weinen. Das haute mich völlig um. Ich hatte ja keine Ahnung gehabt, wie unglücklich ich ihn machte und wie verzweifelt er war.
«Das ist okay», sagte ich immer wieder und hielt ihn im Arm, während er weiter schluchzte. «Es ist alles gut, Dom, alles wird wieder
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